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Blut - Skeleton Crew

Blut - Skeleton Crew

Titel: Blut - Skeleton Crew Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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quietschenden Scharniere des Hauses an. Er wich zurück und zog Omis Körper unter der Decke schief, und dann fiel die Hand zuckend, zitternd und um sich greifend wieder herunter … entspannte sich und wurde wieder schlaff.
    Alles ist in Ordnung, es war nichts, es war nur ein Reflex.
    George nickte verständig, dann fiel ihm wieder ein, wie ihre Hand sich in seiner gedreht und ihn am Handgelenk gepackt hatte, und er schrie laut auf. Die Augen quollen ihm aus den Höhlen. Die Haare standen ihm zu Berge. Sein Herz war eine amoklaufende Stanzmaschine in der Brust. Die Erde kippte irre, wurde wieder eben und bewegte sich einfach weiter, bis sie zur anderen Seite gekippt war. Jedes Mal, wenn er versuchte, einen vernünftigen Gedanken zu fassen, wurde er von panischer Angst geschüttelt. Er wirbelte herum und wollte nur aus diesem Zimmer heraus in ein anderes – oder sogar drei oder vier Meilen die Straße hinab, wenn nötig, um alles wieder unter Kontrolle zu bekommen. Er wirbelte herum, verfehlte die offene Tür um gut sechzig Zentimeter und rast mit voller Wucht gegen die Wand.
    Er prallte zurück und fiel zu Boden, stechender Schmerz sang in seinem Schädel, schneidender Schmerz, der sogar durch die Panik drang. Er berührte seine Nase, und seine Hand wurde blutig. Frische Blutstropfen befleckten sein Hemd. Er kam taumelnd auf die Füße und sah sich wild um.
    Der Arm hing wieder auf dem Boden wie zuvor, aber Omis Leichnam war nicht mehr schräg; er lag auch wie zuvor.
    Er hatte sich alles nur eingebildet. Er war ins Zimmer gekommen, und alles Übrige hatte sich nur in seiner Fantasie abgespielt.
    Nein.
    Aber der Schmerz hatte ihm zu einem klaren Kopf verholfen. Tote konnten niemand am Handgelenk packen. Tot war tot. Wenn man tot war, konnten sie einen als Hutablage benützen oder in einen Traktorreifen stopfen und bergab rollen oder et cetera, et cetera, et cetera. Wenn man tot war, musste man alles über sich ergehen lassen (beispielsweise den Versuch kleiner Jungen, tote baumelnde Hände ins Bett zurückzulegen), aber man selbst konnte nicht mehr handeln.
    Es sei denn, man war eine Hexe. Es sei denn, man suche sich eine Zeit zum Sterben aus, wo außer einem Kind niemand in der Nähe war, denn dann konnte man am besten … konnte man …
    Was?
    Nichts. Es war albern. Er hatte sich die ganze Sache eingebildet, weil er Angst gehabt hatte, und das war alles. Er wischte sich die Nase mit dem Unterarm ab und zuckte vor Schmerz zusammen. Eine Blutspur zog sich über die Haut auf der Innenseite seines Unterarmes.
    Er würde nicht mehr nahe zu ihr gehen, das war alles. Realität oder Halluzination, er würde sich nicht mit Omi anlegen. Das grelle Ledern der Panik war vorüber, aber er hatte immer noch schreckliche Angst, war den Tränen nahe, zitterte beim Anblick seines Blutes und wollte nur, dass seine Mutter heimkommen und übernehmen würde.
    George wich aus dem Zimmer zurück und ging durch den Flur in die Küche. Er holte tief und zitternd Luft und stieß sie wieder aus. Er wollte einen nassen Lappen für seine Nase holen und hatte plötzlich das Gefühl, er müsste sich gleich übergeben. Er ging zur Spüle und drehte den Kaltwasserhahn auf. Er bückte sich, holte einen Lappen aus dem Schränkchen unter dem Becken – ein Stück von einer alten Windel von Omi – und hielt ihn unter den kalten Wasserstrahl, während er Blut in der Nase hochschniefte. Er tränkte das weiche Baumwolltuch der Windel, bis seine Hand vor Kälte taub war, dann drehte er den Hahn zu und wrang es aus.
    Er wollte es gerade auf die Nase legen, als Omis Stimme aus dem anderen Zimmer ertönte.
    »Komm her, Junge«, rief Omi mit toter, summender Stimme. »Komm hier rein – Omi möchte dich umarmen. «
    George wollte schreien, brachte aber keinen Laut hervor. Überhaupt keine Laute. Dafür waren aus dem anderen Zimmer Geräusche zu hören. Geräusche, die er oft gehört hatte, wenn Mama drinnen war und Omi im Bett wusch, wenn sie Omis massigen Körper anhob, drehte, und wieder sinken ließ.
    Nur schienen diese Geräusche jetzt eine etwas andere, aber dennoch eindeutige Bedeutung zu haben – es hörte sich an, als versuchte Omi … aus dem Bett zu steigen.
    »Junge! Komm her zu mir, Junge! Auf der STELLE! Beeil dich!«
    Voller Entsetzen stellte er fest, dass seine Füße diesem Befehl gehorchten. Er sagte ihnen, sie sollten stehen bleiben, aber sie gingen trotzdem auf dem Linoleum vorwärts, linker Fuß, rechter Fuß, schöner Fuß,

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