Blut im Schnee
ich, das müssten wir ändern“, erwiderte Thorsten.
Enrique lächelte. „Aha, weil ich mehr über dich weiß, als du von mir … sie heißt Isabella und studiert gerade auf Lehramt. Meine Eltern leben noch immer in Hamburg. Ich liebe saftige Steaks, guten Rotwein und romantische Komödien. Als ich klein war, hatten wir einen Hund, einen Collie. Max hieß er, und als er starb, war ich zwei Wochen lang todtraurig. Noch etwas?“ Fragend zog er eine Braue nach oben und ein Schmunzeln lag auf seinen Lippen.
„Ähm …“, Thorsten fehlten die Worte, und er spürte, dass er leicht rot wurde. „Hattest du schon mal einen richtig gefährlichen Job?“
„Den einen oder anderen. Aber ich sagte ja, ich weiß, auf mich aufzupassen.“ Enrique stand auf und griff in seine Hosentasche, aus der er eine kleine Dose hervorzog. „Steck das bitte ein, man weiß ja nie.“
Thorsten nahm das Pfefferspray und grinste schräg. „Hast du Angst, dein Geldgeber könnte die Nacht nicht überleben?“, scherzte er und schob sich eine weitere Gabel mit Omelette in den Mund.
Enrique rümpfte die Nase. „Nein, es ist eher so, dass ich den Mann beschützen will, der mir den Kopf verdreht hat.“
Kapitel 15
Joachim gab Birgit ein Handzeichen, damit sie im Büro blieb. Sie trat nervös auf der Stelle, während sie darauf wartete, dass er sein Telefonat beendete.
„Was hast du?“, fragte er, nachdem er aufgelegt hatte.
„Na ja, wir haben vorhin herausgefunden, dass Kathrin Jäckels die geschiedene Frau von Thorsten Klein ist.“
Joachim runzelte die Stirn. „Ich dachte, der ist schwul?“
„Scheint so, denn sonst hätte er wohl kaum mit einem der Opfer zusammengelebt.“
„Und warum ist euch das erst jetzt aufgefallen?“, hakte Joachim nach.
„Henrik hat alles durchstöbert, was wir haben, und versucht Parallelen zu finden. Dabei ist er auf die Unterlagen gestoßen. Thorsten Klein wohnte letztes Jahr noch zusammen mit seiner Frau in Köln. Sie hat nach der Trennung wieder den Mädchennamen angenommen.“
„Und weil sie von ihrem homosexuell veranlagten Gatten verlassen wurde und nicht mehr in ihrer Wohnung gesehen wurde, könnte sie nicht nur beteiligt, sondern die Täterin sein. Ist es das?“
„Möglich. Als Motiv nicht abwegig. Bleibt nur der Umstand ihres Körpergewichts, der nicht zu der Beschreibung passt.“
„Es sei denn, sie wäre auseinandergegangen wie ein Hefekuchen …“, grübelte Joachim laut. „Danke dir. Ich werde noch mal in Köln anrufen. Die Kollegen sollen noch mal die Nachbarn befragen …“
„Gute Idee. Wenn sie vor ein paar Wochen verschwunden ist und zu diesem Zeitpunkt noch schlank wie eine Gazelle war, fällt sie weg.“
„Als Täterin, ja.“
Birgit zuckte mit den Schultern und verließ das Büro. Joachim klemmte sich den Hörer zwischen Schulter und Ohr, wählte die Nummer der Dienststelle in Köln und rief die Daten der Verdächtigen im System auf. Er hätte nicht erwartet, dass Klein verheiratet war. Aber gab es das nicht häufiger? Ein Mann, der sich in gesellschaftliche oder familiäre Zwänge quetschte, nur um den Ansprüchen anderer gerecht zu werden. Einen solchen Fall kannte er aus der entfernten Bekanntschaft. Nach zwanzig Jahren Ehe hatte sich der Mann scheiden lassen, weil er den Zwang nicht mehr ertrug.
Das erleichterte ihm seine Arbeit allerdings nicht. Wäre die Frau tatsächlich in der Lage, einen solchen Rachefeldzug zu starten? Wenn ja, warum ließ sie ihren Ex-Mann am Leben und tötete wahllos wildfremde Männer?
Für Joachim wollte sich das fehlende Stück nicht einfügen, so sehr er alles auch drehte und wendete, für ihn ergab das Sammelsurium der Teile einfach kein komplettes Bild. Um sich ein besseres Bild von Kathrin Jäckels machen zu können, rief er Thorsten Klein an, doch der ging nicht ans Telefon. Also versuchte er sein Glück bei Sybille Wigand, der Psychologin, die ihn schon oft beraten hatte.
***
Enrique und Thorsten machten sich recht früh auf den Weg. Die Veranstaltung sollte um neun beginnen, doch Enrique hielt es für klug, weit vor der Zeit dort zu sein, um den Eingangsbereich im Auge zu behalten. Er parkte seinen Wagen ein Stück versetzt, um nicht in direktem Blickfeld des Eingangs zu sein.
Kurz nachdem sie Stellung bezogen hatten, näherte sich ein Wagen. Enrique sah ihm nach und Thorsten fragte sich, was an dem Auto so besonders war. Es unterschied sich nicht von den anderen Fahrzeugen, die bereits auf dem Parkplatz
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