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Blumenfresser

Blumenfresser

Titel: Blumenfresser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: László Darvasi
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Alles tat ihm weh, so hart war er hingeschlagen, außerdem stank er und war voller Dreck, am liebsten wäre er gestorben. Klara streckte die Hand nach ihm aus und berührte ihn! Sie half ihm aus dem Graben!
    Und als er ihr die Schachteln zurückbrachte, redeten sie lange miteinander, der Klang ihrer Worte, ihre Natürlichkeit glich der Musik von Nero Koszta. Er erzählte sein Leben von A bis Z. Er wusste, dass er Plattheiten von sich gab, manchmal wurde erverlegen, doch immer half sie ihm mit ein, zwei leichten Worten oder mit einem freundlichen Blick aus. Als hätte sie geahnt, dass Adam kommen würde, empfing sie ihn mit Fleischbroten und Honiggebäck. Vom Likör nahm sie auch, in ihrem Mundwinkel blieb ein kleiner roter Fleck zurück. Adam erzählte Klara von seiner Mutter, von Julia Frikker, von Tante Berta und von dem armen Mädchen, das bei Frau Léni gestorben war. Er erzählte von der Güte, von der Einsamkeit, und gestand ihr sogar, dass er die Eidechse getötet hatte! Klara lachte, sie schien überhaupt nicht böse zu sein.
    Und wenn mir die Eidechse jetzt über den Arm liefe, würdest du sie auch dann töten?
    Adam nickte, ja, ich würde sie töten.
    Und würdest du auch andere töten, seufzte Klara, nicht nur eine kleine Eidechse, wenn ich das wollte?!
    Der Junge warf verächtlich die Lippen auf. Ich kann jeden umbringen, sagte er.
    Ja, natürlich, flüsterte Klara, ja, natürlich.
    Ich meine, setzte Adam hinzu, wenn ich es bin, der jemanden umbringt, dann ist der Mord kein Verbrechen.
    Was dann?
    Natürlich gibt es einen Toten. Ein Leben geht verloren. Doch schuldig werden kann ich trotzdem nicht.
    Klara lachte, dann wirst du mich einmal umbringen!
    Und plötzlich war es aus, er wusste nicht, wie. Er hatte sich verabschiedet, oder sie hatten ihm zu verstehen gegeben, dass es ungehörig wäre, länger zu bleiben, er wusste es nicht mehr. Auf einmal fand er sich vor dem Haus der Familie Schön wieder, wo er herumlungerte und das blaue Band zerknüllte, gequält lachte er auf. Und wie glücklich war er trotzdem! Glücklicher als damals, als er die Eidechse tötete, viel glücklicher! Er spähte zum Fenster hinauf, Klara stand jetzt sicher vor der leeren Hutschachtel und sah ihn! Als er betrunken nach Hause wankte, verstand er, was es war, das ihn bereits den ganzen Nachmittag gestört hatte, auch als er Klara zuhörte, auch als er zu ihr sprachund dabei ihre Augen und ihren Mund ansah. Die ganze Zeit über hatte er etwas Unangenehmes gespürt. Obwohl er sich von Kopf bis Fuß gewaschen hatte, obwohl er andere Kleider, ein anderes Hemd angezogen hatte, war der Kanalgeruch geblieben. Er hatte Klara gesehen, war in den Graben gefallen und hatte den Dreck nicht von sich abwaschen können.
    Sein Arm aber heilte, und das nahm er als gutes Zeichen. Schulter und Handgelenk hatten ihm lange so wehgetan, dass er nicht mehr schlafen konnte. Doktor Schütz, den er im Spätsommer aufgesucht hatte, konnte ihm helfen. Der junge Herr wird doch nicht etwa aus Not mit den Diensten des missachteten Doktor Schütz vorliebnehmen, sagte der schadenfrohe Blick des spöttischen Alten.
    Er drückte und drehte lange an den wunden Stellen herum, dabei brummte er zufrieden, als würden ihm solche Verletzungen gefallen, und Adam wurde vor Schmerz fast ohnmächtig. Er rang nach Luft, Tränen traten ihm in die Augen, doch zugleich dachte er voller Glück, wie schön es war, dass ihm etwas so wehtun konnte. Als im Herbst die Schmerzen aufhörten, war er enttäuscht, er fühlte sich wie beraubt, vielleicht hätte er gar nicht zu Doktor Schütz gehen sollen.
    In diesen Jahren hatte er einen immer wiederkehrenden Traum. Getragen von einer windartigen, rauschenden, sausenden Kraft flog er in eine gewaltige Kirche, in der er noch nie gewesen war, er wusste auch nicht, wo, in welcher großen Stadt sie stand, er ahnte nur, dass sie wirklich existierte. In der Kirche, durch deren Fenster bunte Lichtbündel schräg einfielen, herrschte ein unübersichtliches Getümmel, alle möglichen zweifelhaften Gestalten, Hexen und Geister, und Peter Schön brüllte mit ihm. Eine Weile ertrug er es, dann schlug er ihm kräftig auf den Schädel.
    Hin und wieder träumte er auch von Klara, oft liebten sie sich. Manchmal folgte er ihr durch die Stadt, sie ließ zu, dass er ihr Schatten war, wortlos und glücklich gingen sie nebeneinander her. Zumindest dachte er, dass Glück so aussehen müsse,das Abbild ihrer Gesichter zitterte in den Pfützen, schlammige kleine

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