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Blut - Skeleton Crew

Blut - Skeleton Crew

Titel: Blut - Skeleton Crew Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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einem großen Buick Riviera vorbei, der ins Schleudern geraten und die Böschung hinaufgerast war. Sein Warnblinker war eingeschaltet, und ich sah eine gespenstische Vision von Norman Blanchettes Impala. Der musste inzwischen schneebedeckt sein, nur ein geisterhafter Hügel in der Dunkelheit.
    Der Fahrer des Buicks versuchte mich anzuhalten, aber ich fuhr ohne zu bremsen an ihm vorbei und bespritzte ihn mit Schneematsch. Meine Scheibenwischer wurden vom Schnee blockiert, ich lehnte mich hinaus und wischte wenigstens den auf meiner Seite ab. Der Schnee fiel teilweise ab, dann konnte ich etwas besser sehen.
    Harlow war eine Geisterstadt, alles dunkel und geschlossen. Ich blinkte rechts, um über die Brücke nach Castle Rock abzubiegen. Die Hinterräder wollten unter mir wegrutschen, aber ich schaffte die Kurve. Vorn, jenseits des Flusses tauchte der dunkle Schatten des Jugendklubs von Castle Rock vor uns auf. Das Gebäude sah verschlossen und verlassen aus. Plötzlich tat es mir leid, dass es so viel Schmerz gegeben hatte. Und Tod. In diesem Augenblick sagte Nona zum ersten Mal seit der Ausfahrt Gardiner etwas.
    »Hinter dir fährt ein Polizeiauto.«
    »Verfolgt es …?«
    »Nein. Es fährt ohne Blaulicht.«
    Aber es machte mich nervös, und vielleicht ist es deshalb passiert. Die 136 macht auf der Harlow-Seite des Flusses eine Kurve von neunzig Grad und führt dann über die Brücke direkt nach Castle Rock. Ich schaffte die Kurve, aber auf der Seite von Castle Rock herrschte Glatteis.
    »Verdammt …«
    Das Heck des Lieferwagens schmierte ab, und rammte ehe ich gegenlenken konnte einen der massiven stählernen Brückenpfeiler. Wir drehten uns im Kreis wie Kinder auf einer Drehscheibe, und als Nächstes sah ich die hellen Scheinwerfer des Polizeiwagens hinter uns. Der Polizist trat auf die Bremse – ich konnte die rote Spiegelung im Schneegestöber sehen –, aber das Eis erwischte auch ihn. Er fuhr direkt in uns hinein. Es folgte ein knirschender, ruckartiger Stoß, als wir wieder gegen die Pfeiler prallten. Ich wurde in Nonas Schoß geschleudert, und ich konnte selbst in diesem chaotischen Sekundenbruchteil ihre festen, runden Schenkel bewundern. Dann kam alles zum Stehen. Jetzt hatte der Polizist sein Blaulicht eingeschaltet. Blaue kreisende Schatten jagten über die Motorhaube des Lieferwagens und das verschneite Stahlskelett der Brücke von Harlow nach Castle Rock. Die Innenbeleuchtung des Streifenwagens ging an, als der Bulle ausstieg.
    Wäre er nicht hinter uns gewesen, wäre es nicht passiert. Dieser Gedanke ging mir unaufhörlich durch den Kopf wie bei einem Plattenspieler, dessen Nadel hängt. Ich grinste ein unnatürliches, gefrorenes Grinsen in die Dunkelheit, während ich auf dem Boden des Lieferwagens nach etwas suchte, womit ich zuschlagen konnte.
    Da stand ein offener Werkzeugkasten. Ich kam mit einem schweren Schraubenschlüssel hoch und legte ihn zwischen Nona und mich auf den Sitz. Der Bulle lehnte am Fenster, und sein Gesicht veränderte sich ständig im wechselnden Blinklicht wie das eines Teufels.
    »Für die Straßenverhältnisse ein bisschen zu schnell gefahren, was, Junge?«
    »Ein bisschen zu dicht aufgefahren, oder?«, fragte ich. »Für die Straßenverhältnisse?«
    Vielleicht errötete er. Es war im flackernden Licht schwer zu sagen.
    »Willst du frech werden, Junge?«
    »Wenn Sie mir die Beulen an Ihrem Wagen in die Schuhe schieben wollen.«
    »Lass mal Führerschein und Wagenpapiere sehen.«
    Ich zog meine Brieftasche heraus und gab ihm den Führerschein.
    »Wagenpapiere?«
    »Der Lieferwagen gehört meinem Bruder. Er hat die Papiere in der Brieftasche.«
    »Tatsächlich?« Er warf mir einen stechenden Blick zu und wollte mich einschüchtern. Als er sah, dass ihm das nicht so leicht gelingen würde, sah er an mir vorbei zu Nona. Ich hätte ihm die Augen für das auskratzen können, was ich darin sah. »Wie heißen Sie?«
    »Cheryl Craig, Sir.«
    »Was haben Sie denn mitten in einem Schneesturm im Lieferwagen seines Bruders zu suchen, Cheryl?«
    »Wir wollen meinen Onkel besuchen.«
    »In Castle Rock.«
    »So ist es.«
    »Ich kenne keine Craigs in Castle Rock.«
    »Sein Name ist Emonds. Bowen Hill.«
    »Stimmt das auch?« Er ging nach hinten, um das Nummernschild anzusehen. Ich öffnete die Tür und beugte mich hinaus. Er notierte sich die Nummer. Er kam zurück, während ich mich noch hinausbeugte und von der Taille aufwärts von seinen Scheinwerfern in grelles Licht getaucht wurde.

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