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Blumenfresser

Blumenfresser

Titel: Blumenfresser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: László Darvasi
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oder überheblicher. Nicht Töten war das Verbrechen, sondern der Verlust der Macht! Das war alles. Adam lachte, er hatte keine Macht, er würde offenbar auch nie welche haben, er konnte nur tun, was er wollte.
    Was für ein pyramidaler Blödsinn!, brummte Nero Koszta und fuhr sich über seine Stoppeln.
    Warum soll das Unsinn sein, Herr Musikant?!
    Warum solltest du töten, wenn du auch musizieren kannst?
    Wer hat gesagt, dass ich musizieren kann?
    Vorläufig niemand, bestätigte Nero Koszta.
    Der Bursche steckte sich einen Grashalm in den Mund. Mir hat noch nie jemand was gesagt.
    Für dich genügt es zu stehlen, Junge, Nero Kosztas Blick glänzte spöttisch.
    Und was soll ich stehlen Nero Koszta, Gold, Silber, hm?!
    Stiehl das große Nichts, antwortete der Grasmusikant.
    Das wäre gar nicht so schlecht, überlegte Adam. Der große Grasmusikant war wirklich nicht auf den Kopf gefallen.
    Deshalb stahl er im Frühsommer sechsundvierzig die Hüte, unverhohlen, ohne viel zu überlegen. Zu der Zeit spionierte er Klara schon seit langem nach und musste nicht fürchten, Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Klara brachte die Hüte zurReparatur, leichtfüßig und schön, unaufmerksam und selig, sie tanzte geradezu über der Erde.
    Kann ich sie morgen abholen, Teréz?, fragte Klara schon in der Ladentür.
    Übermorgen, lautete die Antwort.
    Morgen ginge nicht?
    Klarika, Klarika, nur wenn ich sieben Arme hätte wie die Menora!
    Adam begleitete Klara heim und blieb noch lange unter ihrem Fenster stehen.
    Am Abholungstag der Hüte wollte er gerade in den Laden treten, als ihm Doktor Schütz zuvorkam. Sackerment!, ihn packte der Zorn, weil der Deutsche ihn womöglich bemerkt und ihm absichtlich den Weg abgeschnitten hatte. Ja, so war es, ein boshaftes Lächeln erschien auf dem Gesicht des Doktors. Jedenfalls hatte sich Doktor Schütz gerade erst in den Laden geschoben, als auch schon die Tafel mit der Aufschrift »Geschlossen« an der Tür baumelte und das Schloss ein glückliches Klacken von sich gab. Adam wartete, bis der Doktor mit dem Fräulein Frei fertig war, dann trat auch er in den Laden. Er versuchte, sich natürlich zu benehmen, doch der Anblick raubte ihm den Atem. So viele Hüte hatte er noch nie gesehen! Käufliche Hüte, reparaturbedürftige Hüte, mit feinen Bändern geschmückte weiße, blaue und gelbe Hüte, sogar Hauben und Strohhüte fanden sich auf den Regalen. Ein blaues Band trug auch er immer bei sich, hastig tastete er danach. Es stammte von dem brennenden Schiff. Dann ließ er den Blick schweifen. Teréz Frei würdigte ihn keines Grußes, deshalb sagte auch er nichts. Sie war sichtlich noch mit dem Besuch des Doktors beschäftigt, ihre Wangen waren gerötet, die Visite hatte angenehme Erinnerungen hinterlassen. Der Doktor hatte Teréz Freis rundlichen Körper lange untersucht. Und nicht nur lange, sondern offenbar auch gründlich.
    Adam sagte Klaras Namen, für einen Augenblick wurde er verlegen, weil er ihren Mädchennamen genannt hatte, doch Teréz Frei nickte und nahm die Schachteln gleich vom Regal. Erzahlte nicht einmal, lief zum Fluss und überlegte nicht lange, er warf die Hüte ins Wasser und sah zu, wie sie darin kreiselten. Wie gewaltige Blumen drehten sie sich miteinander im Kreise, sie waren zu zweit, ein Paar! In der Nähe arbeiteten Fischer, sie sprachen darüber, dass einige Kilometer weiter oben die Eintagsfliegen bereits über dem Wasser tanzten, mancherorts ganze Flussbiegungen bedeckten. Einer von ihnen, kein Fischer, eher ihr Anführer, ein Mann von ungeheurer Statur, rief Adam eine Warnung zu, vielleicht glaubte er, dass der Bursche den Hüten hinterherspringen wollte.
    Bist du verrückt geworden, Junge?!
    Sehen Sie, wie schön sie tanzen?!, Adam wies auf das Wasser und zitterte vor Glück, sie hatten ihn bemerkt, sie hatten ihn bemerkt!
    Der Hüne kratzte sich am Kopf, dann setzte er sich achselzuckend wieder hin.
    Herr Berger, Herr Berger, schrie ein Fuhrmann vom Bock herab.
    Wie komisch, dass es nicht mehr dazu brauchte! Aufgeregt lief er mit den leeren Hutschachteln nach Hause und richtete es so ein, dass er Klara begegnen musste, die am Nachmittag die Hüte abholen ging. Er brauchte nicht lange zu warten, an der Ecke des Platzes sah er ihren Rock wehen und eilte ihr entgegen. Er wusste nicht, was er sagen würde, aber das spielte keine Rolle. Klara würde ihn sehen!
    Und da ereignete sich die Tragödie!
    Als er vor Klara hintrat, stolperte er und stürzte in den Abwassergraben.

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