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Blumenfresser

Blumenfresser

Titel: Blumenfresser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: László Darvasi
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Kopf, Wurm soll nur zu den Grillbuden gehen und sich was zwischen die Zähne schieben. Er stinke entsetzlich aus dem Maul und solle ihr vom Leib bleiben oder schweigen. Wurm wurde rot, doch jetzt drängte er sich erst recht an ihr Ohr und flüsterte ein einziges Wort, immer wieder, und starrte ihr ins Gesicht, bis sie weich wurde. Na endlich! Wurm trat ein paar Petersilienwurzeln zur Seite, ließ sich auf die Erde nieder und ringelte sich zusammen, wie die Schlangenmenschen, die mit ihrem Körper Kunststücke machen, worauf Wurzelmama ihn unter ihren Rock zog. Alles geschah so, wie es zu geschehen hatte, auch wenn Wurm sich zeitweise etwas laut aufführte. An diesem Tag verkaufte Wurzelmama nichts mehr. Sie saß nur da, ihr Rock warf Falten, glättete sich und begann wieder Wellen zu schlagen. Die letzten Karren waren Richtung Untere Stadt davongerumpelt, die Schatten verschmolzen mit dem flutenden Dunkel. Wurzelmama winktedem Jungen, der sich wie eine Echse im Schatten eines nahen Baumes duckte. Sein Gesicht leuchtete weiß.
    Ich sehe dich, Bürschchen, brummte sie.
    Du möchtest wissen, was unter meinem Rock geschieht?
    Du möchtest wissen, wer du sein wirst, wenn du groß bist, und was du nie sein wirst, wenn du groß bist?
    Du möchtest wissen, ob man dich liebt oder hasst oder umbringt?
    Das Kind schrie auf und rannte davon.
    Echse, Echse, weiße Echse, gurrte Wurzelmama mit tiefer Stimme, sie griff unter ihren Rock und zerrte Wurm hervor, dessen Kopf die Farbe roter Rüben hatte, er prustete und grinste selig. Wurzelmama machte sich auf den Weg zum Hauptplatz. Am Himmel leuchtete die Wunde des Sonnenuntergangs, einzelne Sterne standen bereits im Lila der Dämmerung. Auf Umwegen gelangte Wurzelmama zum Gasthaus von Frau Léni, und dort musste sie nicht lange suchen. Entgeisterte Männer blinzelten ihr entgegen, jemand stellte hörbar sein Glas hin. Wer wagte es, sich zu räuspern, zu seufzen?! Wer flüsterte, der Sturm solle lieber morgen losbrechen, heute seien ihre Herzen und Arme schon müde?! Niemand, niemand! Wurzelmama kümmerte sich nicht um die Einwände der Gäste, sie pflegte ihre Entscheidungen nicht zu ändern. Ohne Zaudern zeigte sie auf ihren Auserwählten, befahl Jónás Benedek, den Vater von László Pelsőczys Frau, zu sich und nahm den Alten mit, nicht ohne den Zurückbleibenden zuzulächeln, während sie ihn durch die Gasthaustür hinausschob. Einen Tag lang dauerte die nette Zweisamkeit, die heimliche Gastfreundlichkeit, obgleich andere meist schon beim ersten Hahnenschrei fertig gewesen waren. Der vom Glück so reich beschenkte Benedek trat am Abend des nächsten Tages die Tür des Gasthauses auf, um in die plötzliche Stille hineinzuröcheln, man solle sofort den Hurenbock Pelsőczy holen!
    Doch man musste niemanden holen. Pelsőczy kauerte in der Ecke, über ihm hing ein Bild, das ein Dampfschiff darstellte, neben ihm am Tisch saß Wurm und würfelte. Benedek schlepptesich bis zu dem Tisch, wie zu erkennen war, wollte er brüllen, brachte jedoch nur ein Röcheln zustande, sein Hals war von Wunden, Knutschflecken und Bissspuren übersät.
    Wie viel?, presste er heraus.
    Sehr viel!, wieherte Wurm und nahm einen hastigen Schluck von seinem Getränk.
    Wie viel wäre denn möglich?, fragte Pelsőczy, er machte seinem Schwiegervater Platz und winkte dem Kellner. Der Alte schüttelte den Kopf und nahm die Verhandlungen in Angriff, an deren Ende Pelsőczy in den Besitz eines hübschen Sümmchens gelangt war. Dank dieses Geldes zählte man ihm weitere Darlehen in die Hand, Darlehen, die zu weiteren Darlehen führten, bis am Ende ein überzeugend wirkendes Grundkapital zusammenkam, das es in Wirklichkeit gar nicht gab, es existierte nicht, denn es war ja nur ein Fehlbetrag, gleichwohl konnte er damit von der Donaudampfschifffahrtsgesellschaft einen kleineren, doch in passablem Zustand befindlichen Raddampfer erwerben.
    Klara lachte wie ein glückliches Glöckchen.
    Mein Töchterchen, prahlte der Vater, ein guter Geschäftsmann macht nicht mit Vorhandenem Geschäfte!
    Sondern womit, Väterchen?!
    Der gute Geschäftsmann macht Geschäfte mit nicht Vorhandenem! Und wenn er es richtig anpackt, dann ist auch das vorhanden, was bis dahin nicht vorhanden war!
    Pelsőczys Unternehmung ging dem Betrieb der Theißdampfschifffahrtsgesellschaft mit den Dampfern Attila und Pannónia um Jahre voraus. Auf ihrer ersten Probefahrt an einem kühlen Morgen beförderte die Klara nur einige wenige Fahrgäste. Pelsőczy

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