Blumenfresser
Gassen führten sie ohne bestimmtes Ziel, das Silber des Staubs umtanzte sie. Ein andermal stapften sie durch knietiefen Schnee oder durch dichtes, nasses Laub, über ihren Köpfen trieb der Herbst dahin, am Himmel zogen kreischende Wildgänse, sie zogen den Tod hinter sich her. Das Ufer der Theiß im Herbst war entsetzlich. Adam machte die Beobachtung, dass die Jahreszeiten wie Menschen waren, sie verhielten sich vollkommen verschieden. Der herbstliche Fluss verwandelte sich in etwas zutiefst Bösartiges, heimtückisch und kalt zog er dahin, während der Winter ihn verschönerte bei den Mühlen und Salzscheunen; im Frühling wurde er launisch, da war er lehmfarben, schmollte, widersetzte sich, als hätte er etwas dagegen, dass in ihm das Leben zu sich kam. Im Sommer war er sandfarben, magerte bedenklich ab, wirkte lächerlich. Er wurde zu einem dummen Wässerchen und war kaum noch imstande, Schiffe und Kähne auf seinem Rücken zu tragen.
In der Feldflur konnte man zu einsamen Bäumen reden, Adam tat das auch, er erzählte den mächtigen, krummen Zeigefingern von einem großen Vorhaben, und die Bäume winkten zurück, rauschten, pflichteten bei oder missbilligten. Die Wolken ergriffen seine Partei, tu es, tu es nur. Einige Male wanderte er zum Familiengut hinaus, wo lauter fremde Leute arbeiteten, er sah alle möglichen stampfenden Maschinen, und natürlich hörte er die Musik. Er fasste sich an den Hals, dorthin, wo Nero Kosztas Griff Spuren hinterlassen hatte. Er träumte auch von Nero, nur konnte er später nicht mit Sicherheit sagen, ob die Worte, der Tanz, das spöttische Gelächter wirklich ein Traum gewesen waren.
Der Grasmusikant ging mit ihm, begleitete ihn, machte sich über ihn lustig.
Was für ein Spitzbube ist das, der Wolken und Gras um Rat fragt?!
Ausgerechnet eine krumme Robinie wird Aufschluss in Liebensdingen geben!
Wäre er so weichlich gewesen, hätte er nie ein Weibsbild gehabt, pfiff Nero Koszta ihm ins Ohr, dann ließ er sich vom aufkommenden Wind davontragen.
Oft merkte Klara nicht, dass Adam ihr auf den Fersen war, wenn sie in der Stadt umherwanderte und Blumen betrachtete. Er wusste, dass Imre Schön die Blumen gepflanzt hatte, ein paar Mal beobachtete er auch ihn. Und diese Blumen, denen auch er sich manchmal näherte, forderten ebenfalls, tu es, tu es. Schweißgebadet erwachte er, der Mond grinste zum Fenster herein, er solle doch keine Angst haben und es tun, es tun!
Es wurde Winter, bis er sich endlich entschlossen hatte, das Jahr achtundvierzig begann, der Januar tanzte mit dem Schnee, und sein dampfender Atem schien Adam durch die klirrende Nacht zu führen. Der Mond leuchtete als silbrige Sichel, die Himmelsgräser wurden damit abgemäht. Die Sterne waren strahlende Glutstücke! Er war bereits dort, in der stummen, schneebedeckten Straße, sein Schatten lag an der Schwelle des Schön-Hauses auf dem Bauch. Woher hätte er auch die Anordnung der Möbel kennen sollen, die Einrichtung der Zimmer war ihm unbekannt, er hätte über irgendeinen Blumentopf oder eine Vase stolpern können, dennoch waren seine Bewegungen nicht unsicher. Lautlos ging er durch alle Räume, durch die kühle Diele und die Küche, zurück in den Salon, wo der süße Geruch von Erde in der Luft lag, eine Kerze blinkerte auf der Kommode, Adam sah in das zitternde Flämmchen, plötzlich ergriff ihn Verzweiflung, er war umsonst gekommen. Er war umsonst eingebrochen, auch hier erwartete ihn niemand! Töten könnte er vielleicht. Er hörte ein Geräusch, die Schlafzimmertür öffnete sich, Klara stand auf der Schwelle, sie hatte einen leichten, hellen Morgenmantel an, und Adam sah die weißen Knie, die Füße, die Knöchel. Sie lächelte, zwei Grübchen erschienen in den Mundwinkeln, sie trat näher, zog die Tür hinter sich zu und streckte die Hand aus.
Er spürte, dass er rot wurde, doch Klara berührte ihn nicht. Sie wollte es nicht oder vielleicht nicht so. Adam war ein wenig enttäuscht, fing sich aber schnell, arglos kehrte er die Handtellernach oben, wie jemand, der lachend zu verstehen gibt, dass er absolut nichts habe. Klara schien zu taumeln, und sie begann leise, mit schnurrender Stimme zu sprechen.
Ich spüre noch Peters Geruch auf der Haut, flüsterte sie. Sieh, hier hat mich mein Mann in die Schulter gebissen, man sieht die Abdrücke der Zähne. Acht Flecken nebeneinander. Adam, Adam, man darf sich nicht schämen! Ich weiß, womit ich dir helfen kann! Heute haben schon zwei Männer ihren Samen in
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