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Blüten, Koks und blaues Blut

Blüten, Koks und blaues Blut

Titel: Blüten, Koks und blaues Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Léo Malet
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der Mörder Wagner? Etwas zu simpel. Übrigens:
Wie hieß eigentlich der Tote? Was war er von Beruf gewesen?
    Vorsichtig öffnete der Kommissar das Jackett,
das die Leiche trug. Und sie trug noch etwas anderes. Unter der linken
Achselhöhle. Ein leeres Schulterhalfter, das dem Revolver aus dem Keller wie
angegossen paßte.
    Die Papiere des Toten wiesen ihn als Marius
Dufour aus, 35 Jahre, ohne Berufsbezeichnung. Als Wohnsitz war diese Villa
angegeben. Marius Dufour! Ein Name, den man an den Wänden des Ateliers und des
angrenzenden Schlafzimmers lesen konnte. Na ja, nicht direkt an den Wänden,
sondern rechts unten auf den kleinen Radierungen, die dort hingen. Eine
Signatur! Höchst anregend für das Herstellen von Zusammenhängen... Doch ich
verkniff mir jede Bemerkung. Der Kommissar sah auf die Uhr.
    „Na schön“, sagte er, „meine Leute scheinen sich
Zeit zu lassen. Vielleicht sollten wir inzwischen diesen Dufour von seinen
Nachbarn identifizieren lassen?“
    „Gute Idee“, pflichtete ich ihm bei. „Gleich
nebenan, in La Pergola, wohnt eine Freundin von mir. Fangen wir doch mit
ihr an.“
    Ich machte mich wieder auf den Weg zu Raymonde
Saint-Cernin.
    „Wir haben noch eine zweite Leiche gefunden“,
eröffnete ich ihr. „Es handelt sich um einen gewissen Dufour, Ihren Nachbarn.
Kennen Sie ihn?“
    „Großer Gott, Monsieur Burma“, rief sie und
wurde blaß. „Haben Sie keine besseren Nachrichten? Immer eine Katastrophe auf
Lager! Eben ein Unbekannter, jetzt ein Nachbar von mir... Ja, ich kannte ihn...
vom Sehen. Ich will damit sagen, er gehörte nicht zu meinem Bekanntenkreis. Ein
Nachbar, mehr nicht.“
    Ich beschrieb ihr den Zustand der Leiche.
    „Würden Sie ihn eventuell identifizieren?“
fragte ich dann. „Meinen Sie, das ist nötig?“
    „Ich gebe ja zu, daß es unangenehm ist. Aber es
würde Ihnen Pluspunkte bei Kommissar Pellegrini verschaffen.“
    „Was wollen Sie damit sagen?“ Sie schenkte mir
ihr bezaubernstes Lächeln. „Ist meine Situation so heikel, daß ich mich mit der
Polizei gutstellen muß?“
    Ich spielte mit einer ihrer braunen Locken.
    „Verstehen Sie mich recht“, antwortete ich. „Flics
können sehr ungemütlich werden. Man sollte sich ihren Schikanen nicht
freiwillig aussetzen... Wissen Sie, ich bin nicht blind.“ Ich fuhr mir mit dem
Daumen an die Nase und deutete die Geste des Schnupfens an. „Deswegen halte ich
es für ratsam, daß Sie zum Kommissar gehen, bevor er zu Ihnen kommt.“
    Sie warf mir einen komplizenhaften Blick zu.
    „Ist das so... offensichtlich?“
    „Wenn man genau hinsieht, ja.“
    Resigniert hob sie die Schultern, zog sich einen
Blazer über, zündete sich eine Zigarette an und folgte mir.
    Der Anblick der Leiche mit dem verätzten Gesicht
ließ sie nicht unbeeindruckt. Schaudernd wendete sie sich ab. Wir fürchteten
schon, sie würde umkippen, doch sie fing sich wieder.
    „Erkennen Sie in diesen... äh... sterblichen
Überresten Ihren Nachbarn Marius Dufour wieder?“ fragte Pellegrini feierlich.
    Sie bestätigte es durch Kopfnicken und fügte
hinzu, daß sie im Verhalten des Toten nie etwas Verdächtiges bemerkt habe.
Natürlich kenne sie ihn nicht so genau, um Hinweise auf seine Gewohnheiten
geben zu können. Nein, auch sein Beruf sei ihr nicht bekannt.
    Da Raymonde Saint-Cernin schon einmal zur Hand
war, zeigten wir ihr auch noch die erste Leiche. Sie erklärte, diesen Mann
niemals gesehen zu haben.
    Wieder alleine in der Totenvilla, sagte
Pellegrini augenzwinkernd zu mir:
    „Wußte gar nicht, daß Sie mit der
Schriftstellerin... äh... verkehren. Meinen Glückwunsch!“
    „Kennen Sie sie?“
    „Mademoiselle Saint-Cernin kennt hier an der
Küste jeder, mein Lieber.“
    „In welchem Sinne?“
    „Aber... Nur im besten, natürlich. Was für eine
Frage!“
    „Dann verdächtigen Sie die junge Dame also
nicht, den Unbekannten und ihren Nachbarn ermordet zu haben?“
    „Doch, doch! Könnte ja sein, daß sie mit mir
zusammen das Ding eingefädelt hat... Mit dem Abgeordneten unseres Wahlkreises
als Komplizen!“
    „Nicht so laut!“ raunte ich ihm zu. „Da kommt
der Arzt.“
    Draußen hörte man die Stimmen der
erkennungsdienstlichen Truppe.
    Die Fotografen machten so viele Aufnahmen, wie
sie nur konnten. Die Fingerabdrücke des Toten wurden mit denen auf dem
Telefonhörer verglichen. Sie waren identisch. Dann schleppte man die Leiche des
Hinkenden herein und legte sie auf den Flügel.
    „Natürlicher Tod durch

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