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Blumenfresser

Blumenfresser

Titel: Blumenfresser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: László Darvasi
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versucht, ihr in die Augen zu sehen, und wenn sich ihre Blicke trafen, hatte das keine Folgen, sie sah gleich wieder in eine andere Richtung. Er sprach sie an, drückte ihr ein Glas in die Hand, schenkte ihr ein, vergebens, Klara bemerkte es gar nicht, sie nickte abwesend und sah über ihn hinweg.
    Im Sommer fünfundvierzig kam Klaras Vater im Fluss ums Leben, und dass Adam ihn am Ufer fand. war kein Zufall. Nero Koszta hatte ihm ins Ohr musiziert, von ihm kam die Nachricht, dass es sich lohnte, den Fischmarkt, wo Adam sich gerade umschaute, zu verlassen und zum Fluss zu laufen. Die Grasmusik spielte, sie quälte, beunruhigte und machte ihn gereizt, bald war er am Ufer und fand den zusammengesunkenen Pelsőczy, der neben einem einsamen Boot das gegenüberliegende Ufer absuchte, er mochte schon lange so dagestanden haben, bis zu den Knöcheln im Schlamm, am Hals die roten Punkte von Mückenstichen. Noch immer summte der Grasmusikant in der Nähe. Adam blickte um sich. Nicht weit entfernt kämmte Herr Wurm Wurzelmama das Haar, und Herr Blatt fächelte ihr die perlende Stirn. Sieh einer an, auch die waren hier! Dann musste es wohl ernst sein! Er hatte schon von ihnen gehört, Nero Koszta hatte das eine oder andere über die Geschäfte, Tänze, Zwistigkeiten und Abenteuer seiner Freunde, Gefährten und Verbündeten erzählt. Adam watete durch den kniehohen Pflanzenwuchs, seine Fußstapfen liefen voll Wasser.
    Pelsőczy sah sich nicht um, schnaufend versuchte er sich aufzurichten.
    Hast du vielleicht etwas zu trinken dabei?
    Adam schüttelte den Kopf.
    Ist das nicht schon egal?, fragte er.
    Nein, es ist nicht egal.
    Pelsőczy zog Schuhe und Socken aus, seine nackten Füße sanken tief ein. Er machte zwei Schritte und stand bis zu den Knien im Wasser. Er würgte vor Entsetzen, schritt aber weiter. BöseStrudel wirbelten um seine Hüften, das Wasser glänzte silbrig, das Ufer gegenüber begann zu brennen, die Pappeln standen in Flammen, auch der Himmel brannte. Pelsőczy drehte sich um, er glotzte mit irrem Blick, sein Mund bewegte sich, seine Finger schlangen sich um den Ast eines Weidenstrauchs und drückten so fest zu, dass sie weiß wurden.
    Adam lachte ihn an, denn er verstand, dass auch diese Jammergestalt ihn nicht sah. Er setzte sich ins Gras und beobachtete sein Ringen. Pelsőczy keuchte, der Fluss strudelte um seine Brust. Adam wusste nicht, wie viel Zeit verstrichen war, ob eine Minute oder eine Stunde. Auf einmal fiel ihm auf, dass der Grasmusikant nicht mehr spielte. Wurzelmama war verschwunden. Das Wasser wälzte sich grau dahin. Pelsőczy lebte nicht mehr, er war im Wasser stehend, an den Ast eines Strauchs geklammert, gestorben, in seinem Entsetzen erstarrt, das Wasser reichte ihm bis zur Brust. Ein schändlicher Tod, dachte Adam. Ein abscheulicher Tod. Er machte das Boot los und ruderte mit dem Leichnam zum anderen Ufer. Unterwegs fuhr er an mehreren Kähnen vorbei, niemand schien ihn zu sehen, niemand würdigte ihn eines Blicks. Er legte die Leiche in den Sand, machte sofort kehrt und ruderte ans Stadtufer zurück. Dort saß er im Boot und beobachtete mit scharfem Blick das Treiben am Ufer.
    Es dauerte nicht lange, bis die Leiche gefunden wurde. Und es dauerte auch nicht lange, bis mit roten Wangen Klara erschien und Adams Boot wählte, damit er mit ihr hinüberruderte wie ein stummer und unsichtbarer Diener, wie ein Fährmann zwischen Leben und Tod.

Manchmal genügt es, einen Hut zu stehlen
    Die Menschen bemerken das Gute nicht, dachte er. Das Schlechte bestrafen sie, fürchten sich davor und korrigieren es, doch das Gute macht sie gleichgültig und blind. Diese Art fürchterlicher Gleichgültigkeit flutete auch ihm entgegen. Demnach hatte er eine gute Seele, davon war er felsenfest überzeugt. Doch auch wenn er etwas Schlechtes oder Bösartiges tat, wurde er nicht beachtet und nicht bestraft. Warum? Weil er so gut war, dass ihm das Böse nichts anhaben konnte? Weil er töten, stehlen, rauben konnte und keine Untat groß genug war, seinen Charakter zu ruinieren?! Sein Leben glich dem der Staatenlenker, die aus Notwendigkeit und natürlich auch aus Überlegung schreckliche Taten begingen und zu Helden wurden. Sie forderten zu Vernichtung und Zerstörung auf, befahlen den Tod, dennoch wurden sie zu Vorbildern, selbst dann, wenn man sie später besiegte und verurteilte. Während die Besiegten nicht deshalb bestraft wurden, weil sie getötet hatten, sondern weil sie schwächer gewesen waren, weniger wachsam

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