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Blüten, Koks und blaues Blut

Blüten, Koks und blaues Blut

Titel: Blüten, Koks und blaues Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Léo Malet
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Fingernägeln. Ein komischer Abgang! Um ihr den Hof zu
machen, hatte ich wirklich nicht den besten Augenblick gewählt.
    Auf dem Weg durch die Stauchheide kam mir ein
hinkender alter Mann entgegen, ganz in Schwarz gekleidet wie ein Geistlicher.
Warum er sein Fahrrad schob, wußte ich nicht. Und ich hatte nicht einmal so
einen Drahtesel zur Verfügung, um zurück ins Hotel zu fahren! Na ja, es hätte
mir sowieso nichts genützt, weil ich... äh... Na ja, das Fahrradfahren habe ich
bis heute nicht gelernt, so schwer mir dieses Geständnis auch fällt. Ich mußte
also zu Fuß gehen. Dabei dachte ich darüber nach, was ich sonst noch alles
nicht gelernt hatte. So wurde mir die Zeit nicht so lang, bis mich ein
freundlicher Autofahrer in die Stadt mitnahm.
    Wütend auf Gott und die Welt, beschloß ich,
meine schlechte Laune an Joseph auszulassen. Ich wollte ihn wegen seiner
plötzlich fehlenden Höflichkeit zur Rede stellen. Im Hause de Fabrègues öffnete
mir Amélie, die allesschluckende Köchin.
    „Monsieur de Fabrègues hat schon versucht,
Monsieur zu erreichen“, sagte sie und rieb sich nervös die Hände an ihrer
schmutzigen Schürze ab.
    Bevor ich den Mund auftun konnte, erschien auch
schon Robert de Fabrègues. Er sah hochgradig erregt aus.
    „Ah, da sind Sie ja!“ rief er beinahe vorwurfsvoll.
„Seit zwei Stunden versuche ich schon, Sie zu erreichen. Man hat Joseph
gefunden!“
    „War er denn verlorengegangen?“
    „Das ist nicht der richtige Augenblick für
Scherze, Monsieur Burma“, wies er mich zurecht. „Man hat ihn ertrunken
aufgefunden, in Trayas. Und es handelt sich nicht um einen Unfall, nicht um
Unvorsichtigkeit. Joseph konnte nicht schwimmen und hätte bestimmt nicht im
Meer gebadet. Und so weit von Cannes entfernt! Außerdem war er vollständig
bekleidet.“
    Ich ließ meine Pfeife sinken, die ich mir gerade
anzünden wollte. Das war wirklich eine Neuigkeit!
    „Haben Sie schon die Polizei alarmiert?“
    „Durch sie haben wir es erfahren.“
    „Und was denken die Herren?“
    „Fragen Sie sie selbst“, lachte er. „Haben Sie
schon jemals einen Flic gesehen, der sagt, was er denkt?“
    Demonstrativ schnupperte er das Parfüm, dessen
Duft ich seit meinem Besuch bei Raymonde Saint-Cernin mit mir herumschleppte.
Sicher dachte er, daß ich mich besser um meine Nachforschungen hätte kümmern
sollen, als mich auf galante Abenteuer einzulassen.
    „Und Sie?“ fragte ich weiter. „Was halten Sie
von dem Unfall?“
    „Wie gesagt, es war kein Unfall“, erwiderte er
mit Nachdruck. „Ich glaube, es war Mord! Und in diesem Zusammenhang erscheint
der Fall meines Bruders..
    „Monsieur de Fabrègues“, fiel ich ihm ins Wort,
da mir die Art und Weise, mit der er mich behandelte, gar nicht gefiel, „entschuldigen
Sie, aber ich weigere mich, Ihren phantasievollen Gedankengängen zu folgen.
Klar, von Ihrem aristokratischen Gesichtspunkt aus gesehen, wäre es natürlich
angenehmer, man hätte Ihren Bruder ebenfalls ermordet. Streiten Sie das bitte
nicht ab! Ich begreife zwar nur langsam, aber ich begreife. Ob es sich in
Josephs Fall um Mord handelt, kann ich nicht beurteilen. Bei Ihrem Bruder
jedenfalls handelt es sich einwandfrei um Selbstmord. Dabei fällt mir übrigens
etwas ein: Sagen Sie, Ihr Bruder besaß doch bestimmt irgendwelchen
Familienschmuck oder ähnliches Zeug. Hat er vor kurzem etwas davon verkauft?“
    „Der gesamte Schmuck liegt im Pfandhaus“,
knurrte er wütend, ohne zu merken, daß er mir bereits geantwortet hatte.
    „Ich verspreche Ihnen, ehrenwerte Motive für den
Selbstmord zu finden“, sagte ich ironisch und fügte hinzu: „Vorausgesetzt, Sie
halten sich an unsere Abmachungen. Heute scheinen Sie mich ja nicht besonders
ins Herz geschlossen zu haben. Mit Ihrer gütigen Erlaubnis würde ich jetzt
gerne meine Arbeit fortsetzen.“
    „Tun Sie das, Monsieur Burma“, sagte er
besänftigt. „Sie müssen entschuldigen, all diese tragischen Vorfälle... Ich bin
sehr leicht erregbar.“
    Ich ließ ihn mit seiner Erregung alleine und
machte mich auf den Weg zu Leclercq.
    René hatte sich von seinem Beobachtungsposten
nicht fortbewegt. Um nicht betrunken aus der Schlacht hervorzugehen, trank er
Limonade. Wenn er noch ein paar Stunden länger hier rumsitzen müsse, beklagte
er sich, dann werde er in dem süßen Zeug ersaufen. Ich versprach ihm, ihn
abzulösen. Ein Ertrunkener reichte mir für heute.
    „Danke“, sagte er. „Lebrot hat heute nachmittag
einmal sein Haus verlassen. Er

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