Blumen fuer die Toten - Ein Fall fuer Commissario Mariani
nicht die Mörderin, ein Kunde hatte die Vivaldi getötet.«
»Und wie war ihre Verbindung zu dem Fall dann?«
»In den Zeitungen wurden die Namen veröffentlicht, die im Adressbuch der Toten standen. Auch der Name Dora Margarita. Ein Journalist hatte entdeckt, dass sie Jahre zuvor in der Sittenkartei stand, und hatte sie unter den Kolleginnen der Toten aufgeführt.«
»Das hat sie bestimmt gefreut!«
»Dann hat man entdeckt, dass sie gar nichts mit dem Mord zu tun hatte und dass sie außerdem schon seit einigen Jahren keine Prostituierte mehr war.«
Francesca sieht mich an, und ich hoffe, dass sie meine Gedanken nicht lesen kann. Ganz besonders einen nicht. »Natürlich hat niemand sie für diese negative Werbung, wenn wir es so nennen wollen, entschädigt«, stellt sie fest.
Ich schüttle den Kopf. Mein Nacken und die Schultern sind ganz hart vor Anspannung.
»Wenn sie seit so langer Zeit schon nicht mehr dabei war, warum stand ihr Name dann im Adressbuch?«
»Sie hat als Frisöse gearbeitet. Sonntagmorgens oder montags kam sie zu der Ermordeten in die Wohnung und hat ihr die Haare gemacht. Und das war kein Vorwand, um lukrativere Tätigkeiten zu vertuschen.«
»Und was hat sie danach getan?«
»Das versuchen wir rauszufinden.«
»Und du warst mit dem Fall betraut.« Das ist keine Frage. »Natürlich.«
»Es war nicht meine Schuld, dass ihr Name mit dieser Geschichte in Verbindung gebracht wurde und in die Zeitungen kam.« Ich habe noch die Liste von Nando in der Hand, mittlerweile ganz unverdient völlig zerknittert. Ich falte sie zusammen und stecke sie in die Tasche.
»Ich bin vielleicht blöd, aber ihr verfolgt die Schuldigen, um die Unschuldigen zu schützen. Sie war unschuldig und hätte geschützt werden müssen. Ich habe ›ihr‹ gesagt, aber ich hätte auch ›du‹ sagen können.«
»Das sagt sich so einfach.«
»Es sind ja sicher nicht alle Namen aus dem Adressbuch in den Zeitungen gelandet, oder? Wenn sie ein Callgirl war, dann standen ja sicherlich auch die Telefonnummern von Kunden drin oder von In-Lokalen, die ihr als Ausgangspunkt dienten.«
»Woher weißt du das?«
»Ich gehe manchmal ins Kino.« Pause. »Also standen nicht alle in der Zeitung?«
»Nein.«
»Nur die armen Teufel.«
Schweigen.
»Ich mach dir das Abendessen.«
»Und Manu?«
»Ich habe sie wieder zu deiner Mutter gebracht. Ich habe viel zu tun, und hier ist die Stimmung auch nicht besonders … heiter.« Pause. »Was willst du zum Abendessen?«
»Was da ist. Dasselbe, was du isst.«
»Ich habe schon gegessen.«
So macht sie mir ein Abendessen, räumt wieder ab, und dann geht jeder in sein eigenes Zimmer.
Dora Margarita ist bei mir. Ich wünschte mir, sie wäre wirklich da, dann könnte ich sie fragen, warum sie so verbittert ist. Ja, ich gebe zu, ich habe es zugelassen, dass ihr Name unter den Kolleginnen von Ninì auftauchte. Doch sie war eine Nutte gewesen, wie hätte ich wissen sollen, dass sie es nun nicht mehr war?
Wie hätte ich wissen sollen, dass sie aus einem ganz anderen Grund in dem Adressbuch stand?
Warum?
»Wie kannst du das von mir erwarten, Dora Margarita, wie hätte ich wissen können, dass du sauber warst?«
Ich knipse das Nachttischlämpchen an und nehme mir ein Buch. Ich habe Angst vor dem Einschlafen, weil ich dann vielleicht träume.
Albträume.
Andreina Vivaldi, genannt Ninì.
Ich bin wohl mit dem Buch in der Hand und bei brennender Lampe eingeschlafen, denn genauso wache ich wieder auf.
Es ist kurz vor sechs.
In der Wohnung ist es still, die einzigen Geräusche kommen von draußen.
Ich stehe auf und gehe barfuß durch die Wohnung, obwohl es noch kalt ist, denn die Heizung springt erst um sechs an. Fran schläft im Gästezimmer.
Ich wollte, ich hätte sie nie betrogen, doch man kann das Rad nicht zurückdrehen.
Ich wollte, Ninì wäre nie in mein Leben getreten.
Ich wollte, ich hätte sie nie in diesem Lokal in Carignano getroffen, wohin ich nur auf ein Bier gekommen war.
Ich schließe die Augen. Zwecklos: Die Gedanken bleiben immer dort, an den Innenseiten der Augenlider. Ich kann mich beim besten Willen nicht mehr an Dora Margarita erinnern. An nichts, was ihren so persönlichen Hass gegen mich rechtfertigt. Wie konnte sie wissen, dass ich ein Kunde von Ninì gewesen war? Und dass ich Angst hatte, dass mein Name herauskommen würde …
Ich schlage die Augen wieder auf und sehe, dass Fran aufgewacht ist: »Was ist? Geht es dir nicht gut?«
»Nein, es ist nichts. Ich
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