Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Blumenfresser

Blumenfresser

Titel: Blumenfresser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: László Darvasi
Vom Netzwerk:
bereits Funken, in kurzen Abständen ertönten Rufe, als würde jemand kommandieren. Waren die Worte zu verstehen? Waren sie nicht. Das heißt, sie waren nicht ungarisch? Ein Stück weiter, auf der Budaer Straße, wartete ein verdächtiger Mietwagen, gerade stieg jemand aus, ein einzelner Mann, hinter ihm hielt sich der Kutscher den Kopf wie einer, der um sein Leben bettelt, dann fiel er tatsächlich auf die Knie und betete, wie die Türken die Stirn zur Erde neigend. Gelassen sah der einsame Mann dem funkensprühenden Schauspiel zu, das nicht enden wollte, immer neue Lichtblitze zerkratzten die Morgenröte! Sterne schienen vom Himmel zu fallen. Wieder und wieder erstrahlte das Sternengefunkel, immer größer und kraftvoller.
    Unter den vornehmen Herren entstand große Bewegung, als hätte man sie beleidigt oder verhöhnt. Dort war im roten Licht der Kirchturm eines Dorfes zu erkennen. Einer der Jäger rief und winkte, seht doch, seht doch nur, was für gewaltige dunkle Flecken hatten sich auch in den Robinien an der Straße breitgemacht! Und auch die glitzerten und strahlten! Krähennester dieser Größe gab es nicht! Selbst Sterne versprühten kein solches Licht.
    Wieder ertönte ein lauter Ruf, na klar, in dieser verfluchten deutschen Sprache.
    Bitte schön, danke schön, und noch einmal!
    Das Glitzern verstärkte sich.
    Ein anderer Jäger hob versonnen seine Waffe und hielt sie lange im Anschlag, dann schoss er.
    Der Knall wirkte lauter, als er in Wirklichkeit war, wie Kanonendonner. Da zerbrach der blitzende Morgen wie ein riesiger Spiegel in tausend Scherben, der Geruch von Schießpulver breitete sich aus, hinter den Baumstämmen kreischte jemand. Ein weißer Schatten fächelte, irgendeine Frauensperson?! Wieder krachte ein Schuss, denn die Jäger hatten jegliche Hemmung verloren, sie luden und schossen, während die Gestalt, die aus dem Wagen gestiegen war, ohne auf die Gefahr zu achten, geradewegs auf sie zulief, ein alter Mann versuchte mit ihm Schritt zu halten, er wackelte hinter ihm her und gestikulierte, krakeelte in deutscher Sprache. Ein weiterer Jäger legte an, der Rauch seines Schusses verteilte sich nicht, sondern stieg als weißer Ball zum Himmel auf. Das Geblitze hörte nicht auf, obwohl einige schon kreischten und brüllten. Der Alte wandte sich um und schrie den auf den Bäumen Sitzendes etwas zu. Dann schoss abermals Rauch in die Höhe. Der Mann bewegte sich weiterhin auf die Jäger zu. Doch die feuerten wieder und wieder. Sie schossen nicht auf die Bäume oder auf die auseinanderlaufenden Menschen, sie wussten selbst nicht, warum sie luden, warum sie den Abzug betätigten, warum sie in den Himmel, auf die funkelnden Lichter, in die aufgehende Sonne, auf die schwarzen Wolken am Horizont feuerten. Das Feld war von Wehgeschrei erfüllt.
    Imre hatte sich noch nie für mutig gehalten. Und er war auch nicht feige im gewöhnlichen Sinn des Wortes. Nie waren ihm diese Begriffe bei seinen Taten Maßstab gewesen. Und jetzt, als er im taunassen Gras, unter dem sich erhellenden Himmel geradewegs auf die wie im Fieberwahn ballernden Jäger zuging, ohne einen Moment Unruhe, Zweifel oder Unsicherheit zu verspüren, obwohl sie auch bereits auf ihn schossen und tödliche Kugeln ihm um die Ohren pfiffen, da konnte er nur daran denken, dass Herrn Schütz’ Geschenk wundervoll war. Ein traumhafter Empfang, das Spiel von im Licht des Sonnenaufgangsfunkelnden Mineralien und Steinen! Doch er verstand auch, dass es ohne die Jäger, die schießwütigen vornehmen Herren nichts wert gewesen wäre. Alles, was jetzt mit ihnen geschah, hatte wahrscheinlich keinen anderen Sinn, als dass es einfach nicht anders geschehen konnte, weil er, Klara, Herr Schütz bei dieser Feierstunde nicht fehlen durften, auch nicht die Zigeuner, somit auch nicht die Jäger! Wenn Imre wollte, was er allerdings nicht wollte, könnte er leicht in Erfahrung bringen, ob Herr Schütz diesen Ort in der Puszta von Szeged etwa nur der günstigen Licht- und Geländeverhältnisse und der guten Erreichbarkeit wegen gewählt hatte oder auch deshalb, weil er wusste, dass hier an diesem Morgen eine großangelegte Jagd stattfinden würde.
    Ein Jagdhund lief winselnd an ihm vorbei. Da stand er auch schon vor den Jägern, sein Gesicht war schweißüberströmt, und als er sich über den Mund leckte, bemerkte er, dass er blutete. Und vielleicht blutete er auch woanders.
    He, was in aller Welt treiben Sie hier?!, schrie ihn eine sonore Stimme an. Was wagen Sie,

Weitere Kostenlose Bücher