Blut der Sternengötter
Taktik«, murmelte Lord Frans mehr zu sich selbst. »Verhöhne und beschmutze das, was dem Sklaven ein Banner der Hoffnung sein könnte. Es ist hohe Zeit, solche Taktiken zu beenden!«
Sie erfuhren nie, welche Argumente Lord Bardon gegenüber dem Ältesten der Bergbewohner erfolgreich vorgebracht hatte, aber am späten Nachmittag kehrte er mit der Botschaft zurück, daß sie die geheimen Berggänge benutzen durften, um die Ex-Gefangenen zur Festung zu bringen. Es war eine lange und mühselige Reise, und zwei Gräber markierten ihren Weg.
Sie brauchten mehr als einen Tag für die Reise, denn sie mußten oft rasten, und die Larngs trugen die Schwächsten von ihnen, wenn die rauhen Wege es gestatteten. Die kräftigeren Männer schlossen sich unter Kapal zusammen und gehorchten bereitwillig seinem Befehl. Der Gefangene blieb bei den Männern von der Festung, die allein für seine Sicherheit garantieren konnten. Je tiefer sie in den Berg eindrangen, desto mehr verließen ihn Trotz und Aufsässigkeit, und er hielt sich von selbst möglichst in der Nähe seiner Bewacher auf und wich Kincar oder Jonathal nicht von den Fersen, als wären sie Kampfgefährten.
Nach ihrer Ankunft in der Festung, wo die befreiten Sklaven versorgt wurden, rief Lord Dillan einen Kriegsrat im oberen Saal zusammen, und zu diesem wurde allein Kapal von den Geretteten eingeladen.
»Der gefangene Wächter ist einer Gedankensondierung weit geöffnet«, erklärte Lord Dillan. »Zweifellos wird das bei ihm von seinen Herren regelmäßig durchgeführt. Der Mensch – der er war oder hätte sein können – wurde zerstört, als sie ihm das Brandmal aufdrückten. Durch diese Handlung ergab er seinen Willen, und sie können ihn benutzen, wie sie es wünschen. Es ist eine furchtbare Sache!«
»Gewiß, aber wir können uns jetzt nicht allzu sehr damit beschäftigen, was in der Vergangenheit geschehen ist. Wir müssen an das denken, was vor uns liegt«, sagte Lord Bardon. »Die Frage ist, wagen wir es, obgleich wir nur so wenige sind, etwas gegen diese Tyrannen zu unternehmen?«
»Können wir es denn wagen, nichts zu tun?« entgegnete Lord Jon, der Jüngste unter den Sternenlords.
Lord Dillan seufzte. »Nein, wenn wir unserem selbstgesetzten Ziel treu bleiben wollen, müssen wir eingreifen.«
»Ay, aber nicht voreilig«, warf Lord Bardon ein. »Wir müssen uns so stark wie möglich machen und erst einmal mehr über das Tiefland erfahren, bevor wir uns dorthin wagen. Hole alles aus dem Wächter heraus, was er weiß, Dillan. Dann laßt uns einen Posten an jener Straße aufstellen, falls weitere Sklavenzüge dort vorbeikommen – und einen Späher in die Niederungen schicken. Kapal!«
Kapal, dessen Kopf bis auf ein Auge und den Mund mit Verbänden bedeckt war, erhob sich.
»Kapal, wie stehen die Chancen eines Kundschafters im Unterland?«
»Schlecht, Lord. Sie haben Kontrollposten an jeder Straße, und alle Reisenden müssen Rechenschaft ablegen und ihre Reisegründe angeben. Für jemanden, der das Land nicht kennt, ist es unmöglich.«
»Nichts ist unmöglich«, berichtigte Lord Bardon. »Der richtige Weg ist nur nicht immer gleich klar. Angenommen, ein Dunkler würde reisen – würde irgend jemand wagen, ihm Fragen zu stellen?«
Kapal schüttelte den Kopf. »Lord, die Dunklen reisen niemals. Der Tod kommt nicht zu ihnen durch das Alter, aber Metall dringt in ihr Fleisch ebenso leicht wie in das unsrige. Sie leben wohl beschützt in ihren Festungen und verlassen diese nur in ihren fliegenden Wagen, deren Geheimnis sie allein kennen. Nur ein Mann, der das Zeichen des Bösen auf der Stirn trägt, könnte es wagen, auf Kundschaft zu gehen … er könnte vorgeben, ein Bote zu sein.«
Kincars Hand legte sich unwillkürlich über den Tei. Sein Blick wanderte von einem Mann zum anderen in ihrer Runde, aber er kannte bereits die Antwort. Von allen, die mit ihm in die Festung gekommen waren, war er der einzige, dem man das fremde Blut nicht ansah. Nur er konnte der Kundschafter sein.
»Ich werde gehen …«
Er war sich nicht bewußt, daß er es laut gesagt hatte, bis er merkte, daß Lord Dillan ihn ansah und Lord Bardons grimmige Zustimmung hörte. Erschrocken legte er seine Hand auf die Lippen, aber es war zu spät.
10.
»Du kannst es nicht tun – und dennoch den Tei tragen.« Lord Dillan sprach aus, was Kincar bereits stundenlang beschäftigte, seit er sich so impulsiv angeboten hatte, die schwere Aufgabe zu übernehmen. »Ich weiß nicht,
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