Blut - Skeleton Crew
im Krankenhausbett lag; auch wenn es fast notwendig schien, eine andere menschliche Stimme zu hören, weil Mama in Lewiston war und es bald dunkel sein würde und Omi im anderen Zimmer lag und aussah wie (ja, o ja, das tat sie) eine Bärin, die noch einen kräftigen Tatzenhieb in sich hatte.
George ging die Milch holen.
Mama selbst war 1930 geboren worden, gefolgt von Tante Flo im Jahre 1932 und Onkel Franklin 1934. Onkel Franklin war 1948 an einem Blinddarmdurchbruch gestorben, und Mama weinte heute noch manchmal darüber und trug sein Bild bei sich. Frank war ihr von allen Brüdern und Schwestern der Liebste gewesen, und sie sagte, dass er nicht so hätte sterben müssen, an Bauchfellentzündung. Sie sagte, Gott hätte Foul gespielt, als Er Frank sterben ließ.
George sah über die Spüle zum Fenster hinaus. Das Licht war goldener und fiel schräg über die Hügel. Der Schatten ihres Schuppens hinten fiel über den ganzen Rasen. Wenn Buddy nicht sein blödes Bein gebrochen hätte, wäre Mama jetzt hier und würde Chili oder etwas anderes kochen (und Omis salzlose Diät), und sie würden sich alle unterhalten und lachen, später vielleicht Rommé spielen.
George knipste die Küchenlampe an, obwohl es dafür noch nicht dunkel genug war. Dann schaltete er die Herdplatte unter seinen Makkaroni auf NIEDRIGE TEMPERATUR. Seine Gedanken kreisten ständig um Omi, wie sie wie ein großer fetter Wurm im rosa Kleid aus Kunstseide, mit wirren, offenen schulterlangen Haaren in ihrem weißen Vinylsessel gesessen und die Arme nach ihm ausgestreckt hatte, und er weinend zurückgewichen war und sich an seine Mutter klammerte.
Schick ihn zu mir, Ruth. Ich möchte ihn umarmen.
Er hat ein bisschen Angst, Mama. Er wird schon noch kommen. Aber auch seine Mutter hörte sich ängstlich an.
Ängstlich? Mama?
George hielt inne und dachte nach. Stimmte das? Buddy sagte, dass das Gedächtnis einen täuschen könne. Hatte sie wirklich ängstlich geklungen?
Ja. Das hatte sie.
Omis diktatorische Stimme: Verhätschle den Jungen nicht, Ruth! Schick ihn her zu mir; ich will ihn umarmen.
Nein. Er weint.
Und als Omi die dicken Arme, an denen das Fleisch in großen teigigen Stücken hing, endlich gesenkt hatte, war ein seniles, hämisches Lächeln über ihr Gesicht geglitten, und sie hatte gesagt: Sieht er wirklich wie Franklin aus, Ruth? Ich erinnere mich, dass du gesagt hast, er gerät nach Frank.
Langsam rührte George die Käsemakkaroni um. Er hatte sich bisher nie an diesen Vorfall erinnert. Vielleicht hatte die Stille im Haus das bewirkt. Die Stille und das Alleinsein mit Omi.
Omi bekam also Kinder und unterrichtete, und die Ärzte waren angemessen verblüfft, und Opa zimmerte, wurde immer wohlhabender und fand sogar während der größten Depression Arbeit, und schließlich begannen die Leute zu reden, sagte Mama.
Was haben sie gesagt?, fragte George.
Nichts Wichtiges, sagte Mama, aber sie sammelte plötzlich die Karten ein. Sie sagten, dein Opa und deine Omi hätten zu viel Glück für Normalsterbliche. Und kurz danach wurden die Bücher gefunden. Mehr wollte Mama nicht sagen, nur noch, der Schulrat hätte einige gefunden, und ein eigens dafür engagierter Mann noch mehr. Es gab einen großen Skandal. Opa und Omi zogen nach Buxton, und das war das Ende.
Die Kinder wuchsen heran, bekamen selbst Kinder und machten einander zu Onkel und Tanten; Mama heiratete und zog mit Dad (an den George sich nicht einmal erinnern konnte) nach New York. Buddy wurde geboren, dann zogen sie nach Stratford, 1969 wurde George geboren, und 1971 wurde Dad von einem Auto überfahren und getötet, das von dem »betrunkenen Mann der ins Gefängnis musste« gefahren worden war.
Als Opa seinen Herzinfarkt bekam, setzte ein lebhafter Briefwechsel zwischen den Onkeln und Tanten ein. Sie wollten die alte Frau nicht in ein Pflegeheim abschieben. Und sie selbst wollte auch nicht in eine Pflegeheim. Wenn Omi etwas nicht wollte, war es immer vernünftiger, sich ihren Wünschen zu beugen. Die alte Frau wollte zu einem von ihnen ziehen und den Rest ihres Lebens bei diesem Kind verbringen. Aber alle waren verheiratet, und ihre Ehepartner hatten keine Lust, ihr Heim mit einer senilen und häufig unangenehmen alten Frau zu teilen. Alle waren verheiratet, außer Ruth.
Die Briefe gingen hin und her, und schließlich gab Georges Mutter nach. Sie kündigte ihren Job und zog nach Maine, um sich um die alte Dame zu kümmern. Die anderen hatten für ein kleines
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