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Blut der Sternengötter

Blut der Sternengötter

Titel: Blut der Sternengötter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andre Norton
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fruchtbare Erde nach den Frühjahrsregen.
    Vor ihm erhob sich ein Altar, ein viereckiger, schmuckloser Steintisch. Eine Steinplatte mit drei Vertiefungen in der Oberfläche. Kincar brauchte sich nicht einmal zu bücken, um den Tei zu benutzen, wozu er bestimmt war – als Schlüssel, um etwas zu erschließen, das vielleicht nur ein einziges Mal im Leben eines Mannes zu erschließen war und ihn von diesem Augenblick an verändern würde.
    »Lor!« Kincar rief den Namen laut und deutlich, während er den Tei in die linke Vertiefung legte. »Loi!« jetzt ließ er ihn in die Vertiefung zur Rechten gleiten. »Lys!« Und nun in die Mitte. Und das Echo der Drei Namen hing melodisch im Raum.
    Zeigten sich dort drei leuchtende Kreise an der Wand? Drei Köpfe, drei Gesichter mit einem Ausdruck nichtmenschlicher Heiterkeit? Seine Phantasie, beeinflußt von alten Überlieferungen und Legenden, spielte ihm vielleicht einen Streich, so daß er etwas sah, was seine Augen in Wahrheit gar nicht wahrnahmen?
    Lor – Er von den Drei, der einem Mann Körperkraft verlieh und seinen Schwertarm stärkte – ein kraftvoller, schöner Jüngling …
    Loi – Er, der innere Kraft, Weisheit und andere Gaben des Geistes verlieh …
    Lys – Sie, die Gaben des Herzens schenkte, Kinder in die Arme der Frauen legte und Freundschaft in das Herz eines Mannes für einen anderen.
    Sah er wirklich ein weibliches Gesicht zwischen den beiden anderen?
    Kincar kniete nieder, und seine Arme umfaßten die drei kleinen Vertiefungen auf der Altarplatte. Der Tei leuchtete hell und wunderbar in der Höhlung von Lys. Sein Kopf sank herab, so daß das Mal der Schande auf seiner Stirn den heiligen Stein berührte, aber der Schein des Tei trübte sich nicht.
    Kincar schlief ein und träumte viele Träume. Man führte ihn auf Reisen und zeigte ihm viele Dinge, an die er sich beim Erwachen nicht mehr erinnern würde. Und er wußte bereits im Traum, daß er sich nicht mehr würde erinnern können und war traurig darüber. Aber es gab einen Grund für dieses Vergessen, und auch das mußte er akzeptieren.
    Vielleicht geschah ihm all das, weil dies ein verlassener Schrein war und die hier aufgespeicherte Kraft seit unsagbarer Zeit nicht mehr freigelassen worden war und nun in einer gewaltigen Welle ausströmte und ihn überflutete.
    Es war Morgen, als er erwachte. Rings um ihn graue Steinmauern und unter seinem Kopf ein flacher Steintisch mit drei kleinen Löchern, in einem von den Löchern ein Kieselstein an einer Kette. Kincar stand auf und verließ ohne einen weiteren Blick den Raum, denn jetzt war es ein toter Raum. Das, was ihn in der vergangenen Nacht belebt hatte, war fort – erschöpft und verronnen.

 
11.
     
    Das seltsame Gefühl, von der normalen Welt abgeschnitten zu sein, verlor sich, als Kincar in den Vorraum des Schreins trat, ebenso wie seine dunklen Erinnerungen an die Nacht, als er aus der gespeicherten Kraft der Drei schöpfte.
    Ein schwarzer Fleck auf dem Boden markierte das Feuer, das er vor Stunden angefacht hatte. Cim kauerte an der Mauer und öffnete sein oberes Augenpaar, als Kincar zu ihm kam. Kincar fütterte ihn mit Krümeln von Reisekuchen. Er selbst aß kaum etwas.
    Der Sturm hatte sich gelegt, und die Außenwelt war mit einer glitzernden Eisschicht überzogen. Die Sonne schien, aber es war so kalt, daß erneutes Tauwetter vorerst nicht zu erwarten war. Stürmen wie dem gestrigen folgte im allgemeinen eine Zeit guten Wetters. Kincar führte Cim vorsichtig über den vereisten Boden zu der alten Straße zurück.
    Kincar war überzeugt, daß die Straße ihn durch den Wald in das offene Land um U-Sippar bringen würde, wo er sich dann vorsichtiger bewegen mußte.
    Es war später Nachmittag, als Kincar die Küste vor sich sah. Der Hafen, zu dem diese Straße einstmals führte, war jedoch nur noch ein Haufen von Ruinen.
    Ein altes, schon arg mitgenommenes Boot war hoch auf den Strand gezogen und umgedreht worden. Auf den gerundeten Seiten waren die Spuren kürzlicher Reparaturen deutlich sichtbar. Und von einer Steinhütte stieg ein dünner Rauchfaden auf.
    Soweit Kincar sehen konnte, deutete nichts darauf hin, daß sich hier ein Wachtposten befand, kein Anzeichen dafür, daß die Söldner der Dunklen Herrscher sich hier niedergelassen hatten. Irgendein Fischer, so nahm er an, hatte hier Zuflucht gesucht, um in dem alten verlassenen Hafen seine Netze auszuwerfen.
    Als Kincar sich dem Ort näherte, sah sein erfahrenes Auge, daß die Stadt im Kampf

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