Blut - Skeleton Crew
deren Wucht die Motorklappen an den Seiten wie rote Drachenflügel aufstellte. Die Kühlerkappe schoss senkrecht in den Sommerhimmel. Eine Dampffontäne zischte hoch wie bei Old Faithful. Ein Schwall Öl ergoss sich über die Windschutzscheibe. Onkel Otto trat mit aller Gewalt auf die Bremse, aber der Cresswell hatte ungefähr seit einem Jahr die schlechte Angewohnheit, Bremsflüssigkeit zu verlieren, und das Pedal sank bis auf die Fußmatte. Er konnte nicht sehen, wohin er steuerte, und kam von der Straße ab, zuerst in den Graben und dann wieder hinaus. Wenn der Motor des Cresswell ausgesetzt hätte, wäre es vielleicht noch einmal gutgegangen. Aber der Motor lief weiter, und zuerst flog ein Kolben in die Luft, und dann folgten zwei weitere, wie Schwärmer am vierten Juli. Einer, so erzählte Onkel Otto, zischte auf seiner Seite geradewegs durch die Tür, die aufgesprungen war. Das Loch war groß genug, um eine Faust hindurchzustecken. In einer Wiese voller Goldruten kamen sie zum Stillstand. Sie hätten eine wunderbare Aussicht auf die White Mountains gehabt, wenn die Windschutzscheibe nicht mit Diamond-Gem-Öl verschmiert gewesen wäre.
Das war das Ende für McCutcheons Cresswell; er kam nie wieder weg von dieser Wiese. Nicht dass es Probleme mit dem Besitzer gegeben hätte; sie gehörte selbstverständlich den beiden. Ziemlich ernüchtert von diesem Erlebnis, stiegen die beiden Männer aus, um den Schaden zu überprüfen. Keiner war Mechaniker, aber man musste auch keiner sein, um zu sehen, dass der Schaden tödlich war. Onkel Otto war bestürzt – das hatte er jedenfalls meinem Vater gesagt – und bot an, den Laster zu bezahlen. George McCutcheon sagte ihm, er solle kein Narr sein. McCutcheon war, um die Wahrheit zu sagen, in einer Art Verzückung. Er hatte einen Blick auf die Wiese und das Bergpanorama geworfen und beschlossen, dass das der Ort war, wo er das Haus für seinen Ruhestand bauen würde. Genau das sagte er Onkel Otto in einem Ton, den man normalerweise bei einer religiösen Bekehrung anschlägt. Sie gingen zusammen zur Straße zurück und ließen sich von dem Lieferwagen der Cushman Bäckerei, der gerade zufällig vorbeikam, mitnehmen. McCutcheon erzählte meinem Vater, dass Gottes Hand im Spiel gewesen sein musste – er hatte den vollkommenen Standort gesucht, und da war er die ganze Zeit gewesen, auf dieser Wiese, an der sie drei- oder viermal die Woche vorbeigefahren waren, ohne sie einmal eines Blickes zu würdigen. Die Hand Gottes, rezitierte er, ohne zu wissen, dass er zwei Jahre später auf dieser Wiese sterben würde, zerquetscht unter der Vorderfront seines eigenen Lastwagens – des Lastwagens, der Onkel Ottos Lastwagen wurde, als George starb.
McCutcheon ließ Billy Dodd kommen, damit er seinen Abschleppwagen an den Cresswell hängte und ihn so herumdrehte, dass er zur Straße blickte. Damit er ihn jedes Mal, wenn er vorbeikam, mit der Gewissheit betrachten konnte, dass die Bauarbeiter kommen könnten, um seinen Keller auszuheben, sobald Dodd wieder den Haken anhängen und ihn endgültig abschleppen würde. Er hatte etwas von einem Träumer an sich, war aber nicht der Mann, der sich von einer Gefühlsduselei davon abhalten ließ, einen Dollar zu verdienen. Als ein Holzarbeiter namens Baker ein Jahr später auftauchte und die Felgen des Cresswell samt den Reifen kaufen wollte, weil sie die richtige Größe für seinen Wagen hatten, nahm McCutcheon die zwanzig Dollar des Mannes ohne langes Federlesen. Vergessen Sie nicht, diesem Mann gehörten damals eine Million Dollar. Er befahl Baker auch, den Laster ordentlich aufzubocken. Er sagte, er wollte nicht vorbeikommen und ihn dort hüfthoch verdeckt von Heu, Timotheusgras und Goldruten liegen sehen wie ein Wrack. Baker machte es. Ein Jahr später rutschte der Cresswell von den Blöcken herunter und zerquetschte McCutcheon. Die alten Männer erzählten die Geschichte mit sichtlichem Vergnügen, und zum Schluss sagten sie immer, dass der alte Georgie McCutcheon hoffentlich seinen Spaß an den zwanzig Dollar gehabt hätte.
Ich wuchs in Castle Rock auf. Als ich zur Welt kam, arbeitete mein Vater seit fast zehn Jahren für Schenck und McCutcheon, und der Lastwagen, der George McCutcheon gehört hatte und dann meinem Onkel Otto (zusammen mit allem, was McCutcheon besaß, war ein Markstein in meinem Leben. Meine Mutter kaufte bei Warren in Bridgton ein, und die Black Road Henry war der Weg dorthin. Darum sahen wir jedes Mal,
Weitere Kostenlose Bücher