Blut der Wölfin
ein Baby, das für mich bereits so real war, als läge es in einem Körbchen neben meinem Bett.
»Es ist okay«, murmelte Clay. »Bisher ging es fantastisch, oder vielleicht nicht?«
Ich holte tief Atem. »Ich weiß. Es tut mir leid. Ich bin so …«
Er legte mir die Hand über den Mund. »Du machst dir Sorgen. Dagegen ist nichts einzuwenden.« Er legte mich wieder aufs Bett. »Was hast du geträumt?«
Ein Bild blitzte mir durchs Hirn. Das Blut, der verfilzte Pelz, der –
Mit hämmerndem Herzen drückte ich das Gesicht an seine nackte Brust und holte tief Atem, verankerte mich in seinem Geruch. Dann löste ich mich von ihm, ohne ihn anzusehen. »Ich möchte einfach … Ich muss schlafen.«
Eine Bewegung, als verspannten sich seine Schultern, als kämpfte er gegen den Wunsch nachzubohren. Dann entspannte er sich und zog mich wieder an sich, und nach einer Weile schlief ich ein.
Am nächsten Morgen wachte ich beim Geräusch von Clays Schnarchen auf. Ich schob mich vorsichtig aus dem Bett, um ihn nicht zu stören, beugte mich dann über ihn und ließ die Lippen über seine Locken gleiten, so leicht, dass ich ihn nicht aufweckte.
Als ich nach unten ging, hörte ich Jeremy in der Küche hantieren. Sobald ich roch, was er da kochte, war mir klar, dass er gehört hatte, wie ich schreiend aufgewacht war. Ich lehnte mich an die Wand und verfluchte meine Hysterie, wobei ich zugleich wusste, es würde nicht das letzte Mal sein. Ganz gleich, wie peinlich es mir am Morgen darauf war und wie schuldbewusst ich mich fühlte, im Dunkel der Nacht kamen all meine Ängste und Unsicherheiten an die Oberfläche.
Ich holte tief Atem, stieß die Küchentür auf und musterte die turmhohen Stapel von Pfannkuchen und Schinken auf der Anrichte.
»Du brauchst das nicht zu machen«, sagte ich.
Jeremy angelte die Flasche mit Ahornsirup ganz hinten aus dem Kühlschrank. »Die Teller stehen schon im Wintergarten. Kannst du die Pfannkuchen nehmen?«
»Wirklich, du brauchst das nicht zu machen. Ich führe mich albern auf, und was ich brauche, ist ein Tritt in den Hintern, kein essbares Trostpflaster.«
»Was du brauchst, sind Babymöbel«, sagte er, während er mir die Platte mit den Pfannkuchen hinreichte. »Und ein Kinderzimmer, um sie reinzustellen, aber ich dachte, wir suchen erst die Möbel aus und richten uns dann im Dekor nach denen. Ich bin sicher, es gibt gute Läden in Syracuse, aber ich schlage einen Ausflug nach New York vor. Wir bleiben ein paar Tage, wohnen bei Antonio und Nick, machen einen Kurzurlaub draus. Wir fahren gleich heute.«
Ich schüttelte den Kopf. »Ich bin noch nicht so weit, Jer.«
»Wir fahren einfach, wenn du fertig bist. Wir müssen sowieso auf Clay warten, obwohl wir ihn mit etwas Glück bei Nick lassen können, wenn wir beide zum Einkaufen in die Stadt gehen.«
»Ich habe damit nicht gemeint … Ich bin noch nicht so weit, dass ich ein Kinderzimmer einrichten kann. Wenn irgendwas schiefgeht … Ich bin einfach noch nicht so weit.«
Jeremy stellte den Schinken ab und sah mich an. »Und genau deswegen brauchst du das. Es läuft alles bestens, und das ist die beste Methode, wie du das erkennen und anerkennen kannst. Pläne machen, nach vorne sehen, Vorbereitungen treffen.« Ein kaum wahrnehmbares Lächeln. »Bei dem Tempo, das du vorlegst, sollten wir uns sowieso ans Werk machen, sonst können wir das Baby am Ende nirgends unterbringen. Wir werden Geschirrtücher zu Windeln umfunktionieren müssen.«
Ich versuchte, sein Lächeln zu erwidern, aber meine Lippen weigerten sich. Ich schaute weg. »Ich kann nicht. Demnächst, ich versprech’s. Nur … jetzt noch nicht.«
Die Küchentür öffnete sich, bevor ich sie erreicht hatte. Clay streckte den Kopf herein.
»Schau an, hast du das Frühstück gerochen?«, fragte ich.
Als ich an ihm vorbeiging, nahm ich eine Hand vom Teller und drückte seine. Eine verlegene Entschuldigung für die vergangene Nacht.
»Ich nehme den Schinken«, sagte Clay zu Jeremy.
Ich sah mich nicht um, aber ich wusste, dass zwischen den beiden mehr als nur ein Teller ausgetauscht wurde. Wahrscheinlich waren sie, nachdem ich am Abend zuvor eingeschlafen war, ins Erdgeschoss geschlichen und hatten dort Elena-Ablenkungs-Pläne ausgearbeitet. Option Nummer eins: in New York Babysachen kaufen. Jeremy dürfte Clay signalisiert haben, dass die Idee vom Tisch war und dass über dem Frühstück ein Übergang zu Option Nummer zwei gefunden werden musste.
Ich betrat den
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