Blumen fuer Polt
reden, die für Willi gesorgt hatte.
Auch in der Sache Breitwieser und Riebl traten die
Gendarmen auf der Stelle. Der Befund des Gerichtsmediziners bestätigte zwar,
daß auch der Mopedfahrer getrunken hatte, doch 0,9 Promille waren für einen
routinierten Alkoholiker wie den Riebl Rudi so gut wie ohne Bedeutung, und in
der Straßenmitte war er eigentlich immer gefahren. Nichts bewies, daß er den
Unfall provoziert hatte. Im langen Gespräch mit Hilda Fuchs war außer viel
Geschwätz über „die auf dem Gutshof“ wenig Interessantes zu erfahren gewesen.
Eine Kleinigkeit vielleicht: Sie glaubte, vor Josef Schachingers Hoftor eine
Bewegung bemerkt zu haben. Aber ein Mauervorsprung behinderte die Sicht
dorthin, und später hatte sie nur noch auf den Unfall geachtet. Eine gründliche
Nachforschung in den umliegenden Häusern war ergebnislos geblieben. Es gab um
diese Zeit kaum Menschen auf der Straße, und es lohnte sich nicht, aus dem
Fenster zu schauen.
Gegen Abend, nach Dienstschluß, beeilte sich Polt,
nach Hause zu kommen, fütterte seinen Kater, holte die Flasche mit dem
Ribiselwein aus dem Kühlschrank und fuhr auf gut Glück mit dem Rad nach
Brunndorf, wo Karin Walter wohnte. Er sah Licht im Küchenfenster, klopfte ans
Glas, und gleich darauf stand die Lehrerin in der offenen Tür. „Spät kommt ihr,
doch ihr kommt!“
„Goethe?“ riet Polt verzagt.
„Knapp daneben, Schiller. Du darfst trotzdem
herein.“
Simon Polt nahm die Weinflasche vom Gepäckträger und
entfernte ungeschickt das Zeitungspapier. „Soll ich dir mitbringen, vom
Kurzbacher.“
Karin hielt die Flasche gegen das Licht. „Das muß
Ribiselwein sein. Der Kurzbacher meint wohl, der sei genau richtig für das
Knacken züchtiger Jungfern.“
„Und?“
„Ich hasse Ribiselwein.“
„Kann ich verstehen“, gab Polt zu, „soll ich ihn
wieder mitnehmen?“
„Ach wo. Meine Tante ist ganz wild drauf. Und mit
ihren 74 Jahren kommt sie auch nicht mehr auf allzu dumme Ideen. Darf ich dich
in die Küche bitten? Sonst brennt nämlich mein Milchreis an.“ Karin
schnupperte. „Uiii. Schon passiert. Hast du übrigens gegessen?“
„Nein.“ Polt sah ein feines Rauchwölkchen
aufsteigen. Milchreis, ob angebrannt oder nicht, zählte für ihn zu den
schlimmsten kulinarischen Heimsuchungen. Aber in Karins Küche lagen die Dinge
nun einmal anders.
„Gar nicht so schlecht“, sagte Karin etwas später
vergnügt, „das Schwarze gibt ihm eine gewisse Würze.“
Polt schluckte, nickte und fühlte sich unglaublich
wohl.
Nachdem sie gegessen hatten, faßte Karin ihren Gast
freundlich, aber mit einer gewissen Strenge ins Auge. „Deine plumpe
Süßwein-Attacke habe ich abgewehrt. Und was jetzt?“
Polt seufzte. „Ach weißt du, der Willi. Er wäre nie
von sich aus zu nahe an den Lößabsturz gegangen. Irgend etwas oder irgend
jemand hat dabei mitgespielt. Aber Feinde gab es doch keine, er war den Leuten
einfach gleichgültig, schlimmstenfalls einmal lästig.“
„Das weißt du wohl besser als ich. Aber ich könnte
mir schon vorstellen, daß man ihn verspottet hat, im Wirtshaus zum Beispiel.“
„Da ist er nicht hineingegangen. Wie denn auch, ohne
einen Groschen Geld in der Tasche.“
„Und dieser Gapmayr, dem die Riede todter Hengst gehört?
War der vielleicht mit dem Willi übers Kreuz, weil er ihn nicht auf der Wiese
haben wollte?“
„Er sagt nein, die Wiese kümmere ihn nicht. Eine ironische
Bemerkung ist dann schon noch gefallen. Aber so etwas kannst du von allen
Bauern hier im Tal haben, sogar vom Kurzbacher.“
„Hmm - nein. Das wüßte ich.“
„Wovon redest du?“
„Ich habe an Kinder gedacht. Aber die haben eher
Angst vor solchen Leuten.“
„Alle Kinder?“
„Na, so richtige Rabauken natürlich nicht. Die
könnten schon auf die Idee kommen, mit so einem ihren Spaß zu treiben. Aber wie
gesagt - ich würde es wahrscheinlich wissen, als ihre Lehrerin. Etwas anderes:
vielleicht fehlt das Motiv, weil es gar nicht notwendig ist?“
Polt schabte mit der Hand am Kinn und dachte daran,
daß er sich abends rasieren hätte sollen. „Du meinst so freundliche
Zeitgenossen wie diese Frieb-Brüder?“
„Zum Beispiel. Sinnlose Gewalt ist ja nichts Ungewöhnliches
heutzutage.“
„Ja, schon. Aber solche Gestalten wären dort oben
vom Gapmayr gesehen worden, und die hätten ihn bestimmt gestört.“ Polt schwieg
und dachte an das kleine Wiesenstück. Gedankenverloren summte er die Melodie,
die er von Willi gehört hatte.
„Du
Weitere Kostenlose Bücher