Blut Schatten
nämlich kochen.« Er warf einen letzten Blick zurück, dann verließ er mit mir zusammen die Werkstatt.
Darian stand wartend im Regen neben dem Auto; er hielt bereits einen von Ernestines Koffern in der Hand. Bevor er etwas sagen konnte, eile ich auf ihn zu. »Ich würde heute gern essen gehen, Schatz. Welches Restaurant kannst du empfehlen?«
»Verräterin«, zischte Dad mir noch zu, da eilte ich unter Darians verwunderten Blicken bereits auf die Haustür zu.
H ier fehlt eindeutig eine weibliche Hand«, lautete Ernestines erster Kommentar, nachdem Alistair sie eine halbe Stunde später in die Wohnung begleitet und diese sogleich wieder verlassen hatte.
Sie schüttelte die Regentropfen aus ihrem Haar, blickte sich dabei um und lächelte, als sie ihren etwas zerdrückten Blumenstrauß in einem Gurkenglas auf dem Tisch entdeckte. Dann nickte sie hier und da und ließ ihre Hand prüfend über den Küchentisch wandern. »Ein typischer Männerhaushalt. Und wo ist der Hund?«
Verwundert sah ich von meiner Kaffeetasse auf. »Hier gibt es keinen Hund, Ernestine. Lediglich einen Kater. Möchtest du auch einen Kaffee?«
»Tatsächlich? Es regnet, und ich habe bei meinem Eintreten den Geruch eines feuchten Hundes in der Nase gehabt. Nun ja, vielleicht bin ich irgendwo hineingetreten.« Sie ließ sich neben mir nieder und streifte die Schuhe ab. »Herrlich, die Dinger drücken nämlich. Und ein Kaffee wäre wunderbar.«
Ich hantierte mit der Kaffeekanne, als Dad die Küche betrat. »Deine Koffer habe ich im Gästezimmer untergebracht. Der erste Raum links neben der Eingangstür. Falls du Darian suchen solltest, Faye, er ist mit Jason oben. Tun dir die Füße weh, Erni? Wenn du möchtest, werde ich sie dir etwas massieren.«
Den Wink hatte ich durchaus verstanden. Ich stellte für Ernestine eine Tasse Kaffee auf den Tisch, Sahne und Zucker daneben, und empfahl mich für den Augenblick.
»Ernestine ist da«, begrüßte ich Jason ein Stockwerk weiter oben. »Nanu? Darian ist nicht hier?«
Er blickte von dem Pergament auf und mich an. »Ich weiß, Miss McNamara, ich traf sie im Treppenhaus. Und ja, Mr. Knight ist kurz außer Haus. Wenn Sie das einen Moment halten würden?«
Ich nahm Jason die Lupe ab und trat näher an den runden Tisch heran. Schon spürte ich den mir bekannten Druck auf dem Magen. »Hat er gesagt, wohin er wollte? Was machen Sie da?«
»Das Blatt ist vorher schon einmal beschriftet worden. Wenn Sie es gegen das Licht halten, können Sie noch alte Schriftzeichen erkennen.« Zum Beweis hielt er das Blatt hoch, legte es jedoch gleich wieder auf dem Tisch ab, als ein leichter Brandgeruch aufstieg. Er schob es aus dem direkt einfallenden Lichtstrahl heraus. Jetzt erst bemerkte ich die Latexhandschuhe an seinen Händen. Er behandelte die Seite sehr behutsam. »Genau diese Überempfindlichkeit gegenüber Licht macht die Untersuchung so schwer. Ich habe es schon mit einer Kerze versucht, doch das Flackern der Flamme lässt nichts erkennen. Und da es hier keine Steckdose gibt, habe ich die Idee mit einer Lampe gleich wieder verworfen. Mr. Knight wollte eine Taschenlampe besorgen.«
»Wir könnten es fotografieren, Jason. Ich habe meine Digicam mitgenommen. Mit einem geeigneten Bildbearbeitungsprogramm lassen sich die Tiefen ausarbeiten, und vielleicht können wir es auf diesem Weg sichtbar machen.«
»Wenn wir über ein forensisches Labor verfügten, Miss McNamara, wäre Ihr Vorschlag der beste überhaupt. Nur fehlt uns das entsprechende Equipment. Der Rechner Ihres Bruders im Werkstatt-Büro lässt beinahe vermuten, seine Hardware stamme noch aus der Zeit der Schellackplatten. Von der Software möchte ich lieber nicht sprechen.«
Ich zog die Stirn kraus. »So schlimm, Jason?«
»Für alltägliche Zwecke ist das Gerät sicherlich ausreichend«, meinte er. »Für unsere jedoch vollkommen ungeeignet. Wenn Sie mir ... Herrje!«
Sein Ärmel war an den ausgefransten Rändern des Blattes hängen geblieben, es rutschte vom Tisch. Instinktiv griff ich zu.
Abrupt wurde es dunkel. Ich stieß mir den Kopf an und duckte mich ab. Dabei spürte ich einen warmen Luftzug, bemerkte leichten Rauch in Mund und Nase. Nachdem sich meine Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten, machte ich grobes Steinwerk um mich herum aus. Ich befand mich in einem schmalen Gang, der gerade hoch genug war, dass ich leicht nach vorn gebeugt darin stehen konnte. In der Ferne sah ich flackerndes Licht und entschied, ihm zu folgen. Der Boden unter
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