Blumenfresser
hatte das Schiff nach seiner Tochter benannt! Nebelschwaden zogen über den Fluss, die schreienden Möwen schienen das stampfende Dampfschiff ins Nichts zu führen. Pelsőczy war glücklich wie ein Kind. Das Licht des Vormittags vertrieb die Schwaden, und das herbstliche Ufer warf das Gekreische von Wurm zurück. Wurzelmama saß schläfrig in einem Lehnstuhlim Bug des Schiffes, Wurm lehnte an der Reling, sieh dir die riesigen Pappeln an, Mama, sieh, die Erlen, sieh nur!
Bei einer Furt tauchte Nero Koszta auf, er fuchtelte wütend mit den Armen.
Und was ist mit mir, ihr mittelmäßigen Hurenböcke?
Eine Probefahrt, Nero!, rief Pelsőczy.
Der Grasmusikant schüttelte die Fäuste, er verwünschte sie immer noch. Oberhalb von Csongrád machten sie halt und warteten auf Nero, der zum Schiff schwamm, sich an Deck wie ein Hund schüttelte und Klara anröchelte, die sich hinter ihren Vater flüchtete.
Der bei ihrer Ankunft in Szolnok herbeilaufende Hafenkommandant war überrascht, als nur ein einziger Fahrgast unsicheren Schritts an Land ging und ihm betrunken in die Arme fiel. Meistens machte die Klara in Szolnok kehrt, doch auf Wunsch der Fahrgäste fuhr sie auch flussaufwärts bis Tokaj, sich noch weiter zu wagen war nicht empfehlenswert, oberhalb war die Theiß nur für Kähne und Boote befahrbar. Klara war für ihr Leben gern mit ihrem Vater zusammen, und er nahm sie wann immer möglich auf seine geradezu vergiftend beglückenden Fahrten mit. Einfach war es nicht, denn Margit bot sämtliche Schliche ihres Unglücks, alle Schläue ihrer Verzweiflung auf, um zu verhindern, dass das Kind den Vater begleitete. Tränenüberströmt beteuerte sie, die Schiffspassagiere würden das Mädchen, das ohnehin zu viel träume und gefährliche Angewohnheiten annehme, mit ihren verworrenen Geschichten vollends durcheinanderbringen.
Nanu, brummte der Vater, was für Angewohnheiten sollen das denn sein?!
Sie steht stundenlang vor dem Spiegel und tut nichts anderes, als hin und her zu stolzieren und sich zu betrachten!
Aber ist das nicht weibliches Betragen, meine Liebe?!
Seine Frau gab nicht nach und wiederholte hartnäckig, der Dampfer könne ein Leck bekommen, untergehen, und sie würden umkommen! Das Kind könne ins Wasser fallen und voneinem Strudel verschlungen werden oder sich im kalten Wind verkühlen, einen Sonnenbrand bekommen, sich vom Sand eine Krankheit holen. Pelsőczy lachte sie aus, du weißt doch, dass ich sogar unter Wasser durch den Fluss schwimmen kann, habe ich dir das noch nicht gesagt, Täubchen? Gereizt wandte sie sich ab, im Profil wirkte ihr Gesicht noch strenger. Er aber hatte genug von dem Streit, ließ die Hand des Mädchens los und ging allein fort.
Später erfuhr Klara, dass ihr Vater überhaupt nicht schwimmen konnte, er hatte niemals gewagt, auch nur einen Zeh in die Theiß zu stecken, so sehr graute ihm vor dem Wasser.
In anderen Fällen zeigte kein einziges ihrer Argumente Wirkung, auch das hartnäckigste Gezänk fruchtete nichts. Ein unangenehmer Zug trat auf seinem Mund hervor, und er entführte das Mädchen, Klara kam es vor, als ob sie durch die Straßen zum Hafen flöge, die über die Rinnsale gelegten Latten mit den Füßen gar nicht berühre und von allen Leuten angestaunt werde. Sie schrie, gellend wie eine glückliche kleine Pfeife. Der Vater hielt abrupt inne und hauchte ihr den bitteren Duft des Tabaks ins Gesicht.
Wohin gehen wir, sag!
Auf einen Ball, so kommt es mir vor, flüsterte die Kleine.
Dann warten wir, Pelsőczy wurde ernst und ließ ihre Hand los, um sich einen weiteren Zigarillo anzuzünden. Im Schein des Streichholzes sah sie ein fremdes, unangenehmes Gesicht.
Warten ist nicht schön, Klara zog die Mundwinkel herab, lass uns endlich gehen, Papa!
Warten ist schön, erwiderte er, den blauen Dunst hauchend, und grinste bereits. Es war wieder er, der immer zu Späßen aufgelegte, in seinen Manteltaschen Schokolade bereithaltende, geliebte Vater.
Merk dir, das Schöne am Warten kann man lernen, sagte er. Nichts gehört dir so sehr wie das, worauf du wartest. Du wartest darauf, weil du nichts damit zu schaffen hast. Es wird schön sein, darauf zu warten, wenn du ihm, einem versprochenen Ereignisoder einem Menschen, der dir fehlt, dankbar sein kannst, dass du auf ihn warten darfst. Dann verstehst du, dass auch er dein ist. Und wenn du ihn bekommen hast, wirst du traurig sein, dass du nicht mehr auf ihn warten kannst.
Reisen zu Wasser und zu Lande
Wenn der Vater mit ihr
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