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Blumen fuer Zoë

Blumen fuer Zoë

Titel: Blumen fuer Zoë Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antonia Kerr
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hatte. Es wirbelte in der Bildschirmmitte umher, ein heller Fleck im monochromen Chaos. Ich schloss Zoë in meine Arme und ließ sie wissen, sie könne sich an meiner Brust so lange ausweinen, bis nur noch Sand aus ihren Augen herauskäme, aber leider wollte sie lieber mit Sex getröstet werden. Ich hatte ihr mehr als einmal zu verstehen gegeben, dass meine Sturm-und-Drang-Zeit vorbei war, aber da war nichts zu machen, ich musste immer wieder ran, bis mein Schwanz schmerzte.
    Als wir fertig waren, gab sie ein wohliges Grunzen von sich und ich einen Seufzer der Erleichterung, nicht aus Desinteresse an der Sache, sondern weil ich es inzwischen mehr aus Altruismus machte denn aus Vergnügungssucht, was mich ziemlich beunruhigte. In meinem Bauch rumorte es; sie sagte, das finde sie ekelhaft. »Aber es ist doch nur mein Magen«, entgegnete ich. Dann sprang sie auf, sah mich einen Moment lang an und verschwand in die Dusche – diesmal wirklich. Als sie in einem zwischen den Brüsten geknoteten Handtuch wieder herauskam, beklagte sie sich über den Geruch der Seife, den sie zu »chlorartig« fand, stellte eine mögliche Beschwerde in Aussicht (»Du stauchst jetzt die von der Rezeption zusammen!«), um sich dann neben mir auf dem Bett auszustrecken, mit einer Gedichtsammlung von Manuel de Zequeira in der Hand. Ich rechnete damit, dass sie wieder von Key West anfangen würde, von dem trostlosen Schauspiel, dem wir gerade beigewohnt hatten, aber nein – ihre inneren Tumulte sind nur selten Gegenstand eines Gesprächs. Während sie sich dann mit langsamen und anmutigen Bewegungen wieder ankleidete, stellte ich mich schlafend, andernfalls hätte sie mir einen Schlag in die Rippen versetzt, um sich in Ruhe anziehen zu können. Dennoch ist sie in Sachen Schamgefühl in etwa das, was Fastfood für die Ernährungslehre ist, aber mich zum Teufel zu schicken, ist offenbar inzwischen ein Hobby von ihr geworden.
    Â»Wo ist Charlie Chaplin? Tu nicht so, als würdest du schlafen, ich weiß, dass das nicht stimmt!«
    Der Glaubwürdigkeit halber gab ich keinen Ton von mir. Sie begann, mütterlich besorgt nach dem Tier zu suchen und schaute in sämtlichen Ecken des Zimmers nach, verschob Möbel und Rahmen und hob sogar die Matratze unter mir an, worauf ich ein wenig ausgereiftes Bärenbrummen simulierte.
    Â»Steh auf, Richard, wir müssen Charlie finden!«
    Ich machte einen Witz im Zusammenhang mit einem Kinderbuch, das ich Maddie als Kind gekauft hatte und in dem ein kleiner Junge namens Charlie ständig von zu Hause ausriss, aber da Zoë nicht zum Scherzen aufgelegt war, erhob ich mich schließlich doch und sah über ihre Beleidigungen hinweg.
    Â»Wir werden ihn schon finden, Schatz, mach dir mal keine Sorgen! Vielleicht ist er ja im Auto …«
    Â»Oh Gott, es ist doch so heiß! Er muss ja schon ganz ausgetrocknet sein!«
    Das Bild des zum behaarten Heuhaufen mutierten Katers entstand vor meinem inneren Auge – ich konnte mir das Lachen gerade noch verkneifen. Zoë knallte die Zimmertür hinter sich zu und lief zum Cadillac. Ein kleiner Junge spielte auf dem Parkplatz mit Charlie. »Lass deine dreckigen Pfoten von meinem Baby!«, kreischte Zoë. Das Kind ließ das Tier fallen und rannte weg. »Gott sei Dank, ihm ist nichts passiert!«, sagte sie, als sie zu mir zurückkehrte. Ich sah aus dem Fenster und bewunderte die Abenddämmerung, während sie den Kater mit Koseworten überhäufte – jetzt fehlte bloß noch, dass sie ihre Brust hervorholen und ihn stillen würde, ein Schauspiel, dem ich nur zu gern beigewohnt hätte.
    Â»Wo sind wir eigentlich?«, fragte sie.
    Ich drehte eine Runde durch das Zimmer, auf der Suche nach Anhaltspunkten. Auf dem Flucht- und Rettungsplan stand, dass es sich um das
Moonlight Motel
in Washington handelte.
    Â»Die Stadt oder der Bundesstaat?«
    Â»Ich habe keine Ahnung«, erwiderte ich.
    Â»Na, wunderbar, wir sind verloren!«
    Â»Fernab von allem zu sein ist doch herrlich, findest du nicht?«
    Sie zuckte mit den Schultern.
    Â»Mir fehlt mein Zuhause.«
    Sie streichelte der Katze den Kopf. Einen Moment lang dachte ich daran, sie zu fragen, womit ich ihr eine Freude machen könne, doch dann sah ich davon ab, weil mir klar war, sie würde mir statt einer Antwort die Kleider vom Leib reißen; ich aber war rein körperlich nicht mehr in der Lage, ihrer

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