Blut im Schnee
standen. Ein normales Mittelklassemodell, weder ausgefallen noch anderweitig auffällig.
„Ich wette mit dir, das sind die Herren von der Kripo.“
„Du hast doch erwartet, dass sie jemanden schicken würden“, erwiderte Thorsten und sah in die andere Richtung. Die Anzahl der Autos, die den Parkplatz vor dem A1 ansteuerten, wurde stetig mehr. Er rechnete fest damit, dass Kim auch auftauchen würde. Doch bis zur offiziellen Öffnung der Diskothek kam sie nicht. Was allerdings nicht hieß, dass sie sich die Party entgehen lassen würde. So gut kannte Thorsten sie inzwischen. Sie hatte zwar deprimiert geklungen, als sie das letzte Mal miteinander telefoniert hatten, dennoch glaubte er nicht, dass sie zu Hause bleiben würde.
Eine halbe Stunde, nachdem die Türen geöffnet und die ersten Besucher von den Türstehern eingelassen wurden, wurde Thorsten das Warten und Beobachten der Leute zu langweilig.
„Sollen wir nicht reingehen?“
„Kennst du die Raumaufteilung? Kann man unauffällig den Eingangsbereich einsehen?“, fragte Enrique.
„Ja, beides. Zuerst kommt die Garderobe. Es folgt ein Vorraum mit Theke, da muss jeder durch. Sieht aus wie ein Saal in einer Burg. Von dort gelangt man in die verschiedenen Bereiche. Zu den Toiletten und in den Techno-Club, in dem man rauchen darf. Daneben wird meist Rap oder Hip-Hop gespielt und wenn man hinten durchläuft, gelangt man in den Stadl – Partymucke wie auf Mallorca oder in Skihütten und Ähnliches …“
Enrique zog die Brauen nach oben. „Warst du schon öfter da drin?“, fragte er belustigt.
„Nein. Ganze zwei Mal, Martin war nicht so der Disco-Typ. Aber an der Raumaufteilung werden sie wohl kaum etwas geändert haben.“
„Okay. Drinnen ist es sicher gemütlicher, als hier im Auto.“
„Vor allem wärmer“, ergänzte Thorsten und stieg aus. Enrique verriegelte den Wagen und gesellte sich an Thorstens Seite. Ungefragt und als wäre es eine Selbstverständlichkeit, legte er seinen Arm um Thorstens Schultern. Die Türsteher schenkten ihnen nur wenig Aufmerksamkeit. Ein freundliches ‚Hallo‘ und ein Kopfnicken war alles, als die beiden an ihnen vorbeiliefen.
An der Kasse begrüßte sie eine junge Frau. Thorsten kannte das System und blickte unaufgefordert in die Kamera. Kurz darauf bekam er seine Karte ausgehändigt, auf der neben dem Eintrittspreis auch alle Getränke vermerkt wurden.
Bei Enrique wiederholte sich das Prozedere. Mit einem neckischen Zwinkern wünschte die Angestellte den beiden viel Vergnügen. Anschließend gaben sie ihre Jacken an der Garderobe ab und suchten sich einen Platz an der Theke, von dem aus Enrique jeden Neuankömmling im Blick hatte.
***
Joachim machte sich während des Telefonats Notizen. Kathrin Jäckels könnte durchaus eine gestörte Persönlichkeit haben. Die Psychologin schloss nicht aus, dass die Trennung von ihrem Mann diese zum Vorschein gebracht habe.
„Ich besitze zu wenige Kenntnisse über das ehemalige Paar, daher will ich mich nicht festlegen. Zudem sind Frauen seltener betroffen als Männer. Es gibt immer wieder solche Fälle. Der Partner, der verlassen wird, kommt mit der neuen Situation nicht zurecht und entwickelt dadurch verschiedene Störungen der Persönlichkeit“, erläuterte sie.
„Und wie äußert sich das?“
„Diese können sich in unterschiedlichen Formen zeigen. Eines ist für mich allerdings klar. Der Täter, ob es sich nun um eure Verdächtige handelt oder jemand anderen, leidet eindeutig an einer wahnhaften Störung. Anders kann ich mir nicht erklären, warum der Täter dem immer gleichen Ritual folgt.“
„Also zeigt das Ritual, dass der Mörder eine krankhafte Störung hat. Habe ich das so richtig verstanden, Frau Wigand?“
„Ja. Das Leben des Opfers ist in den Augen des Mörders nichts wert und mit der Tötung glaubt er, der Gesellschaft einen Gefallen zu tun. Vermutlich sieht sich der Täter selbst als Racheengel, der die Welt vor diesen ‚minderwertigen‘ Männern schützen muss. Liegt diese dissoziale Störung zugrunde, ist der Täter nur schwer berechenbar. Menschen mit komplexen Verhaltensstörungen beherrschen es zuweilen sehr gut, ihr Umfeld zu täuschen und mit schauspielerischem Talent jegliche Auffälligkeiten zu übertünchen.“
Joachim schrieb die wichtigsten und verständlichsten Erklärungen mit.
„Ich hoffe, das bringt uns weiter“, murmelte er währenddessen. Seine Erfahrung sagte Joachim, dass die Psychologin recht hatte. Kein normal
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