Blut der Sternengötter
wußte, wie diese mörderische Waffe von einem Experten benutzt wurde, warf sich nach vorn.
Er stieß in Hüfthöhe mit dem lauernden Wächter zusammen, aber er warf ihn nicht, wie beabsichtigt zu Boden. Der Mann entwand sich seinem Griff und richtete das für Lord Bardons Kehle bestimmte Messer auf Kincar. Kincars Hand schloß sich gerade noch rechtzeitig um das herabstoßende Handgelenk, als die Messerspitze fast schon sein Fleisch berührte. Es gelang ihm, den anderen aus dem Gleichgewicht zu bringen. Feuer brannte plötzlich an der Unterseite seines Kinnes, dann verfing sich die Klinge in seinem Schuppenhemd und brach ab. Bevor das zackige Ende des abgebrochenen Messers seine Augen erreichen konnte, wurden sie auseinandergerissen.
Blut tropfte auf Kincars Brust.
»Du bist verletzt, Junge!« Lord Bardon bog Kincars Kopf nach oben und zur Seite, um die Wunde zu untersuchen. »Dem Himmel sei Dank, nur ein Kratzer!« rief er vor Erleichterung fast lachend. »Frans kümmere dich um den dort, er kann uns ein paar nützliche Fragen beantworten.«
Während Frans geschickt den Wächter fesselte, versorgte Lord Bardon Kincars Wunde. Plötzlich bemerkte Lord Bardon den Ex-Sklaven, der Kincar gefolgt war. »Wer ist das?«
»Er war einer der Gefangenen«, erklärte Kincar noch bevor Lord Bardons Finger an seiner Wunde ihn zum Schweigen brachten.
»Wahrscheinlich will er auch die Farbe unseres Blutes sehen«, meinte Lord Frans.
Aber falls der Mann solche Absichten gehabt hatte, als er herkam, so unternahm er jetzt jedoch keinen Angriff. Es war unmöglich, auf seinem zerschlagenen Gesicht irgendeinen Ausdruck zu erkennen, aber er stand da und sah zu, wie Lord Bardon Kincar den Verband anlegte. Dann und wann schoß sein Blick zu dem fluchenden Gefangenen, seinem früheren Wächter, hin. Als er schließlich sprach, stellte er den Lords die gleiche Frage wie zuvor Kincar.
»Wer seid ihr?« Dann gab er seiner Verwirrung in überstürzten Worten Ausdruck. »Ihr seht aus wie die Schwarzen, und doch habt ihr deren loyale Männer getötet und uns freigelassen, die wir verurteilte Sklaven sind. Jetzt versorgst du dort die Wunde eines Tiefländers, als wäre er von deiner Sippe. Und der Wächter, der doch euer Gefolgsmann ist und auf euren Befehl Tod und Folter austeilt, liegt in Fesseln. Ich frage wieder: Wer seid ihr?«
»Laß uns sagen, daß wir geschickt wurden, um den Schrecknissen in diesem Land ein Ende zu machen. Obgleich wir in der äußeren Erscheinung euren Herrschern gleichen, sind wir dennoch nicht von ihrer Art. Kannst du das glauben?«
»Lord, ich habe an diesem Tag drei große Wunder gesehen: Ich habe die Befreiung eines Sklavenzuges erlebt, ich habe Männer meiner Rasse und Dunkle mit einem gemeinsamen Ziel Seite an Seite kämpfen sehen. Und ich habe gesehen, wie einer, der über uns gesetzt wurde, von euch in Fesseln gelegt worden ist. Kann einer, der das alles erlebt hat, nicht glauben? Und jetzt, da ich euch genau betrachtet habe, kann ich bezeugen, daß ihr nicht wie die Dunklen seid, auch wenn ihr ihre Körper tragt. Bei Lor, Loi und Lys …« er ging auf ein Knie nieder und hielt Lord Bardon sein Schwertheft hin – »ich bin euer Mann – ich, der ich bei den Waldaltaren schwor, niemals einem ausländischen Lord zu dienen.«
Lord Bardon berührte das Schwertheft, aber er nahm es nicht in seine Hand, und die Augen des anderen leuchteten auf. Er wurde als Gefolgsmann akzeptiert, nicht als Leibeigener, und Lord Bardons Wissen um diese Zeremonie beeindruckte ihn tief.
Er richtete sich auf und steckte das Schwert in die Scheide. »Ich erwarte deine Befehle, Lord …«
Das erinnerte Lord Frans an ihr gegenwärtiges Problem. »Wir können diese Leute nicht einfach laufenlassen. Sie würden sterben oder von einer anderen Streife aufgesammelt werden.«
»Was ist, Ospik«, fragte Lord Bardon den Bergbewohner. »Wird euer Ältester erlauben, daß wir diese Gruppe durch die geheimen Wege mitnehmen?«
Ospik zupfte nachdenklich an seiner Unterlippe. »Ihr habt den ›Göttern‹ einen schweren Schlag versetzt, Lord, aber angenommen, diese Unglücklichen werden erneut gefangen, dann werden sie sehr schnell alles erzählen, was sie wissen. Jeder redet, wenn die ›Götter‹ es wollen. Wir haben unser Land nur behalten, weil wir unser Geheimnis wahrten …«
»Wenn sie erst einmal im Tal der Festung sind, Ospik, werden sie nicht mehr eingefangen.«
Ospik nickte. »Das muß bedacht werden. Aber nicht ich habe das
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