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Blut Schatten

Titel: Blut Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Abrantes
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gesehen haben.«
    »Ach, na ja. Ich habe mich lediglich den Gegebenheiten angepasst, Kind«, wehrte sie bescheiden ab, beugte sich etwas vor und flüsterte: »Wie sähe das denn aus: Eine Besen reitende alte Frau neben deinem attraktiven Vater. Die paar Jahre Altersunterschied darf man durchaus wissen, aber sehen muss man sie nicht.«
    Nein, man sah es wirklich nicht. Eher wirkte Ernestine um ein Vielfaches jünger als mein Vater. Wer immer ihr zu dieser Verwandlung geraten hatte, er verdiente einen Orden. Sie schloss es aus meiner Miene und tätschelte meinen Arm. »Ich hätte nie gedacht, dass eine Verjüngungskur so viel Spaß machen kann, Kind.« Sie kicherte wie ein junges Mädchen, wurde schnell wieder ernst und fügte verschwörerisch hinzu: »Und stell dir vor, mir hat gestern jemand nachgesehen.«
    »Wundert mich wenig«, brummte es von vorn. »Aber solange nur geglotzt wird, ist es mir Wurst.«
    »Mir nicht«, gab sie schnippisch zurück und drückte abermals meine Hand. »Nun genug von diesem Unfug. Erzähl, Kind. Wie ist es dir in den letzten Monaten ergangen? Ich habe lediglich ein paar Brocken von deinem Vater erfahren dürfen. Oh, und Schluss mit dieser förmlichen Anrede, Faye. Meinen Namen kennst du ja.«
    Ich nahm ihr Angebot gern an und erzählte ihr während der Fahrt die wichtigsten Ereignisse aus den vergangenen Monaten nach Julies Tod.
    »Entschuldige bitte die etwas ungewöhnliche Unterbringung, Ernestine«, meinte Dad eine geraume Weile später, während er im einsetzenden Nieselregen vor der Werkstatt das Gepäck aus dem Van wuchtete.
    Ernestine klappte einen kleinen Taschenschirm auf, sah sich kurz um und winkte ab. »Mir reicht ein Bett, Duncan, egal wo. Hauptsache, ich kann halbwegs vernünftig schlafen. Alles andere wird sich finden. So, wo ist er denn nun, dein Sohn?«
    »Verdammt noch eins!«, brüllte da sein Bariton aus der Werkstatt. »Kannst du Ochse nicht einmal aufpassen, wo du diesen bekloppten Wagenheber hinstellst? Soll ich mir etwa die Beine brechen?«
    »Entschuldigung«, kam es unterwürfig zurück; es klang nach einem sehr jungen Mann. »Ich stell' den sofort weg. Es tut mir ehrlich leid, Mr. McNamara.«
    »Ganz der Vater«, murmelte Ernestine, drückte mir den Schirm in die Hand und machte sich auf, die Werkstatt zu erobern. Nein, ich konnte sie nicht aufhalten, denn schon marschierte sie direkt ins Geschehen und trällerte: »Einen wunderschönen guten Tag, die Herrschaften. Wer von Ihnen ist ... Ah, schon gefunden. Die Ähnlichkeit zu Ihrem Vater ist verblüffend, Alistair.«
    Die Hände in die Seiten gestemmt, blickte er die Frau vor sich von oben bis unten abschätzend an. »Ich bin jünger als er. Abgesehen davon wüsste ich schon gern, mit wem ich das Vergnügen habe, Mrs. ...?«
    »Ernestine Morningdale«, stellte sie sich knapp vor und reichte ihm ihre manikürte Hand.
    »Oh, ja klar. Kommt mit der Zeit hin.« Ein wenig linkisch wischte er seine ölverschmierte Hand am Overall ab, betrachtete ihre saubere und zuckte kurz zusammen. Dann fiel sein Blick auf Dad und mich, und seine Mundwinkel verzogen sich zu einem Grinsen. Er ergriff Ernestines Hand mit festem Griff. »Freut mich, Ernestine. Außerordentlich sogar.«
    Dad schnaubte missbilligend. Ernestine selbst lachte schallend auf, als sie ihre beschmierten Finger betrachtete. »Haben Sie erwartet, dass ich beim Anblick dieses bisschen Schmutzes verängstigt nach Handschuhen rufen würde, junger Mann?«
    »Ich habe gehofft, dass Sie es nicht tun, Ma'am. Im Büro habe ich Handwaschpaste. Wenn Sie mir folgen würden? Bring endlich diesen Wagenheber weg, Greg, und steh nicht untätig in der Gegend herum. Dafür bezahle ich dich nicht.«
    Der blonde Junge, der bis eben noch mit offenstehendem Mund die Frau vor seinem Boss angestarrt hatte, sah nun zu, dass er Land gewann. Mit einem Wagenheber im Schlepptau. Alistair führte Ernestine indes durch die Werkstatt zum Büro hinüber und öffnete ihr zuvorkommend die Tür. Ich hörte ihn etwas sagen und Ernestine kurz darauf laut auflachen. Amüsiert drehte ich mich um und klopfte meinem Vater auf den Oberarm. »Sie ist seinem Charme erlegen, Dad. Da ist wohl gerade nichts zu machen. Lass uns ihre Koffer hochtragen und einen Schlachtplan entwerfen, wie du sie seinen Fängen wieder entreißen kannst.«
    »Pah! Ein echtes McNamara-Haggis und sie guckt ihn nie wieder an«, knurrte Dad, von der Wirkung seines Fleischpuddings überzeugt. »Im Gegensatz zu meinem Spross kann ich

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