Blüten, Koks und blaues Blut
vergewissern zu
können, daß uns kein Wagen der Flics folgte.“
„Ich hab verloren“, sagte Milandre. „Tut mir
leid.“
„Reizend von Ihnen! Aber kommen wir noch mal auf
den Chef Ihrer Bande zurück. Das ist zweifellos der Besitzer des ,Fliegenden
Holländers’. Kann man in der Wahl des Namens nicht eine literarische
Reminiszens sehen? Natürlich kann man das! So ein Zufall aber auch! Ronald
Kree, der Sie erpressen wollte, war ein ehemaliger Angestellter der Anwälte von
Miss Sutton, einer Freundin von Raymonde Saint-Cernin, der Schriftstellerin.
Sollte sie die Taufpatin der Luxusjacht sein? Ein weiterer Zufall ist nämlich
der: Ihre Villa, in der sich die Freunde die Klinke in die Hand zu geben
pflegten, liegt seit meiner Ankunft so verlassen da wie eine Insel. Und noch
was: Ich habe inzwischen den dritten Brief, den Fabrègues in seiner Todesnacht
geschrieben hat. Er wurde erst heute zugestellt, weil er sich im Briefschlitz
verklemmt hatte. Die Spuren davon sind auf dem Umschlag zu besichtigen. Ich
wollte den Brief gerade öffnen, als Sie zu mir ins Hotel kamen. Kein Zweifel,
die Handschrift ist die des Grafen, wenn auch leicht verstellt. Schwarze Tinte
und billiger Briefumschlag stammen aus dem Besitz des Butlers. Na ja, Dieb und
Geschädigter sind nun beide tot... Ach, das hätte ich beinahe zu erwähnen
vergessen: Der Brief ist an Madame Saint-Cernin adressiert, die Person, die
sich wie Sie seit drei Tagen aus dem gesellschaftlichen Leben zurückgezogen
hat. Und sie ist es auch, die Pierre de Fabrègues durch seinen Selbstmord
schützen wollte, nobel wie er war. Blaues Blut tut selten gut! Meine Bemerkung
darüber hat Pellegrini ins Grübeln gebracht, ebenso wie Sie, lieber
Ex-Mitarbeiter und jetziger Feind! Die Schriftstellerin war es außerdem, die
den Grafen mit falschen Banknoten versorgt hat. Sie... Großer Gott!“
Eine Erleuchtung! Ein Aufblinken, wie Albert
Deroy gesagt hätte. Ich sprang auf. Meine Pfeife fiel ins Gras. Als ich in der
Dunkelheit nach ihr tastete, verbrannte ich mir die Finger an der heißen Asche.
Ich setzte meinen Monolog fort.
„Jetzt wird mir auch die Verbindung zwischen
Ronald Kree und Ihrer ehrenwerten Gesellschaft klar!“ rief ich. „Sie waren
nicht die ersten Opfer des erpresserischen Engländers. Raymonde hat einen
Fehler begangen, als sie dem Grafen die Blüten gab. Es sollte nicht ihr
einziger bleiben. Kree war Angestellter bei Harock & Co. Nach Miss
Suttons Tod und der Testamentseröffnung hat er die Kanzlei verlassen. Es muß
doch da einen Zusammenhang geben, nicht wahr? Könnte sein, daß Raymonde auch
Kree mit Falschgeld eingedeckt hat. Warum? Weil er sie erpreßt hat! Und warum
hat er sie erpreßt? Und warum ist er auf die Idee gekommen, daß Sie und Ihre
Bande die Blüten hergestellt haben? Ja, warum?“
Ich war verdammt aufgeregt, und das aus gutem
Grund. Nach und nach zerrissen die Schleier, die den geheimnisvollen und
verzwickten Fall... verschleierten.
„Sie kannten Raymonde schon lange. Wenn Ronald
Kree glaubte, die Blüten kämen aus Ihrer Hand, dann deshalb, weil Sie auf
irgendeinem Gebiet spezielle Fähigkeiten besitzen. Er wußte von Ihren Talenten
oder von denen Ihrer Komplizen. Aber wie konnte er davon wissen? Jedes kleine
Mädchen erkennt sofort, daß zwischen dem umstrittenen Testament und den falschen
Banknoten ein Zusammenhang besteht. Ein gemeinsames Schicksal vielleicht?
Jawohl! Das eine wie das andere ist gefälscht!“
In diesem Augenblick hörte man Stimmen im Wald.
Taschenlampen leuchteten die Bäume an. Es war Pellegrini mit seinem Trupp.
„Sie haben sich aber Zeit gelassen!“ rief ich
dem Kommissar entgegen. „Hier liegt der Vogel... mit gebrochenen Flügeln! Heute
morgen, als Sie mich so zuvorkommend empfangen haben, wollte ich Sie eigentlich
bitten, ihn überwachen zu lassen.“ Alle Taschenlampen richteten sich auf den
Verletzten, der gequält die Augen zusammenkniff. Er kämpfte seinen letzten
Kampf. Plötzlich erinnerte ich mich wieder an meine Sekretärin.
„Was haben Sie mit Hélène gemacht?“ schrie ich
Milandre an und rüttelte ihn an der Schulter.
Dédé bewegte lautlos die Lippen, dann fiel sein
Kopf zurück ins trockene Gras. André Milandre war tot.
Jetzt ging alles sehr schnell. Ich erklärte
Pellegrini die Lage, ohne die Rolle der Schriftstellerin zu erwähnen. Raymonde
wollte ich mir später noch allein vorknöpfen.
„Am besten, wir statten dem ,Fliegenden
Holländer’ einen Besuch ab“, schlug ich
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