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BLUFF!

BLUFF!

Titel: BLUFF! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Lütz
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nicht genug. Sie pustet ihr bedürftiges Ego dadurch auf, dass sie sich redlich bemüht, koste es, was es wolle, maximale Aufmerksamkeit zu erregen. Das gelingt ihr mit allen möglichen Albernheiten, inszenierten Auftritten und mit unglaublich mutigen Provokationen wie zum Beispiel Falschparken. Paris Hilton ist ein Liebling der Medien, die ihre leeren Seiten mit den leeren Blicken dieses barbieblonden Plastikprodukts füllen. Von Paris Hilton ist kein einziger sinnvoller Satz überliefert. Niemand weiß, wie sie als Mensch eigentlich wirklich existiert, ob sie also an etwas anderes glaubt als an sich selbst, ob sie bei all ihren spektakulären Beziehungen weiß, was eigentlich Liebe ist, und ob sie wirklich ein Gefühl für Gut und Böse hat, wenn sie wieder mal nach wiederholten Verkehrsdelikten mit großer öffentlicher Aufmerksamkeit irgendwo das Klo putzt. Aber offensichtlich repräsentiert das, was an Paris Hilton eines Tages zu Recht verwest, zwei phantastische Welten, die sich in einer religiös ausgetrockneten Gesellschaft uneingeschränkter Verehrung erfreuen: die Welt des großen Geldes und die Welt idealer Schönheit.
    All die erhabenen Werte der Gesellschaft sind so oft missbraucht worden, dass man sich inzwischen mit leichter Kost begnügt. Es ist die große allgemeine Verunsicherung, die dazu geführt hat, dass nicht mehr tapfere Widerstandskämpfer und kühne Freiheitshelden, herzensgute Wohltäter und faszinierende Asketen, hinreißende Gottesfürchtige und tiefgründige Weise allgemeine Bewunderung genießen, sondern skurrile Gestalten wie Paris Hilton. Nicht mehr Helden und Heilige lassen die Menschen zur Besinnung kommen, sondern Stars und Sternchen machen den Unsinn zum Prinzip. In dieser falschen Welt herrschen nicht das Feuer der Begeisterung und der Glanz der Wahrheit, sondern das lockende Knistern von Geldscheinen und der blendende Flitter von Glamourmagazinen.
    a) Der Weihnachtsmann verkauft sein Fest
    Verletzte gab es. Ein Geschäft hatte seinen Ausverkauf auf Facebook angekündigt, und Hunderte gieriger Menschen hatten mit Gewalt den Laden gestürmt und hemmungslos Waren mitgehen lassen. Die Verkäuferinnen mussten sich in Sicherheit bringen. Ein ratloser Fachmann erklärte anschließend, wahrscheinlich habe das damit zu tun, dass sich die Werte verändert hätten. Es gebe eine andere Alltagskultur. Konsum habe fast religiöse Bedeutung, die Leute würden buchstäblich alles tun, um ein Schnäppchen zu erhaschen.
    In der »Truman-Show« spielt konsumanregende Werbung eine große Rolle, denn die Werbung finanziert den ganzen Zirkus. Auch beim heftigsten Ehestreit vergisst Trumans dämliche Ehefrau nicht, mit künstlichem Zahnpastalächeln und einem blödsinnigen Werbespruch auf den Lippen eine Kaffeemarke in die versteckte Kamera zu halten. Die Vermarktung des Kaffees ist in der »Truman-Show« wichtiger als der erschüttert am Tisch sitzende Ehemann.
    Werbung hat prinzipiell den Sinn, den Konsum anzuregen und zu erreichen, dass Leute Dinge kaufen, die sie normalerweise nicht kaufen würden. Sicher kann das auch mal sinnvoll sein und die Aufmerksamkeit auf ein wirklich nützliches Produkt lenken. Doch die Werbung bewirkt viel mehr. Sie schafft mit psychologischen Mitteln eine eigene Welt, sie suggeriert, was wichtig und unwichtig, was wert und unwert, schön und hässlich ist. Theoretisch weiß natürlich jeder, dass die Welt, die da präsentiert wird, falsch ist, gefälscht mit der Absicht, ein Produkt zu vermarkten. Doch praktisch entgeht er ihren Einflüssen dennoch nicht. Die Fälschungen sind gewöhnlich nicht plump, die platte Unwahrheit zu behaupten ist auch gesetzlich verboten, doch indirekte Botschaften, unwiderlegbare kühne Behauptungen und vollmundige Anpreisungen wirken viel nachhaltiger.
    Hätte das nicht tatsächlich erhebliche Auswirkungen auf alle Konsumenten, würden nicht gewaltige Geldmengen in Werbung gesteckt. Natürlich soll Werbung eigentlich vor allem für den kurzen Moment wirken, in dem Menschen sich für den Kauf eines Produkts entscheiden. Doch in Wahrheit wirkt sie sich unvermeidlich dauernd aus und beeinflusst das Weltbild der Werbeopfer. Auch in der Werbung kommen Gott, Liebe und Moral nicht wirklich vor. Dennoch arbeitet sie hemmungslos mit einer existenziellen Staffage. Man hat da etwas anzubieten, mit dem man Liebe angeblich unglaublich gut ausdrücken kann, nicht billig natürlich, aber solide. Dann gibt es da noch etwas, dessen Kauf einen angeblich im Nu

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