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Blumen fuer Zoë

Blumen fuer Zoë

Titel: Blumen fuer Zoë Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antonia Kerr
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noch längst nicht mit ihnen!«
    Sie war zwei Tage vor der Feier nach Hause zurückgekehrt. Tag X minus zwei, wie sie es formulierte. Ich hatte auf einer Bank im Flughafen JFK auf die Landung ihres Flugzeugs gewartet, mit dem seltsamen Gefühl, dass nur die Flugzeuge der anderen landeten. Ich wollte sie überraschen. Dann war ihre schiefe, aus der grauen Masse herausstechende Silhouette aufgetaucht. Die Haare hatte sie wie üblich zum Knoten gebunden, der jedoch im Laufe der Reise seine Pracht eingebüßt hatte. Sie wartete auf ein Zeichen, eine Geste, das war offensichtlich, ich las es an ihrem verlegenen, zaghaften Lächeln ab, aber zu so etwas hatte ich einfach kein Talent, weshalb ich sogar daran dachte, ihr die Hand zu schütteln – ja, meiner Beinahe-Ehefrau die Hand zu schütteln. Sie löste ihr Haar. Das beunruhigte mich, denn ihre Mähne hing sonst nie lose über die Schultern, sie band sie immer zu einem Ballerina-Knoten zusammen, der extrem fest auf ihrem weißen Schädel saß. In den dreißig Jahren, die ich sie nun kannte, hatte sie die Haare immer nach oben gerafft, und zwar so gewaltsam, dass man sie einzeln zählen konnte. Ich war mit einer Lässigkeit auf sie zugegangen, die natürlich wirken sollte, und sie hatte sich wie ein nasser Sack an meine Schulter fallen lassen. Durch die Kleider konnte ich ihre Knochen spüren, was die Erinnerung an all die Male wachrief, wo sie sich mir hingegeben und ihren schmächtigen Körper, ihre kühle Haut eng an meine geschmiegt hatte. Ohne ein Wort zu sagen, hatten wir uns in den Cadillac Eldorado gesetzt. Die Fahrt nach Hause über die endlose Schnellstraße entlang der Friedhöfe schmeckte nach Abschied. Wie lange schon hatte sie keine zärtliche Geste mehr für mich übrig gehabt? War das jetzt der Todesstoß? Niemals zuvor war meine Wahrnehmung so geschärft gewesen: Ich spürte, unsere Beziehung war nur noch lauwarm, ein untrügliches Zeichen dafür, dass sie sich im Endstadium befand. Zu Hause war Evelyn ins Badezimmer gestürmt und mit einem Turban auf dem Kopf wieder herausgekommen. Der senffarbene Bademantel, den sie mir zu Weihnachten geschenkt hatte, sog das Wasser von ihrer feuchten Haut auf; ein auf die Tasche gestickter, als Sherlock Holmes verkleideter Iltis ließ wissen: »Ich ermittle in einer wichtigen Angelegenheit.« Ich hasste diesen Bademantel, auch wenn er jetzt den Blick auf zwei herrliche Brüste freigab, deren Pracht ich wegen der langen Abstinenz schon ganz vergessen hatte – zwei formschöne Kugeln mit Brustwarzen in wunderbarem Weinrot. Am sonderbarsten aber war der Moment gewesen, als Evelyn, meinen lüsternen Blick bemerkend, ihren Bademantel hochgezogen und sich sogar noch für ihre Freizügigkeit entschuldigt hatte – ich war ihrem Körper fremd geworden.
    Â»Wie hast du die Sache mit Condoleezza herausgefunden?«
    Â»Das spielt doch keine Rolle. Eigentlich sollte ich es dir auch gar nicht übelnehmen. Es sieht jedenfalls nicht so aus, als würde das mit uns noch lange weitergehen. Und außerdem …«
    Sie fingerte an ihrem Bademantel herum. Darauf folgte ein ausgedehntes Schweigen.
    Â»Was außerdem?«
    Sie schwieg weiter.
    Â»Nun sag schon!«
    Â»Ich habe jemanden kennengelernt«, verkündete sie schließlich.
    Â»Das ist gut.«
    Â»Wie, das ist alles, was du dazu zu sagen hast?«
    Â»Was soll ich denn deiner Meinung nach sagen? Ich freue mich für dich.«
    Â»Wirklich?«
    Â»Nein, natürlich nicht! Was glaubst du denn? Ich liebe dich doch!«
    Meine Liebeserklärung ließ sie völlig kalt. Sie ging in den Vorratsraum und kehrte mit einer Flasche kalifornischem Wein zurück – Evelyn hat schon immer eine Vorliebe für billigen Fusel gehabt.
    Â»Geht das schon lange mit euch beiden?«
    Â»Ein halbes Jahr. Es ist Bob Sherman. Ich habe ihn bei
Bloomingdale’s
in der Krawattenabteilung kennengelernt. Ich war auf der Suche nach einem Geburtstagsgeschenk für dich, aber da hast du es ja schon hinter meinem Rücken mit einer Chinesin getrieben.«
    Bob Sherman hatte durch die Verteidigung einiger Hollywoodsternchen als Anwalt von sich reden gemacht. Ich kannte ihn bloß aus dem Fernsehen. Er war dickbäuchig.
    Â»Gratuliere!«
    Wir setzten uns zu Tisch, ohne dass Evelyn ihren Bademantel und ihren Turban abgelegt hätte. Das Abendessen hinterließ

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