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Blüten, Koks und blaues Blut

Blüten, Koks und blaues Blut

Titel: Blüten, Koks und blaues Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Léo Malet
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mit den Namen aller Bekannten des Verstorbenen
könnte eventuell von Nutzen sein!
    „Milandre, Sie müssen Hélène vertreten“, forderte
ich Dédé auf.
    Der bewaffnete sich sofort mit Bleistift und
Notizblock und schenkte mir ein engelsgleiches Lächeln. Der Kerl nahm mich
nicht ernst! Und das, obwohl mein Zustand wirklich ernst war...
    Mit Hilfe des Bruders und des liebenswürdigen
Butlers, der — warum, wußte ich nicht — weniger liebenswürdig war als am
Vortag, stellten wir eine mehr oder weniger vollständige Namenliste zusammen.
Unvermittelt fragte ich Joseph: „Kennen Sie die Verlobte des Grafen?“
    „Die... Verlobte?“ fragte er verdutzt zurück.
    „Mein Bruder war nicht verlobt“, bemerkte Graf
Robert. „Na ja... Ich meinte: Wissen Sie vielleicht etwas von einer weiblichen
Bekannten, für die der Verstorbene ein ganz besonderes Interesse zeigte?“
    „Nein, Monsieur“, sagte der Butler. „Monsieur
war kein Mann, der sich gebunden hätte, wenn ich mir die Bemerkung erlauben
darf.“
    „Empfing der Graf außer seinen rein
gesellschaftlichen Beziehungen gelegentlich auch noch anderen Damenbesuch?“
    „Nein, Monsieur.“
    „Wie können Sie dann behaupten, er habe sich nicht
gebunden?“
    Joseph senkte den Blick und schwieg. Er hatte
Angst, bereits zuviel gesagt zu haben, und sah nervös zu dem Bruder seines
verstorbenen Chefs hinüber.
    „Reden Sie schon“, sagte dieser ungeduldig.
    Stockend begann der Butler:
    „Wegen der Sammlung seiner... Fotos... Eine...
äh... Schwäche von Monsieur. Er bewahrte die Bilder seiner Eroberungen auf...
Jedenfalls glaube ich, daß es sich darum handelte. Ich habe sie rein zufällig
entdeckt, ich schwöre es... Wenn Sie erlauben...“
    Er ging zum Schreibtisch, öffnete eine Schublade
und rief überrascht:
    „Also, das ist ja... Die Fotos sind nicht mehr
da!“
    Mich überraschte das nicht übermäßig. Pellegrini
hatte nicht Stunden in diesem Zimmer verbracht, um das Riesengemälde von Barbey
d’Aurevilly anzustarren oder die exotischen Götter zu bestaunen. Der Kommissar
hatte die Fotosammlung zur weiteren Verwendung mitgenommen. Unruhige Zeiten für
Jacqueline und alle, denen der Graf seine Gunst geschenkt hatte... als er noch
etwas zu verschenken hatte!
    Ich fuhr mit meinem Verhör fort. Mich
interessierte alles, was Pierre de Fabrègues am Tage und in der Nacht vor
seinem tödlichen Entschluß gesagt und getan hatte. Mein Beruf nahm mich wieder
voll und ganz in Anspruch. Durchaus möglich, daß mir im Laufe des Gesprächs die
eine oder andere intelligente Frage einfallen würde. Wenn mir doch nur das
Pfeiferauchen besser bekommen wäre!
    „Monsieur war sehr erregt, nachdem Monsieur
Pellegrini gegangen war“, berichtete Joseph.
    Er sagte „Monsieur“, nicht „Kommissar“! Hörte
sich weniger skandalös an.
    „Hat er telefoniert? Einen Brief geschrieben?“
    „Er hat einmal versucht zu telefonieren, aber
die Leitung war offenbar besetzt. Jedenfalls habe ich ihn nicht sprechen
gehört.“
    „Nur einmal?“
    „Ja, Monsieur.“
    „Wurde er angerufen?“
    „Nein, Monsieur.“
    „Und hat er einen Brief geschrieben?“
    „Es lagen drei Briefe auf seinem Schreibtisch.
Einer für Sie, und die beiden anderen für...“ Er zögerte, die Dienstbezeichnung
eines Polizisten auszusprechen. „Für den Kommissar des Viertels und für
Monsieur Pellegrini.“
    „Natürlich war es Ihre Aufgabe, die Briefe zur
Post zu bringen, oder?“
    „Ja, Monsieur.“
    „Und vorgestern, waren da Briefe wegzubringen?“
    „Weder vorgestern noch den Abend davor,
Monsieur... Jetzt, wo ich daran denke... Es lohnte sich nicht mehr, hundert
Briefmarken zu kaufen... Er wird sie nicht mehr brauchen...“
    „Hundert Briefmarken?“
    „Ja, Monsieur. Am Abend vor seinem... Tod bat
mich Monsieur des Fabrègues, Briefmarken zu besorgen, da sein Vorrat
aufgebraucht war. Ich habe hundert gekauft, wie gewöhnlich. Wir haben immer
dieselbe Menge gekauft.“
    Ich sprang auf.
    „Wo sind die Briefmarken?“
    „In der Schublade.“
    Wir gingen zum Schreibtisch, und Joseph öffnete
eine Schublade. Der Hunderterbogen sprang uns ins Auge. Drei Briefmarken
fehlten.
    „Uns kommt es doch nicht auf ein paar Centimes
an, nicht wahr?“ sagte ich und sah dem Butler tief in die hervortretenden
Augen. „Haben Sie die Briefe an Ihre Tante auch immer mit den Briefmarken Ihres
Chefs frankiert?“
    „Ich habe keine Tante, Monsieur“, erwiderte
Joseph korrekt und fügte dann spitz hinzu:

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