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Blut - Skeleton Crew

Blut - Skeleton Crew

Titel: Blut - Skeleton Crew Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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betreffende Person anfängt, in der Stadt herumzulaufen, Leitern umzustoßen und vielleicht Menschen zu verletzen, die darauf arbeiten. Es wird nicht als geisteskrankes Verhalten betrachtet, wenn jemand einen Bogen um eine Leiter macht statt unter ihr durchzugehen. Auch nicht, wenn jemand Leserbriefe an die Zeitung schreibt und behauptet, dass New York City pleite ist, weil so viele Leute achtlos unter Leitern von Arbeitern durchgehen. Aber es ist irrenhausreif, wenn jemand anfängt, Leitern umzustoßen.«
    »Weil das offenkundig ist«, murmelte der Schriftsteller.
    Der Agent sagte: »Wissen Sie, Henry, Sie haben den Nagel auf den Kopf getroffen. Ich habe beispielsweise die Manie, nie drei Zigaretten mit demselben Streichholz anzuzünden. Ich weiß nicht, wie das gekommen ist, aber es ist so. Einmal habe ich gelesen, dass es auf den Stellungskampf im Ersten Weltkrieg zurückgeht. Anscheinend haben die deutschen Scharfschützen gewartet, bis die Tommys sich Zigaretten angezündet haben. Bei der ersten konnten sie die Entfernung abschätzen. Bei der zweiten den Windeinfluss. Und bei der dritten verpassten sie dem Kerl einen Kopfschuss. Aber es änderte für mich nichts, dass ich das wusste. Ich kann immer noch nicht drei mit einem Streichholz anzünden. Ein Teil von mir sagt, dass es nichts ausmacht, wenn ich ein Dutzend Zigaretten mit einem Streichholz anzünde. Aber der andere Teil von mir – diese sehr ominöse Stimme, wie von einem inneren Boris Karloff – sagt: ›Ohhhh, wenn du das tuuuuust …‹ «
    »Aber nicht jeder Wahnsinn ist abergläubisch, oder?«, fragte die Frau des Schriftstellers schüchtern.
    »Nicht?«, erwiderte der Redakteur. »Jeanne d’Arc hörte himmlische Stimmen. Manche Menschen glauben, von Dämonen besessen zu sein. Andere sehen Kobolde … oder Teufel … oder Fornits. Die Ausdrücke, die wir für Wahnsinn verwenden, beschwören Aberglauben in dieser oder jener Form. Manie … Abnormität … Irrationalität … Irrsinn … Wahnsinn. Für den Verrückten ist die Realität verzerrt. Die ganze Person setzt sich in der kleinen Zelle mit dem Revolver zusammen.
    Aber der rationale Teil von mir war noch vorhanden. Verletzt, blutend, zornig und ziemlich ängstlich, aber immer noch funktionsfähig. Er sagte: ›Oh, schon gut. Morgen, wenn du wieder nüchtern bist, kannst du alles wieder einstecken, Gott sei Dank. Spiel dein Spielchen, wenn es sein muss. Aber mehr auch nicht. Nicht weiter.‹
    Diese rationale Stimme hatte recht, Angst zu haben. Etwas in uns fühlt sich sehr zum Wahnsinn hingezogen. Jeder, der von einem hohen Gebäude in die Tiefe blickt, verspürt einen leichten morbiden Drang zu springen. Und jeder, der sich einmal eine geladene Pistole an die Schläfe gesetzt hat …«
    »Bäh, nicht«, sagte die Frau des Schriftstellers. »Bitte.«
    »Nun gut«, sagte der Redakteur. »Ich wollte nur sagen: Selbst der vernünftigste Mensch ist nur durch ein öliges Seil mit seinem Verstand verbunden. Das ist meine feste Überzeugung. Die Stromleitungen der Vernunft sind schlampig ins menschliche Tier eingebaut.
    Nachdem ich alle Stecker herausgezogen hatte, ging ich in mein Arbeitszimmer, schrieb Reg Thorpe einen Brief, steckte ihn in einen Umschlag, klebte eine Briefmarke darauf und brachte ihn zum Briefkasten. Ich erinnere mich nicht mehr daran, dass ich das alles wirklich gemacht habe. Ich war viel zu betrunken. Aber es muss so gewesen sein, denn als ich am nächsten Morgen aufstand, lag der Durchschlag noch neben meiner Schreibmaschine, zusammen mit Briefmarken und Umschlägen. Der Brief entsprach dem, was man von einem Betrunkenen erwarten konnte. Letzten Endes lief er auf folgendes hinaus: Die Feinde wurden ebenso von Elektrizität wie den Fornits selbst angezogen. Befreie dich von der Elektrizität, dann bist du auch deine Feinde los. Ganz unten hatte ich geschrieben: ›Die Elektrizität verwirrt Ihr klares Denkvermögen, Reg. Interferenz mit Gehirnwellen. Hat Ihre Frau einen Mixer?‹«
    »Damit hatten Sie gewissermaßen angefangen, Leserbriefe an die Zeitung zu schreiben«, sagte der Schriftsteller.
    »Ja. Ich schrieb diesen Brief an einem Freitagabend. Am Samstagmorgen stand ich gegen elf mit einem Mordskater auf und wusste nur noch verschwommen, welchen Schabernack ich am Vorabend gespielt hatte. Ich schämte mich, als ich alle Stecker wieder einsteckte. Und ich schämte mich noch mehr – und bekam Angst –, als ich sah, was ich Reg geschrieben hatte. Ich suchte

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