Blüten, Koks und blaues Blut
vorbeiging, hielt ich ihn am Arm fest.
„Hallo, Frédo!“ begrüßte ich ihn. „Sagst du
deinen alten Freunden nicht mehr guten Tag?“
„Oh, Burma!“ rief er.
Sein Versuch, Überraschung zu heucheln, fiel
kläglich aus. Als hätte er nicht gehört, wie ich zum Telefon gerufen wurde! Als
hätte er mich nicht an der Theke Vorbeigehen sehen!
„Auf Urlaub?“ fragte er.
„Tja... Wenn man so will... Schön, Sie mal
wiederzusehen, Frédo. Sind Sie Stammgast hier? Kann man Sie hier anrufen? Wer
weiß, ich könnte ja zufällig Ihre Hilfe benötigen.“
„Wüßte nicht, in welcher Hinsicht“, lachte er. „Höchstens,
falls Sie nicht mehr zum Hotel zurückfinden. Die Sonne ist trügerisch hier im
Süden, da zählen die Gläschen doppelt! Na ja, rufen Sie mich ruhig an, wenn’s
Ihnen Spaß macht. Auf Wiedersehen!“
Zusammen mit der Frau stieg er in einen Wagen,
der auf der anderen Straßenseite geparkt war. Sie fuhren in Richtung Schloß
Saint-Georges.
„Er sieht gar nicht glücklich aus“, bemerkte ich
mit schwerer Zunge.
„Sagen Sie, Burma... Was hatte es nun mit dieser
Bemerkung über das blaue Blut des Grafen auf sich?“ fragte Dédé.
„Was? Sie auch? Haben Sie denn nicht kapiert,
daß ich den Korsen auf den Arm nehmen wollte?“
Ich sah mich mit dem Korsen auf dem Arm und
mußte lachen.
Abschiedsbriefe
Als ich am nächsten Morgen aufwachte — besser
gesagt: wieder zu mir kam! — , durchflutete die Sonne des 26. Juli mein Zimmer
im Hôtel du Cirque. Ich brauchte mir bestimmte Ereignisse des Vorabends
gar nicht ins Gedächtnis zu rufen. Das ging sowieso über meine momentanen
Geisteskräfte. Nein, um zu begreifen, was geschehen war, genügte es, mich
abzutasten.
Zusätzlich zu den üblichen Kopfschmerzen hatte
ich ein blaues Auge, auf dem anderen einen Verband und Prellungen am ganzen
Körper. Ich war wohl in trunkenem Zustand gegen friedliche Bürger gelaufen, die
ihre Fäuste zu gebrauchen wußten. Südfrankreich bekam mir wirklich gut!
Leclercq und Milandre saßen an meinem Bett. Der
erstere sah mich besorgt und fassungslos an und zweifelte offensichtlich an
meiner Seriosität. Der zweite kicherte. War wohl immer noch blau.
„Sie waren gestern abend in Höchstform“, sagte
er. „Möchte wissen, ob die im Ex-Cargo noch ein einziges heiles Glas
haben!“
„Im Ex-Cargo ?“
„Ja, das Lokal von La Boca, wo Sie Belami die
hübsche Fresse poliert haben.“
„Belami?“
Ich verstand nur Bahnhof. Leclercq reichte mir
ein Glas Mineralwasser. Die Entziehungskur konnte beginnen! Ich trank einen
Schluck und bat Dédé, deutlicher zu werden. Er tat mir den Gefallen.
Im Ex-Cargo war ich mit Belami
aneinandergeraten, dem Traum aller Frauen, der zu Recht stolz auf sein
klassisches Profil war. Leider würde der Schönling sich nach unserer Begegnung
nur noch mit früheren Fotos trösten können. Nachdem ich ihn gewarnt hatte, ich
sei aus anderem Holze geschnitzt als Antonio Paoli, hatte ich eine gründliche
Schönheitsoperation an ihm vorgenommen. Wie Dédé berichtete, hatte ich ihm die
Nase zertrümmert, die dicke Lippe an den Mundwinkeln gespalten — wodurch sein
Mund jetzt etwas zu groß wirkte, zumal auch noch zwei Zähne hatten dran glauben
müssen — und die Augenbrauen aufgeschlagen. Nicht ganz klar war, inwieweit
eines seiner schönen Augen ernstlich in Mitleidenschaft gezogen worden war.
Dann artete das Ganze in eine allgemeine Schlägerei aus, bei der ich nun
meinerseits meinen Teil abbekam. Belamis Freunde verstanden ihr Handwerk! Dédé
und ich suchten unser Heil in der Flucht, wobei uns das Auto meines Freundes
von großem Nutzen war. Dédé war es dann auch, der mich fachmännisch verbunden
hatte. Während des Marokkokriegs war er Sanitäter gewesen. Ein Profi hätte das
nicht besser machen können.
„Durch dieses Abenteuer werde ich in Pellegrinis
Ansehen nicht grade steigen“, brachte ich mühsam heraus.
„Oh, das ist alles sehr schnell gegangen“,
beruhigte mich Milandre. „Und hier in Cannes kennt Sie niemand. Pellegrini wird’s
kaum erfahren.“
„Aber dieser Belami wird mich doch sicher
verklagen?“
„Würde mich wundern.“
Dédé grinste vielsagend.
„Ach! Sind das auch Gangster?“
„So mehr oder weniger... Vor der Schlägerei
hatte ich meine liebe Not, Sie davon abzuhalten, eine Frau zu besuchen. Sie
behaupteten starr und fest, mit ihr verabredet zu sein. Aber in Ihrem...
fortgeschrittenen Stadium hätten Sie sich mit Sicherheit
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