Blumen fuer die Toten - Ein Fall fuer Commissario Mariani
überlegen, woran wir uns noch erinnern können. Wenn Sie die Telefonnummer brauchen …«
»Ja, ich schreibe sie mir nachher auf.«
»Die Vierte, eine Frau mittleren Alters, hatte einen Motorradunfall gehabt. Große Liebhaberin von Krimis. Sie litt an Schlaflosigkeit und hat dann mit einer Taschenlampe gelesen. Auch darüber hat sich die Quengeltante beschwert. Eines Tages habe ich zu dieser Vierten gesagt - eine umgängliche und nette Person, die nur ihre Krimis brauchte und ab und zu einen hineingeschmuggelten Kaffee, nicht dieses Gesöff aus dem Automaten -, ich sage also zu ihr: Wie schade. Eine Ehrenamtliche der AVO hat einen Sohn, der Kommissar ist, aber leider ist sie momentan auf einer anderen Station. Aber vielleicht kommt sie ja wieder, bevor Sie entlassen werden. Sie antwortete: Wenn Sie uns dann vielleicht bekannt machen … Wissen Sie, manchmal redet man einfach nur, um die Stimmung aufzulockern, und wenn man es dann mit jemand Unkompliziertem zu tun hat, dann ist das ein Segen.«
Sie erzählt gut. Ich sehe die Szene richtig vor mir.
»Und als Ihre Mutter Emma, die uns so gefehlt hat, wie vorgesehen wieder zu uns geschickt wurde, habe ich sie unserer Krimileserin vorgestellt. Ihr Sohn ist Polizeikommissar. Und Emma sagte: Antonio Mariani, genannt Nino. Nur ich nenne ihn so, und berühmt ist er, glaube ich, auch nur für mich.«
Auch meine Mutter sehe vor mir, als Marinetta so erzählt.
»Später ruft mich die Margarita an ihr Bett und fragt mich, ob diese Ehrenamtliche von der AVO wirklich die Mutter eines Polizeikommissars ist oder ob ich das einfach nur so gesagt habe. Ich sage ihr, dass es stimmt. Und nach einer Weile fragt sie noch einmal, ob das wirklich die Mutter des Kommissars Antonio Mariani ist. In diesem Moment kam mir ihre Neugierde ein wenig übertrieben vor. Auch meine Kollegin, die mit dem Meniskus, hat mich am Telefon gefragt: Wieso hat sie sich eigentlich so dafür interessiert? Da gab es doch keinen Grund. Tagelang halb in der Totenstarre und dann, zack, wacht sie auf, ist ganz aufgeregt, weil das die Mutter eines Kommissars ist.« Marinetta sieht mich an. »Was meinen Sie dazu? Das kam mir interessant vor. Aber wie hätte ich Ihnen das am Telefon erklären können?«
»Ja, natürlich.« Und so hat sie meine Mutter kennen gelernt. Die Mutter von Commissario Antonio Mariani. Zufällig. Vielleicht wollte sie sterben, der Zufall hat sie gerettet, hat sie zu meiner Mutter geführt … Jetzt reicht es, oder ich bringe doch noch jemanden um.
»Ich sollte gehen …«
Ich bedanke mich und danke auch im Vorbeigehen dem Chefarzt.
Draußen.
Es hat zu regnen begonnen. Regen aus einem niedrigen Himmel, keine Hügel, keine Festungen. Nur Grau in Grau.
Questura.
Anselmi ist aufgeregt: »Wir haben Dora Margarita in die Datenbank eingegeben.« Er wartet nicht ab, sondern setzt sich vor mich, reicht mir die Übersicht und trägt mir mit klarer Stimme seine Zusammenfassung vor: »Vor sieben Jahren, genau zu dieser Zeit, war sie in einen Fall verwickelt.«
Er schaut mich an.
»Wer war damit betraut?«, frage ich, doch ich weiß die Antwort schon.
»Sie, Commissario.« Pause. »Ich war damals noch nicht hier, ich wurde erst ein paar Monate später versetzt.«
Er hätte sich daran erinnert. »Der Mord an einem Callgirl.
Andreina Vivaldi, genannt Ninì.«
Ninì. Nein, nicht schon wieder diese verfluchte Geschichte. So viele Jahre, und es ist immer noch nicht vorbei.
»Haben Sie die Adresse herausgefunden?«
»Noch nicht. Aber wir haben sie bald.«
Als es Zeit ist, nach Hause zu gehen, ist die Adresse von Dora Margarita noch ein Rätsel.
Und ich muss mich entscheiden, ob ich Francesca etwas erzähle, und wenn ja, was.
Alles kann ich nicht sagen, aber zumindest so viel, dass die Geschichte glaubhaft wird.
Die Heimfahrt ist eine Qual.
Es ist wie bei einem Film, der schon angefangen hat. Bei jeder Ermittlung ist es ein bisschen so, aber bei dieser ist es schlimmer.
Durch einen Zufall begegnet sie meiner Mutter. Und deren Nachbarin.
Vielleicht setzt sie dann einiges dran, um jemanden kennen zu lernen, der etwas mit meiner Frau zu tun hat. Wie sie Leonardo Gabrieli wohl aufgespürt hat?
Aber ja, ich bin doch ein Idiot, hirnlos, blind und taub. Was hat mir Fran denn erzählt? Dass Gabrieli eine wunderbare Putzfrau gefunden hatte, eine, die vorher im Büro geputzt hat. Er hat sie getroffen, weil er so unregelmäßige Arbeitszeiten hat, so hat Fran gesagt. Vielleicht hat sie es ja so
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