Blut Licht
geschehen würde, wenn ich sie zwänge, ihre Schulen, ihre Freunde und ihr gesamtes Umfeld von heute auf morgen aufgeben zu müssen.“
Merkwürdig. Ein möglicher Lebenspartner kam zu keiner Erwähnung. Trotzdem konnte ich sie gut verstehen. Keine Mutter würde ihre Kinder kampflos aufgeben, egal aus welchem Grund. Ich sah Darian an und wusste, dass auch sehr viele Väter diese Entscheidung fallen würden. Der Gedanke daran, er müsse mich und unser Kind verlassen, schnürte mir sogleich die Kehle zu.
„Wir werden eine adäquate Lösung finden“, entschied Darian. „Doch zunächst müssen wir hier raus. Faye?“
„Ja klar, ich bin bereit.“ Ich wartete, bis die Schriftrolle wieder im Schließfach lag und brachte Magdalena umgehend zurück in die Regalecke. Dann holte ich Darian und wir verließen den Kellerbereich auf genau die Weise, wie wir ihn betreten hatten. Wir getarnt, Magdalena di Angelis offen sichtbar für die Männer der Sicherheit, denen sie über die Kamera freundlich zuwinkte.
„Ich werde sie sicher bis vor ihre Haustür begleiten“, raunte Darian mir zu, nachdem wir den Keller verlassen hatten und ich ahnte, was nun folgen würde. „Begib dich bitte zurück ins Hotel, du hast für heute genug geleistet.“
Ich konnte seinem Vorschlag nur zustimmen, denn ich hatte für den Moment genug vom unfreiwilligen Heldentum. Folglich verabschiedete ich mich von unserer Gastgeberin, holte mir einen Kuss bei Darian ab und versetzte mich zurück in das Schlafzimmer des Hotels.
Jason hatte den Raum während meiner Abwesenheit nicht verlassen und wirkte überaus erleichtert, als ich endlich wieder auf dem Bett auftauchte.
„Gott sei Dank, Faye“, empfing er mich leicht aufgelöst. Sein gerauftes Haar und seine angespannte Miene machten deutlich, wie sehr er besorgt gewesen war. Ich probierte ein besänftigendes Lächeln, begann jedoch zu lachen, als er anklagend hinzufügte: „Ich hatte arge Mühe, deinen Herrn Vater daran zu hindern, in den Raum zu stürmen, um nach dem Rechten zu sehen. Insbesondere, nachdem dein Bruder in Begleitung von Miss Kahina erschien und berichtete, was vor dem Museum vorgefallen war.“ „Oha, ich kann mir denken, dass Dad da die Düse ging“, erwiderte ich und krabbelte vom Bett herunter. Während ich die Federn zurück in die Kiste legte und diese wieder in der Tasche verstaute, ergänzte ich: „Es ist alles gut gegangen. Sind Kahina und mein Bruder hier?“ „Nein, sie sind vor wenigen Minuten aufgebrochen, um den jungen Mann im Krankenhaus zu besuchen. Ich nehme an, dass sie die Nacht an seinem Krankenbett verbringen werden.“
Verständlich. Ich würde es vermutlich ebenso halten.
Jason legte eine Hand auf die Klinke und sah mich fragend an. „Bereit?“
„Fast.“ Schmunzelnd kämmte ich mit den Fingern sein wirres Haar, strich es glatt und nickte dann. „Jetzt können wir uns den Fragen der anderen stellen.“
Nach meinem halbwegs ausführlichen Bericht über meine Beobachtungen nebst einer begeisterten Demonstration der Bildbrillanz des Handys - ich sparte Dad gegenüber mein direktes Eingreifen aus und Jason schwieg diplomatisch - warteten wir gespannt auf Darians Rückkehr. Selbst Steven hielt sich mit entsprechenden Bemerkungen zurück, so als wisse er, welche Lawine er lostreten würde, käme mein Einsatz zur Sprache. Einzig seine langen Blicke ließen mich wissen, was er selbst darüber dachte. Dazu bedurfte es keiner Gedankenleserei.
Wieso vermittelten mir in letzter Zeit sämtliche Anwesenden ständig das Gefühl, ich sei ein rohes Ei, das mit entsprechender Vorsicht behandelt werden musste? Oder war ich nach meinem Zusammenstoß mit diesen K.O.-Tropfen nutzenden Behelfsmafiosis nur übersensibel gegenüber familiärer Umsorgung? Ich wusste es nicht, würde es aber mit der Zeit schon erfahren. Zwangsläufig.
Jason rettete mich vor weiteren Befragungen, indem er sich Steven krallte und ihn auf der Terrasse einer weiteren Befragung unterzog. Dad schien erst einmal zufrieden und zog sich in seine Suite zurück, um im Fernsehen ein Fußbailländerspiel mit England anzusehen. Ernestine begleitete ihn mit der Aussage, sie wolle seinen Bierkonsum während der Veranstaltung überwachen. Ich konnte es ihr nicht verdenken.
Unterdessen hatte ich mich mit Lilianna in eine Sofaecke verzogen, den Disney-Kanal auf dem riesigen Fernseher gefunden und kuschelte mit ihr, wobei wir uns den König der Löwen reinzogen. Nebenbei stocherte ich in den Resten meines
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