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Blut - Skeleton Crew

Blut - Skeleton Crew

Titel: Blut - Skeleton Crew Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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überall im Haus nach dem Original des Briefes und hoffte verzweifelt, ich hätte ihn nicht abgeschickt. Aber ich hatte ihn abgeschickt. Und ich brachte diesen Tag nur hinter mich, weil ich den festen Entschluss fasste, mich meinen Problemen mannhaft zu stellen und alles wieder auf die Reihe zu kriegen.
    Am folgenden Mittwoch bekam ich einen Brief von Reg. Eine Seite, handgeschrieben. Überall ›Fornit bitte Fornus‹ gekritzelt. In der Mitte nur Folgendes: ›Sie hatten recht. Danke, danke, danke, Reg. Sie hatten recht. Jetzt ist alles in Ordnung. Reg. Vielen Dank. Reg. Dem Fornit geht es gut. Reg. Danke. Reg.‹«
    »Herrje«, sagte die Frau des Schriftstellers.
    »Ich wette, seine Frau hatte eine Mordswut«, sagte die Frau des Agenten.
    »Nein, hatte sie nicht. Weil es funktionierte.«
    »Funktionierte?«, sagte der Agent.
    »Er bekam meinen Brief am Montag mit der Morgenpost. Am Montagnachmittag ging er zum städtischen E-Werk und sagte ihnen, sie sollten den Strom bei ihm abstellen. Jane Thorpe wurde natürlich hysterisch. Ihr Herd war elektrisch, sie hatte tatsächlich einen Mixer, eine Nähmaschine, eine Waschmaschine, einen Wäschetrockner, nun, Sie wissen ja. Am Montagabend hätte sie bestimmt am liebsten meinen Kopf auf einem Teller gesehen.
    Aber Regs Verhalten überzeugte sie davon, dass ich kein Verrückter, sondern ein Wunderheiler war. Er setzte sich mit ihr ins Wohnzimmer und redete vernünftig. Er sagte, er wüsste genau, dass er sich merkwürdig benommen hatte. Er wusste, dass sie sich Sorgen machte. Er sagte, dass er sich ohne Elektrizität wesentlich besser fühlte und ihr mit Freuden bei allen dadurch entstehenden Unbequemlichkeiten helfen würde. Und dann schlug er vor, sie sollten nach nebenan gehen und hallo sagen.«
    »Doch nicht zu den KGB-Agenten mit dem Radium im Lieferwagen?«, fragte der Schriftsteller.
    »Doch, zu denen. Jane war völlig perplex. Sie erklärte sich bereit, mit ihm hinzugehen, aber sie erzählte mir, dass sie sich für eine hässliche Szene wappnete. Beschuldigungen, Drohungen, Hysterie. Sie spielte mit dem Gedanken, Reg zu verlassen, wenn er sich nicht mit seinem Problem helfen lassen würde. An dem Mittwochmorgen erzählte sie mir am Telefon, sie hätte sich eines geschworen: Der abgestellte Strom war der vorletzte Strohhalm. Noch eines, und sie würde nach New York fahren. Sie bekam Angst, wissen Sie. Die Lage hatte schier unerträgliche Ausmaße angenommen, und obwohl sie ihn liebte, konnte sie einfach nicht mehr so weitermachen. Sie hatte beschlossen, die Koffer zu packen, falls Reg auch nur eine seltsame Bemerkung zu den Studenten von nebenan machen würde. Viel später habe ich erfahren, dass sie sogar schon vorsichtige Erkundigungen über die Formalitäten in Nebraska eingezogen hatte, um jemand gegen seinen Willen einweisen zu lassen.«
    »Die arme Frau«, murmelte die Frau des Schriftstellers.
    »Der Abend wurde ein durchschlagender Erfolg«, sagte der Redakteur. »Reg war so charmant, wie er nur sein konnte … und laut Jane war das wirklich sehr charmant. Sie hatte ihn seit drei Jahren nicht mehr so aufgedreht erlebt. Verdrossenheit und Heimlichtuerei waren verschwunden. Ebenso das nervöse Zucken. Das unwillkürliche Zusammenzucken und die Blicke über die Schulter, wenn irgendwo eine Tür aufging. Er trank ein Bier und unterhielt sich über alle Themen, die in dem düsteren, fernen Zeiten damals aktuell waren: den Krieg, die Möglichkeit einer Freiwilligenarmee, die Krawalle in den Großstädten, die Rauschgiftgesetze.
    Irgendwie kamen sie darauf, dass er der Verfasser von Underworld Figures war, und die Studenten waren … ›autorenverrückt‹, wie Jane es ausdrückte. Drei der vier hatten es gelesen, und der Außenseiter zögerte mit Sicherheit auf dem Weg zur Bücherei.«
    Der Schriftsteller nickte lachend. Das kannte er auch.
    »Gut«, sagte der Redakteur. »Wollen wir Reg Thorpe und seine Frau eine Weile verlassen, ohne elektrischen Strom, aber glücklicher als sie seit langer Zeit gewesen sind …«
    »Ein Glück, dass er keine elektrische IBM hatte«, sagte der Agent.
    »… und uns wieder Le Redakteur zuwenden. Zwei Wochen sind vergangen. Der Sommer geht zu Ende. Le Redakteur hatte seinen Vorsatz, nicht mehr zu trinken, natürlich mehrmals gebrochen, es aber insgesamt ganz gut geschafft, respektabel zu bleiben. Alles geht seinen gewohnten Gang. In Cape Kennedy treffen sie die letzten Vorbereitungen, einen Menschen auf den Mond zu schießen.

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