Blut Licht
Salates herum und durfte erstaunt feststellen, dass meine Tochter auf Ernestines Dressing stand. Dabei lutschte sie die einzelnen Salatblätter mit einer Hingabe ab, die in ihrer akustischen Geräuschkulisse sogar Steven neugierig in den Raum lugen ließ.
„Sie klingt wie ich bei meinen ersten Versuchen direkt nach meiner Verwandlung“, meinte er scherzend mein Kopfkino ankurbeln zu
müssen.
„Apropos Versuch“, nahm ich den Faden sogleich auf. „Hast du heute überhaupt schon ein williges Opfer für deine Fütterung gefunden?“
Steven trat neben mich und pulte sich übertrieben deutlich mit einem Fingernagel zwischen den Zähnen herum. „Pietro al fomo con...“ Er entfernte einen grünen Fussel, betrachtete ihn eingehend und ergänzte schließlich: „Baumwoll-Polyestergemisch. Igitt. Ich hätte vorher die Schürze entfernen sollen. Die war dann doch ein wenig zäh.“
Ich starrte ihn perplex an. „Du isst Schürzen? Seit wann?“
„Blödsinn!“, plusterte er sich empört auf und schnippte den Fussel fort. „Der lebensgroße Schmackofatz war darin eingerollt wie eine Calzone, als ich ihn vorhin in der dunklen Gasse fand. Ich dachte, ein freundliches Nachfragen wegen einer Blutspende hätte sich wegen dieses kleinen Loches in seiner Stirn irgendwie erübrigt. Na, und weil er noch warm war... Essen frei Haus und pflückfrisch. Er war noch nicht einmal geronnen. Ich konnte es nicht über mich bringen, ihn dort nutzlos herumliegen zu lassen. Jetzt liegt er wenigstens geleert dort herum.“
Ich schüttelte den Kopf. Abfallbeseitigung a la Steven. Ob ich ihm den Tipp mit den beiden Kerlen im Kolosseum geben sollte?
„Und woher weißt du, dass er Pietro hieß?“, erkundigte ich mich halbherzig.
Steven grinste breit. „Das stand auf der Schürze. Ristorante Pietro .“
„Ah, das kenne ich sogar. Es ist gut. Du hast hoffentlich nicht den Koch verspeist.“
„Tut mir leid, ich hatte kaum Gelegenheit, ihn danach zu fragen, denn er hatte zuvor einen leichten Anfall von bleibelastetem Tod“, antwortete er sichtlich geknickt und ließ sich neben mir nieder. Sogleich nutzte Lilianna die Gunst der Stunde und kletterte auf seinen Schoß. Er gab ihr einen Kuss, ehe er mich ernst ansah. „Die
Typen vorhin vor dem Museum ..
„Später, Steven“, unterbrach ich ihn und deutete auf den Film. „Ich möchte Liliannas Freude daran nicht trüben, indem wir jetzt über unschöne Dinge sprechen.“
„Hast recht“, räumte er großzügig ein, blickte zum Fernseher und rief: „Guck mal. da ist ein dickes Rüsseltier.“ Kurz darauf hüpfte er mit meiner lachenden Kleinen auf dem Ann durch den Raum und trällerte lauthals Hakuna-Matata.
Ich seufzte. Zwei Kinder völlig entfesselt. Was hatte ich da bloß angestellt?
Das dynamische Duo wurde zum Trio Infernale, als Jason hinzukam. Lilianna streckte ihre Arme nach ihm aus und bald tobten sie zu dritt durch den Raum. Dabei ging es wie im Urwald zu. Sie turnten über das Sofa und unter dem Tisch hindurch, gaben Laute wie das Gebrüll eines recht heiseren Löwen oder rüsselverstopften Elefanten von sich, robbten über den Teppich und versuchten meine Tochter einzufangen. Im Schneckentempo, damit sie eine reelle Chance zum Entkommen hatte. Ich pendelte dabei gefühlsmäßig inmitten mütterlicher Besorgnis und kindlicher Belustigung, denn ich sah, dass sie einen Heidenspaß hatte, sich aber jederzeit an irgendeiner Kante stoßen konnte. Würden solche Sorgen jemals nachlassen?
Irgendwann wurde ich zum Opfer ihres Übermuts auserkoren. Folglich robbte auch ich den Männern voran über den Fußboden, wurde von Jason am Bein erwischt und wie eine Beute hinter die Bar gezogen. Sogleich krabbelte Lilianna zu meiner Rettung herbei und zerrte an Jasons Hosenbund. Es endete in einer Kitzelfolter seinerseits, und das vergnügte Quietschen meiner Tochter hallte durch das gesamte Appartement.
Unser ungezwungener Frohsinn bekam einen kleinen Dämpfer, als Darian plötzlich mitten im Raum stand und uns fragend betrachtete. „Wir spielen“, meinte ich, erhob mich geschwind und wischte nicht vorhandenen Staub von meinen Knien.
„Fangen“, ergänzte Steven und kam hinter dem Sofa zum Vorschein, während Jason ebenfalls aufstand und dabei Lilianna auf den Arm nahm. Sein Blick erfasste Darian und er zog interessiert seine ergrauten Brauen in die Höhe. „Sie könnten sich uns anschließen und zur weiteren Erheiterung Ihrer Tochter beitragen, oder aber berichten, was sich
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