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Blut - Skeleton Crew

Blut - Skeleton Crew

Titel: Blut - Skeleton Crew Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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bisschen länger zuhören.
    Das war die Wahrheit.
    Ist es Buddys Idee gewesen?
    So war es, aber das hätte George nie zugegeben. Er wollte nicht mit dem Kopf auf dem Rücken herumlaufen, und das konnte passieren, wenn Buddy erfuhr, dass er geplaudert hatte.
    Nein, meine.
    Mama hatte lange Zeit schweigend dagesessen, dann hatte sie weiter ihre Karten gelegt. Vielleicht ist es an der Zeit, dass du es erfährst, hatte sie gesagt: Lügen ist schlimmer als horchen, finde ich, und wir alle lügen unseren Kindern über Omi etwas vor. Und wir lügen uns selbst etwas vor. Die meiste Zeit über. Und dann sprach sie voll leidenschaftlicher Verbitterung weiter, dass es war, als würde ihr Säure zwischen den Zähnen hervorquellen. George hatte das Gefühl, ihre Worte wären so heiß, sie würden ihm das Gesicht verbrennen, wenn er nicht zurückwich. Abgesehen von mir. Ich muss mit ihr leben, und ich kann mir den Luxus des Lügens nicht mehr leisten.
    Und so hatte Mama ihm erzählt, dass Opa und Oma geheiratet hatten und ihr erstes Kind tot zur Welt gekommen war, und ein Jahr später hatten sie wieder ein Baby, und das kam auch tot zur Welt, und der Arzt hatte Omi erklärt, sie würde nie ein gesundes Kind austragen können, sie würde auch künftig nur tote Babys zur Welt bringen, oder Babys, die sterben, sobald sie ihren ersten Atemzug machten. Er erklärte ihr, das würde immer so weitergehen, bis eines so früh in ihr sterben würde, dass der Körper es nicht abstoßen konnte, und es würde da drinnen verwesen und auch sie selbst umbringen.
    Das hatte der Arzt ihr gesagt.
    Nicht lange danach begann das mit den Büchern.
    Bücher, wie man Babys bekommt?
    Aber Mama konnte – oder wollte – ihm nicht sagen, was für Bücher es gewesen waren, wie Omi sie bekommen oder woher sie gewusst hatte, wie sie sie bekommen konnte. Omi war wieder schwanger geworden, und dieses Mal kam das Baby weder tot zur Welt noch starb es nach den ersten Atemzügen; dieses Mal war das Baby gesund, und das war Georges Onkel Larson. Und danach wurde Omi immer wieder schwanger und bekam Babys. Einmal, sagte Mama, versuchte Opa, Omi zu überreden, die Bücher wegzuwerfen, um zu sehen, ob es auch ohne sie ging (und selbst wenn nicht, war Opa der Ansicht, dass sie genug Bälger hatten und es nicht mehr darauf ankam), aber Omi weigerte sich. George fragte seine Mutter warum, und sie sagte: »Ich nehme an, dass es da schon so wichtig für sie war, die Bücher zu haben, wie die Babys.«
    »Versteh ich nicht«, sagte George.
    »Also, ich bin mir nicht sicher, ob ich es verstehe«, sagte Georges Mutter. »Vergiss nicht, ich war noch sehr klein. Ich weiß nur, dass diese Bücher Macht über sie gewannen. Sie sagte, es gäbe keine Diskussionen mehr darüber und dabei blieb es. Weil Omi in unserer Familie die Hosen anhatte.«
     
    George klappte das Geschichtsbuch klatschend zu. Er sah auf die Uhr und stellte fest, dass es fast fünf war. Sein Magen knurrte leise. Plötzlich dachte er mit so etwas wie Entsetzen, wenn Mama bis gegen sechs nicht zu Haus war, würde Omi aufwachen und nach ihrem Abendessen schreien. Mama hatte vergessen, ihm dafür Anweisungen zu geben, vermutlich weil sie sich so wegen Buddys Bein aufgeregt hatte. Er glaubte, dass er Omi eine ihrer speziellen tiefgefrorenen Mahlzeiten machen konnte. Sie waren speziell, weil Omi eine salzlose Diät einhalten musste. Außerdem musste sie schätzungsweise tausend verschiedene Pillen schlucken.
    Was ihn selbst betraf, er konnte die Reste der Käsemakkaroni von gestern aufwärmen. Wenn er eine Menge Ketchup darüberschüttete, würden sie ganz gut schmecken.
    Er holte die Käsemakkaroni aus dem Kühlschrank, löffelte sie in eine Pfanne und stellte die Pfanne auf den Herd neben den Teekessel, der immer noch bereitstand, falls Omi aufwachte und ihre »Aufmunterungstasse« haben wollte, wie sie sich manchmal ausdrückte. George wollte sich ein Glas Milch holen, zögerte und nahm den Telefonhörer wieder ab.
    »… und ich traute meinen Augen kaum, als …« Henrietta Dodds Stimme verstummte und fuhr schrill fort: »Ich möchte wissen, wer dauernd in dieser Leitung mithört!«
    George legte hastig und mit brennendem Gesicht den Hörer auf.
    S ie weiß nicht, dass du es bist, Dummkopf. Die Leitung wird von sechs Teilnehmern benutzt!
    Trotzdem war es falsch zu horchen, wenn auch nur um eine andere Stimme zu hören, wenn man allein im Haus war, allein mit Ausnahme von Omi, dem Fettkloß, der im anderen Zimmer

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