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BLUFF!

BLUFF!

Titel: BLUFF! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Lütz
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Geheimnishaftigkeit liegt die Würde des Menschen begründet. Wenn jemand zu seiner Frau sagt: »Ich kenne dich ganz genau, du bist für mich wie ein offenes Buch«, dann ist das vielleicht das Respektloseste, was man zu einem anderen Menschen sagen kann, dann billigt man ihm keine Freiheit, keine Veränderungsmöglichkeit, keine eigene geistige Lebendigkeit zu. Das Ziel von Facebook aber ist offenbar genau das, den Menschen völlig durchsichtig und berechenbar zu machen, und damit übrigens letztlich völlig belanglos. Es ist eine Lüge, zu behaupten, das Wesentliche eines Menschen sei, wo er sich aufgehalten habe, was er wann gemacht habe und mit wem er wann Kontakt gehabt habe. Das kann man prinzipiell auch von jedem Schmetterling sagen. Von einem Menschen hat man damit noch gar nichts begriffen. Wenn die Reduktion des Menschen auf das, was man von ihm wissen kann, bei Facebook ungehemmt so weitergeht, werden wir irgendwann von jedem alles wissen, aber niemanden mehr wirklich verstehen. Das wäre ein technischer Fortschritt, aber eine humane Katastrophe.
     
    Natürlich ist die primäre Motivation von Facebook nicht maßlose Neugierde und politischer Machtwille. Man will verdienen. Und so bekommen wir das durch Werbung angeboten, auf was wir wahrscheinlich, nach all dem, was wir so schreiben und was der Konzern liest, anspringen werden. Es sind Angebote und Informationen, die uns in unserer kleinen Welt immer wieder nur bestätigen. Von außen dringt auf Dauer nichts mehr hinein. Denn die Entscheidung, was für uns relevant ist, übernimmt das Unternehmen. Das ist die totale, geradezu totalitäre Verkaufsstrategie, und die Kunden sind die mehr oder weniger ahnungslosen naiven Opfer dieser höchst lukrativen Fälschung der Welt.
    Facebook bildet eine eigene komplette Welt, eine andauernd überwachte Welt wie in Seahaven bei Truman Burbank und eben auch eine Welt, in der Facebook genauso die Menschen von der Wiege bis zur Bahre begleitet. Man mag Facebook und ähnliche soziale Netzwerke als eine Hilfe nutzen, den Kontakt mit wirklichen Freunden zu halten. Und dann kann Facebook auch echte existenzielle Erfahrungen mit Mitmenschen ermöglichen. Wenn man die anzuratenden Vorsichtsmaßnahmen einhält, ist dagegen gar nichts einzuwenden. Dennoch begegnet man sich über den Computer nie so ganz.
    Freilich, weil alle neuen Entwicklungen in der Menschheitsgeschichte immer auch neue Irritationen und Gefahren gebracht haben, sind sie deswegen nicht auch gleich in Bausch und Bogen zu verdammen. Verteufelung alles Neuen und Maschinenstürmerei waren zu allen Zeiten Panikreaktionen von schlichten Gemütern. Aber es wäre genauso geistig schlicht, in allem Neuen nur deswegen, weil es neu ist, einen humanen Fortschritt zu sehen. Es kann ungelenke Fortschritte geben, die Freiheit und Würde des Menschen zertrampeln. Man darf deswegen den Suggestionen von Facebook und Ähnlichem nicht naiv auf den Leim gehen. »Freunde« bei Facebook darf man nicht so vertrauensvoll behandeln wie wirkliche Freunde und vor allem nicht auf Facebook-Seiten. Wenn man sich bei allem, was man da so schreibt, immer klarmacht, dass der unsympathischste und geschwätzigste Mensch das mitliest, was jetzt gerade aus der Fülle des Herzens fließt, dann vermeidet man es, in diese falsche Welt ganz hineingezogen zu werden. Andernfalls aber lebt man so, wie viele andere jetzt schon, in einer gefälschten Welt mit falschen Freunden, falschem Vertrauen, falschen Trends, einer Welt, in der man unbedingt etwas kaufen muss, was man weder braucht noch will, was aber bei den hochprofessionellen Regisseuren dieser gefälschten Welt die Korken knallen lässt.
     
    Ob nun Hörfunk, Fernsehen, Film oder »neue Medien«, ob Bühnenauftritte, Zeitungen oder Bücher, überall werden künstliche Welten produziert, die nicht vor allem wahr, sondern vor allem unterhaltsam und gut verkäuflich sind oder die sogar aktiv zu irgendwelchen lauteren oder unlauteren Zwecken gefälscht werden. So ist das Leben, jedenfalls heute. Man kann sich alldem nicht wirklich entziehen, aber man kann sich zumindest bewusst werden, dass die Welten, denen man da ausgesetzt ist, nicht wahr sind, und man kann sich den Abenteuergeist bewahren, die wahre Welt zu suchen und sie zu bewahren, wenn man sie gefunden hat.

4. Profiteure der Lüge –
Die Reichen und die Schönen oder Leben wie Gott in Frankreich
    P aris Hilton ist ein Phänomen. Die junge Hotelerbin ist reich und schön, aber das ist ihr

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