Blut Schatten
meinen Füßen bestand aus einer Sandschicht. Sehr feiner Sand, der jedes weitere Geräusch verschluckte.
Lautlos pirschte ich mich vor, dem Flackern entgegen, und erreichte das Ende des Ganges. Er bog nach rechts ab. Ich spähte um die Ecke. Niemand war hier, doch ich vernahm gedämpfte Laute, wie ein permanentes Rauschen. Das Flackern wurde intensiver, erinnerte mich an den Schein von Feuer. Unruhig, vom Wind umspielt. Dazu der Rauch, er brachte mich nun zum Husten. Dicht an die Wand gedrückt huschte ich, einen Arm vor Mund und Nase haltend, weiter.
Plötzlich endete der Weg, vor mir tat sich ein gähnender Abgrund auf. Mit rudernden Armen kämpfte ich um das Gleichgewicht, sprang zurück und lehnte aufatmend an der Wand. Behutsam ging ich in die Knie, schob den Sand beiseite und kroch näher an den Abgrund, spähte über den Rand in die Tiefe. Es ging einige Meter abwärts. Weit unter mir machte ich die Quelle des Flackerns aus. Diverse Fackeln steckten in Haltern an den Wänden, beleuchteten einen großen runden, in dicken Fels gehauen Raum. Ein breiter Gang schräg gegenüber war möglicherweise der einzige Zugang. Ich konnte keinen weiteren erkennen. Nur auf meiner Höhe sah ich drei weitere, sehr schmale Gänge, im rechten Winkel zu mir angeordnet. War ich in einem Belüftungsschacht gelandet? Einem, der eine unterirdische, künstlich angelegte Höhle mit Frischluft versorgte?
Da drangen leise Stimmen zu mir herauf. Schnell legte mich auf den Bauch und robbte ein wenig weiter vor, um mehr sehen zu können. Sand rieselte herab, unter mir zischte eine der Fackeln. Mist!
Gebannt hielt ich die Luft an, wartete. Die Stimmen wurden lauter, kamen näher. Sie sprachen in unverändertem Tonfall miteinander. Ruhig, verhalten, ernst und ahnungslos. Die eine männlich tief, etwas grollend. Die andere war eindeutig weiblich, hell und weich. Leider nutzten sie eine Sprache, die ich nicht kannte, die ich nie zuvor gehört hatte. Eine Art nasaler Singsang, durchzogen von I- und K-Lauten. Merkwürdig.
Aber ich blieb unentdeckt. Scheinbar rechnete niemand damit, dass sich jemand in einem Lüftungsschacht versteckte. Wie auch, wenn ich selbst nicht einmal wusste, wie ich hierher gelangt war.
Wie erwartet tauchten zwei Gestalten im Gang auf und blieben auf der Schwelle zum Raum stehen. Ihre Stimmen wurden so deutlich, als würde ich direkt neben ihnen stehen. Die Akustik dieses Gewölbes war erstaunlich.
Nun traten sie ein. Sie waren zu weit entfernt, um ihre Gesichter erkennen zu können, doch wiesen die fließenden, anmutigen Bewegungen die erste Person eindeutig als weiblich aus. Sie trug ein langes, dunkles Gewand, das sie wie einen weiten Mantel umhüllte und das ihr Gesicht unter einer weiten Kapuze verbarg. Eine filigrane Hand tauchte aus den Falten der Kleidung hervor, beschrieb eine energische Geste. Ihre Stimme wurde bestimmender, ohne dabei lauter zu werden.
Die dunkelhäutige Gestalt neben ihr verstummte zunächst, erhob dann jedoch Einwände. Um knapp zwei Köpfe überragte er sie, und seine massige Körperfülle wirkte bedrohlich, als er sich direkt vor ihr aufbaute. Ich sah ihn nur von hinten. Sehr breite Schultern unter einer dunklen, groben Tunika, vermutlich aus Leinen. Sein braunes Haar war kurz, glänzte matt im flackernden Schein der Fackeln.
Sie ließ seinen Einwand nicht gelten, legte ihre Hand auf seinen Arm und schob sowohl seine Worte als auch ihn selbst mühelos beiseite. Er sagte etwas, sie lachte hell auf und ging an ihm vorbei. Da erstarb ihr Lachen. Sie blieb stehen und sah sich blitzschnell um. Plötzlich warf sie die Kapuze zurück. Mir stockte der Atem. Sie. Überdeutlich hob sich die weiße Strähne von ihrem schwarzen Haar ab.
Unsere Blicke trafen sich. Sie hatte mich entdeckt. Ich musste verschwinden. Sofort. Doch ich konnte mich nicht regen. Es war, als hielt mich etwas an Ort und Stelle gefangen. Furcht kam in mir hoch. Sie stieg an, als ihr Begleiter sich langsam umdrehte.
Jäh blendete mich helles Licht. Ich taumelte zurück. Etwas umfasste mich, hielt mich gefangen. Ich keuchte panisch auf.
»Alles in Ordnung?«
Für einen Augenblick war ich orientierungslos, sah mich mit großen Augen um. Nur recht langsam erkannte ich den grauhaarigen Mann mit dem besorgten Gesichtsausdruck vor mir. Die Erleichterung, Jason zu sehen, ließ mich hysterisch auflachen.
»Möchten Sie sich nicht lieber setzen, Miss McNamara? Sie wirken etwas desorientiert.«
Statt einer Antwort lehnte ich
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