Blüten, Koks und blaues Blut
danebenbenommen.“
Ich hatte also Jacqueline Andrieu versetzt.
Egal. Besser, als wenn sie mich in besoffenem Zustand gesehen hätte! In solchen
Momenten verliere ich nämlich so einiges von meinem Sex-Appeal.
Das Telefon, das in meiner Reichweite stand,
klingelte ohrenbetäubend, jedenfalls in meinen Ohren. Ich hob den Hörer ab...
und hätte beinahe sofort wieder aufgelegt. Der Anrufer gab sich als Monsieur de
Fabrègues aus! Technischer Fortschritt in Ehren, aber noch existiert keine
Telefonverbindung zum Jenseits. Schließlich begriff ich, daß es sich um den
Bruder des Verstorbenen handelte. Das war mir schon lieber.
Ich hätte mich um Pierres Belange kümmern
sollen, nicht wahr? Er selbst heiße Robert. Pellegrini habe ihm meine Adresse
gegeben. Ob ich zu ihm kommen könne? Ja, ja, ins... Trauerhaus. Er wolle mir
einen Vorschlag unterbreiten...
Ich fühlte mich noch nicht in der Lage, ein
längeres Telefongespräch zu führen, und versprach ihm zu kommen. Dann las ich
meine Hose vom Bettvorleger auf und hielt meinen Kopf unter den Wasserhahn.
„Wenn Sie nichts Besseres Vorhaben, Dédé“,
schnaufte ich, während ich das Zimmer unter Wasser setzte, „können Sie mich ja
begleiten. Hiermit stelle ich Sie wieder als freien Mitarbeiter ein. Sie
scheinen mir bei klarerem Verstand zu sein als ich. Sollte ich nicht alles
mitkriegen, müssen Sie’s mir erklären.“
Ich schob Leclercq, der mir ein weiteres Glas Mineralwasser
aufdrängen wollte, zur Seite und setzte mir eine Sonnenbrille auf, um mein
zugeschwollenes Auge zu verdecken.
„Was der Bruder wohl von Ihnen will?“ murmelte
Milandre, als wir auf der Straße standen. „Ob er Sie wegen der fünftausend
Francs übers Ohr hauen will?“
Am Morgen nach Besäufnissen wird Dédé immer von
dumpfem Pessimismus beherrscht. Seine Vermutung hatte wirklich nichts
Verführerisches an sich. Aber erst mal mußte ich mich in einem Bistro
wiederherstellen. Als ich bezahlen wollte, entdeckte ich in meiner Hosentasche
ein zerknittertes Stück Papier mit Informationen über Antonio Paoli, den ich im Ex-Cargo gesucht hatte.
Der Korse war Matrose. Nachdem er Pierre de
Fabrègues gedroht hatte, ihm den Hals umzudrehen, war er auf große Fahrt gegangen
und erst wieder vor kurzem nach Cannes zurückgekehrt. Genauer gesagt, am 20.
Juli.
Robert de Fabrègues hielt sich seit gestern
abend im Hause seines verstorbenen Bruders auf. Normalerweise wohnte er in
Montpellier. Sein übernächtigtes Gesicht mit den roten Augen zeugte davon, daß
er im Gästezimmer nicht viel Schlaf gefunden hatte. Eine Bank im Park hätte es
auch getan.
Joseph, der freundliche Butler, öffnete die
Haustür und führte uns ins Arbeitszimmer. Dort, in dem Zimmer, in dem sich der
Graf erschossen hatte, erwartete uns der Bruder. Nach den üblichen Floskeln
erklärte mir Robert de Fabrègues, was er von mir wollte.
„Ich weiß nicht“, begann er, „wie Sie über den
Selbstmord meines Bruders denken, und auch nicht, warum Pierre Sie herbestellt
hat. Aber da Sie nun einmal hier sind, möchte ich Sie bitten, Licht in diese
traurige Angelegenheit zu bringen, so gut es eben möglich ist. So gut es eben
möglich ist“, wiederholte er, „und so diskret wie eben möglich. Verstehen Sie
mich, Monsieur Burma?“
„Sehr gut“, antwortete ich. „Es wird Ihnen jeder
bestätigen, daß ich über eine schnelle Auffassungsgabe verfüge. Also, mit
anderen Worten: Wenn ich beweisen kann, daß Ihr Herr Bruder nur das
bemitleidenswerte Opfer dieser Falschgeldgeschichte war, hängen wir überall
Plakate auf, um die Welt davon zu unterrichten. Sollte sich jedoch
herausstellen, daß er beim Fälschen fröhlich mitgemischt hat, dämpfen wir
unsere Begeisterung — vor allem die Lautstärke — und versuchen, die Sache zu
vertuschen.“
„Sie haben eine etwas direkte Art, die Dinge
beim Namen zu nennen, aber das ist genau das, was ich meinte“, gab er zu. „Na
schön!“
Ich ignorierte meinen Haarspitzenkatarrh und
machte mich unverzüglich ans Werk. Zunächst zündete ich mir eine Pfeife an,
legte sie aber schnell wieder aus der Hand. Mein Kater war mit solchen Genüssen
noch nicht einverstanden. Ich läutete nach Joseph, um ihm ein paar Fragen zu
stellen. Allerdings hatte ich nicht die geringste Idee, welche. Robert de
Fabrègues hätte wirklich besser daran getan, sich einen anderen Tag für den
Beginn unserer Zusammenarbeit auszusuchen. Doch plötzlich schoß mir ein Gedanke
durch den Kopf: Eine Liste
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