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Blumenfresser

Blumenfresser

Titel: Blumenfresser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: László Darvasi
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Lebensmitteln und Kleidung beladene Wagen rumpelten Richtung Fluss, Rinder wurden über den Hauptplatz getrieben. Er musste nicht lange vor dem Haus warten, ja nicht einmal rufen. Das Fenster ging auf, Imre lehnte sich hinaus, die verhängnisvolle Szene vom Oktober schien sich zu wiederholen. Imre eilte hinunter, und während sie redeten, wussten sie, dass Klara sie am Fenster beobachtete.
    Soll ich dich verstecken?, fragte Imre ungeduldig.
    Ich bin nicht deshalb gekommen, sagte Adam befangen.
    Ich verstecke dich!, bekräftigte Imre.
    Ich bin nicht auf der Flucht, Adam schüttelte den Kopf.
    Na, schön, seufzte Imre, willst du mit ihr reden?
    Wenn das hier zu Ende ist. Nach meiner Rückkehr!
    Und wenn es nie zu Ende sein wird?! Wenn du nicht zurückkommen kannst?! Imre neigte sich vor. Ich habe nichts dagegen, Adam, dass du mit ihr redest.
    Sagen Sie ihr, dass ich zurückkomme. Wenn notwendig, fliege ich, wenn notwendig, bohre ich mich unter der Erde durch, doch ich komme zurück!
    Imre Schön nickte, ich sage es ihr, Bruder.
    Weiß Sie, dass … dass wir Brüder sind?
    Imre antwortete mit den Augen.
    Und was hat sie gesagt, als sie es erfahren hat?
    Sie hat gesagt, dass ich es schon wieder kompliziert mache. Ich mache es immer kompliziert, das sagt sie gewöhnlich, wenn sie nicht verstehen will, wovon ich spreche. Imre sah versonnen vor sich hin, dann lachte er auf. Unbestreitbar eine wirklich lächerliche Situation.
    Adam sah zum Fenster hinauf und schwieg.
    Es ist so schade, sagte Imre.
    Ja, vielleicht, erwiderte Adam, er ließ Imre stehen und ging davon, ohne sich umzublicken, es hatte jetzt wirklich keinen Sinn, er wusste, er würde zurückkehren. Und er wusste auch, dass er sie dann mitnehmen würde.
    Mit der letzten Kompanie schaffte er es ans andere Ufer, viele weinten, andere standen stumm da, starrten in ohnmächtigem Hass auf das davonschwimmende Ufer und hielten den Gewehrlauf so fest umklammert, dass ihre Finger weiß wurden. Ein Pferd stürzte samt seiner Last in den Fluss, die Tiefe verschluckte es sogleich.
    Die Fähigkeit, dass ihn niemand aufhielt, niemand sich ihm in den Weg stellte und mit Fragen behelligte, wenn er das wollte, kam Adam erst jetzt wirklich zugute. Er streunte im Lager umher und hatte das Gefühl, sein Körper sei aus Wind, und was er auch tat, nichts sei von Bedeutung, keine Bewegung wichtiger als eine andere.
    Er verließ die Wiese, die der letzte Posten überwachte. Am Ende der Straße ragte eine vertrocknete Eiche auf. Der Baum wirkte wie eine gewaltige, knochige Hand, die aus der Erde zum Himmel wies. Er wusste selbst nicht, wohin er ging, er wollte einfach nur nicht mit den anderen zusammen sein. Er betrachtete die in sich gekehrte, feindselige Stadt, die Kirchtürme, die wenigen höheren Häuser und die über das Ufer verstreuten Scheunen und Mühlen, sein Leben hatte sich hier zugetragen. Vielleicht hätte es gutgetan, zornig zu sein, doch er lächelte nur. In dieser Stadt war er nichts und niemand. Würde er auch weit weglaufen und sich nicht umsehen, würde er das verstummte Szeged, die auf der Burg gehisste kaiserliche Flagge niemals wiedersehen, wäre auch nichts Besonderes passiert. Hier würde er niemandem fehlen! Dennoch, dort am anderen Ufer lebte Klara. Auf einmal merkte er, dass jemand neben ihm saß. Wie der Kerl in seine Nähe gekommen war, wusste er nicht. Die stechenden Augen wurden von dichten, schwarzen Brauen beschattet.
    Es ist nicht meine Gewohnheit zu reden, sagte er.
    Jetzt redest du aber doch, antwortete Adam.
    Aber nur, weil es schon egal ist.
    Ich verstehe nicht, was egal sein soll. Warum redest du nicht?, fragte Adam.
    Wozu soll ich reden, der Zigeuner riss die Schulter hoch, eswird auch ohne mich gesagt, er sah Adam genauer an, sein Blick war ein dunkler Brunnen. Aber es ist dir egal und mir auch, sagte er.
    Wie heißt du?, fragte Adam fast verlegen.
    Das ist jetzt auch schon egal.
    Na gut, was willst du, fragte Adam schließlich, worauf der Zigeuner aufstand. Er fächelte sich mit einem Klettenblatt Luft zu und ging los, nicht ohne sich nach ihm umzusehen, und Adam wusste, das bedeutete, er könne ihm folgen. Die Lichtung erschien ihm wie ein Traumbild. Ein anderer Mann kam auf ihn zu, offenbar der Stammesführer.
    Gilagóg, sagte der Mann, als er bei ihm angekommen war, ich bin der Woiwode!
    Adam lächelte, es wäre kurios, würde er jetzt seinen Namen sagen. Sein Name, der ihm selbst in seinem Leben nie etwas genutzt hatte, was konnte er ihnen

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