Blumenfresser
meinen Schoß fließen lassen, und ich habe das Gefühl, ich sterbe daran. Die Leute sagen, dass du ein Mörder bist. Schaudernd und genüsslich flüstern sie es, als würden sie ihn verhöhnen. Du willst mich töten, nicht wahr? Töte mich!
Klara wandte sich ab, der Morgenmantel rutschte ihr von der Schulter, und er sah die Bissspuren.
Also los, töte!
Er umarmte sie von hinten, drückte seine Lenden gegen ihren Hintern.
Hier bist du in Gefahr, keuchte Klara.
Ich bin nirgends in Gefahr, flüsterte er, seine Hand erhob sich in die Luft, ein blaues Bändchen hing daran.
Erinnerst du dich?
Ich habe es in einer Nacht vor langer Zeit verloren, flüsterte Klara.
Ich bringe es dir zurück.
Was ich verloren habe, hat ihm da gehört, sagte sie. Die Nacht schimmerte lila durch die Seide des Vorhangs, frischer Schnee leuchtete auf der Straße. Jemand raschelte im Dunkeln hinein.
Klara, flüsterte er, dann brach ein Seufzen aus seiner Kehle. Es wurde still, er legte das Gesicht auf ihre Schulter, doch sie mit der Hand zu berühren wagte er nicht. Tränen liefen ihm übers Gesicht, er schluchzte stumm. Sie wandte sich nicht um. Adam nahm sich zusammen, brachte hastig seine Kleider in Ordnung und ging hinaus. Leise schloss er die Tür. Weich gab der Schnee unter seinen Sohlen nach, das Tor knarrte. Ein dunkler Schatten trat ihm in den Weg.
Ach, du Armer, bedauerte ihn Nero Koszta grinsend.
Sie brauchen mich nicht zu bemitleiden, Herr Musikant!
Na, ausgerechnet du wirst mir sagen, Bürschchen, welchen Dahergelaufenen ich bemitleiden darf und wen nicht!
Wie schrecklich groß so eine Winternacht sein kann, dachte Adam. Die Kälte brannte ihm in den Knochen. Er starrte zum Fenster hinauf und wusste, dass Klara sich gerade vorbeugte. Auf dem Tisch, gegen den er ihre Hüften gedrückt hatte, lag das blaue Band. Sicherlich war sie glücklich, dass er es zurückgebracht hatte. Jetzt würde sie es nie mehr verlieren!
Eine andere Liebe?
Ihm war, als hätte er sich monatelang nicht von dort wegbewegt, der Frühling durchnässte, der Sommer trocknete ihm das Haar, und schon warf ihm wieder der Herbst die Blätter ins Gesicht, bald war ein Jahr um und die Dinge änderten sich nicht. Minuten, vielleicht sogar Stunden stand er vor dem Fenster des Schön-Hauses. Die Vorhänge waren zugezogen. Er kümmerte sich nicht um Rufe, Geschrei und Gewehrgeknatter. Er hörte sein eigenes Zähneklappern, er hörte sein Herz schlagen und seine Gedärme vor Aufregung rumoren. Fast hätte er vor einigen Stunden einen Mord begangen. Ja, er hätte den sich aus dem Fenster lehnenden Imre niederschießen können. Dann wäre auch er wie ein Wurm zertreten worden. Peter hätte ihn mitten entzweibrechen können, doch Adam wusste, dass Peter so etwas nicht tat. Peter Schön sah man an, dass er nicht töten konnte. Er, Adam, könnte töten, da war er sicher, er wäre dazu imstande! Klara hatte ihn geneckt, sie hatte es nicht geglaubt. Doch auch das war bereits unwichtig. Er hatte Klara sehen wollen und hatte sie nicht gesehen. Später erfuhr er, dass sie in dieser Zeit entbunden hatte. Fraglos hätte er noch stundenlang vor dem Haus gestanden, wäre nicht eine Patrouille über ihn gestolpert, die ihn dabei buchstäblich umstieß. Der Gardist war ein älterer Mannmit großem Schnurrbart, er trat missvergnügt nach ihm und sagte nichts, nicht einmal, dass er sich heimscheren solle. Adam rappelte sich hoch und machte sich auf den Weg durch die Stadt. Es tagte bereits, Nebelschwaden zogen vom Stadtrand herüber und verschluckten das blutige Laub der Bäume, verschlangen die Straßen, die Türme, die Plätze und die Theiß. Auf den Holzplanken und an Grabenrändern standen dunkle Blutlachen, eingeschlagene Fenster, aufgebrochene Tore zeugten von dem Pogrom. Aus vielen Höfen waren Tiere entkommen, herrenlose Hühner liefen herum, Ferkel wühlten in der Erde. Kleidungsstücke und bemalte Kisten lagen auf den Straßen, flüchtende Serben hatten sie zurückgelassen. Die Stadt war ausgestorben, kein Mensch wagte sich an diesem Morgen hinaus. Adam hatte keine Angst, es gefiel ihm sogar, dass er die Ödnis für sich allein hatte. Und er sehnte sich nach einer Frau. Er kannte Mädchen, die ihm, wenn nötig, ihren Körper überließen und sich sogar um ihn bemühten, zumindest stießen sie auch das eine oder andere ermunternde Wort aus. Doch erst ging er nach Hause und nahm all seinen Besitz an sich, Ausweise, ein dickes Bündel Briefe, den Geldbeutel, seinen ganzen
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