Blut Schatten
in spe«, gab Darian trocken zurück und blickte dabei zu den Türen hinüber. »Es wird aber kaum nötig sein.«
Ich folgte seinem Blick, bemerkte die Frau, die sich mit dem Gepäckwagen Richtung Türen bewegte und kniff verwundert die Augen zusammen. Konnte es ...? Nein. Oder doch?
»Entschuldigt, meine Lieben«, erklang eindeutig Ernestines Stimme aus dieser Frau, die so gar nicht nach ihr aussah. »Der junge Mann vom Zoll meinte, übergründlich sein zu müssen.«
Während Dad wie von der Feder geschnellt auf sie zueilte, brachte ich keinerlei Regung zustande. Ich kann nicht genau sagen, ob ich geschockt war. Aber wer immer uns hier freudig lächelnd entgegenkam, hatte kaum etwas mit der älteren Dame in den wallenden Gewändern und mit dauergewelltem Haar zu tun, die ich erwartet hatte. Diese Frau hier trug ein elegantes, figurbetontes Businesskostüm in Dunkelblau mit einer passenden, hellblauen Bluse. Die Beine wurden von einer Perlonstrumpfhose umhüllt und endeten in hochhackigen, farblich abgestimmten Pumps, die bei jedem Schritt auf dem Boden klapperten. Ihr schulterlanges Haar war modisch frisiert und mittelbraun getönt und das Make-up perfekt an ihr Gesamterscheinungsbild angepasst.
Mit einer provozierenden Geste warf sie ihr Haar zurück und ließ sich laut lachend von dem auf sie zustürmenden, rothaarigen Riesen umarmen und herumwirbeln. Erst als Dad sie wieder abstellte und in aller Öffentlichkeit küsste, kam Bewegung in mich.
»Kannst du mich bitte kneifen, Darian. Ich glaube nicht, was ... Aua!«
»Besser, Schatz?«
Empört rieb ich mir die schmerzende Stelle am Po. »Danke. So genau hättest du das nicht nehmen müssen.«
»Du wirst doch deine schwangere Frau nicht misshandeln, Mr. Knight«, tadelte Ernestine amüsiert, öffnete die Arme und zog mich hinein. »Es ist schön, dich zu sehen, Kindchen.«
Ich bekam einen Kuss auf die Wange, dann ließ sie mich los und wandte sich Darian zu. Formvollendet hauchte er einen Kuss auf ihren Handrücken, ruinierte den guten Eindruck jedoch gleich wieder, indem er ihr dabei frech zuzwinkerte. »Ich misshandele lediglich nach Aufforderung, Ernestine. Es freut mich, dass du mein Angebot angenommen hast.«
»Nichts auf der Welt hätte mich fernhalten können«, erwiderte sie und hakte sich bei Dad unter, der stolz wie ein frisch gekürter Oscarpreisträger den Gepäckwagen vor sich her in Richtung Ausgang schob.
»Wann werdet ihr heiraten?«, platzte sie heraus, nachdem wir ihr Gepäck im Van verstaut hatten und eingestiegen waren.
»Ende nächster Woche«, kam Dad uns zuvor, der gerade den Wagen aus der Parklücke lenkte. »Sie haben vorhin erst die Papiere besorgt.«
»Wie schön.« Entzückt sah Ernestine mich an, legte die Blumen auf ihrem Schoß ab und drückte meine Hand. »Hast du schon ein Hochzeitskleid? Wie weit sind die Vorbereitungen? Blumen, Räumlichkeiten, Restaurant? Kann ich dir irgendwie helfen? Hach, ich habe mich so für euch gefreut, als Duncan mir sagte, dass ihr hier heiraten werdet.«
»Wir haben noch gar nichts vorbereitet«, gab ich zu und warf Darian über den Außenspiegel einen fragenden Blick zu. Er hatte mich während des Gesprächs mit dem Friedensrichter für einen Moment aus dem Raum gebeten. Ich vermutete, dass er etwas geplant hatte. Nur hatte ich keine Ahnung, was genau.
»Um den Schauplatz des Geschehens kümmere ich mich, Ernestine. Es wäre mir allerdings sehr recht – und ich denke, ich spreche da auch im Namen meiner zukünftigen Frau – wenn du ihr bei der Auswahl des Brautgewandes beratend zur Seite stehst.«
Schauplatz des Geschehens? Das klang ja beinahe furchteinflößend.
»Es wird im Freien stattfinden, sofern das Wetter mitspielt. Und der Zeitpunkt wird der frühe Abend sein. Du hast dir eine romantische kleine Feier gewünscht, Faye. Also sollst du sie erhalten. Mehr werde ich nicht verraten«, beantwortete er meine unausgesprochene Frage.
Wieso grinste mein Vater gerade wie ein Honigkuchenpferd? Er bemerkte im Rückspiegel meinen Blick und wurde schlagartig ernst, konzentrierte sich ganz auf den fließenden Verkehr. Ich wurde das Gefühl nicht los, er und Darian hatten etwas miteinander ausgeheckt. Ernestine wirkte ebenfalls irgendwie erheitert, auch wenn sie es zu überspielen versuchte.
Ich beschloss, mich überraschen zu lassen, lehnte mich bequem zurück und schickte Darian einen Flugkuss. Dann sah ich Ernestine an. »Sie haben sich enorm verändert, seit wir uns das letzte Mal
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