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Blumen fuer Zoë

Blumen fuer Zoë

Titel: Blumen fuer Zoë Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antonia Kerr
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illegalen Handel mit amerikanischem Fleisch. Die Hitze und der Kummer schnürten mir die Kehle zu, und ich begriff, dass das Leben ohne Zoë schmerzvoller sein würde als mit ihr, trotz ihres Hangs zu schlechter Laune, Alkohol und Wutanfällen. Ich wollte wieder bei ihr sein, noch bevor sie das ganze Geld in Drogen und in Kroketten für den Kater investiert hatte oder magersüchtig geworden war. Ich startete mehrere Anrufe von Telefonkabinen aus, um sie von der Flucht abzuhalten, und während ich dem endlosen Tuten lauschte, fiel es mir wieder ein: Ich hatte an diesem Tag Geburtstag, meinen sechzigsten! Wie ein simples Freizeichen einen solchen Scharfblick hervorrufen kann, ist mir schleierhaft. Ich verspürte aber schon bald den Wunsch, dies mit dem Kauf einer Flasche Roten in einer Wein- und Spirituosenhandlung in San Diego zu begießen. Der Verkäufer weigerte sich, mir einen Spezialpreis zu machen, als ich ihm die Neuigkeit mitteilte.
    Â»Ich werde heute sechzig«, sagte ich zu ihm.
    Â»Ach, den kenne ich schon!«
    Ich insistierte nicht, denn trotz der Summe, die ich der Unterwelt für Zoë gezahlt hatte, konnte ich mit dem Rest noch einige Zeit über die Runden kommen. Ich setzte mich an den Straßenrand – die Flasche hatte ich in Packpapier geschlagen – und begann, mich zu betrinken. Anschließend machte ich an einem
Diner
halt und bestellte mir einen Kaffee, in der Hoffnung, dass das Koffein die Wirkung des Weines auf meinen leeren Magen neutralisieren würde. Dem war aber nicht so. Die mexikanische Bedienung hatte die Augenbrauen und die Konturen ihres Mundes schwarz nachgezogen, was sie sehr verbiestert aussehen ließ. Ich fragte sie, in welche Richtung es nach Los Angeles gehe, und sie zog einen Augenbrauenstrich hoch und zeigte dabei mit dem Arm nach Norden. »Da lang«, sagte sie. Drei Fahrtstunden später stiegen mir beim Wiedersehen mit Francis’ leerer Koppel die Tränen in die Augen.
    Renato tauchte im Scheinwerferlicht auf und trat zu mir ans Auto. Er beglückwünschte mich dazu, dass ich das Tier freigelassen hatte.
    Â»Was ist los mit dir, mein Freund? Heulst du etwa?«
    Â»Ach, das ist schwer zu erklären«, erwiderte ich.
    Â»Ach was, du heulst, das ist alles. Soll ich zu dir kommen?«
    Â»Bloß nicht!«
    Er kam trotzdem. Sie war nicht mehr da. Renato klopfte mir auf die Schulter und flehte dabei die heilige Rita an, doch bitte Zoë zurückzubringen.
    Â»Wer ist denn die heilige Rita?«
    Â»Die Heilige für die aussichtslosen Fälle. Komm, trink ein Gläschen, das möbelt dich wieder auf.«
    Â»Ich kann nicht, Renato.«
    Er bugsierte mich ins Wohnzimmer und erzählte, während er ein Glas billigen Whisky servierte, von einem Deodorant-Werbefilm, weswegen man ihn soeben zurückgerufen hatte. Dann wechselten wir das Thema und kamen auf die letzte Dirne zu sprechen, die er sich in Santa Monica geleistet hatte – Kaikina.
    Â»Kaikina? Das hört sich wie ein japanischer Tanz oder eine bolivianische Kaffeemarke an.«
    Â»Sie ist Hawaiianerin.« Er hielt kurz inne und fügte dann lächelnd hinzu: »Sie hatte einen Orgasmus.«
    Ich entgegnete, die hawaiianischen Nutten seien trotz allem Menschen, aber er glaubte weiter daran, der Verursacher dieses Ereignisses zu sein. Gerade noch rechtzeitig, bevor mein Verstand völlig im Whisky und in den Geschichten meines verrückten Nachbarn untergegangen war, schaffte ich es zurück auf die Ranch. Ich streckte mich auf dem Sofa im Wohnzimmer aus und wurde einige Zeit später durch etwas Weiches geweckt, das mir meine verdutzten Ohren vollheulte.
    Â»Mein Schatz, versprich mir, dass du mich nie wieder verlässt!«, sagte das Wesen.
    Â»Oh, du bist da, mein Liebling, und sagst sogar ›Schatz‹ zu mir!«
    Â»Ich bin im Taxi zum Flughafen nach Los Angeles gefahren; ich dachte, du wolltest in ein Flugzeug steigen und dich umbringen. Danach habe ich mich verirrt und bin in El Segundo gelandet, zum Glück war ein Typ von der Müllabfuhr bereit, mich hierherzubringen, ich konnte schon kaum noch gehen …«
    Â»Warum hast du geglaubt, ich wollte mich umbringen?«
    Â»Ich weiß nicht, in dem Brief hast du dich so alt und verzweifelt angehört …«
    Â»Ich bin bloß alt. Heute ist mein Geburtstag: Ich werde sechzig.«
    Sie schob ihren Kopf so nahe an meinen heran, dass ich sie nur noch ganz

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