Blut - Skeleton Crew
Die neue Ausgabe von Logan’s mit John Lindsay auf dem Titelblatt, liegt in den Zeitschriftenkiosken aus und verkauft sich wie immer miserabel. Ich hatte einen Vertragsentwurf für eine Kurzgeschichte mit dem Titel ›Die Ballade von der flexiblen Kugel‹ vorbereitet, Autor Reg Thorpe, Erstabdrucksrechte, empfohlenes Erscheinungsdatum Januar 1970, empfohlenes Honorar 800 Dollar, was damals Standard für eine Titelgeschichte war.
Ich bekam einen Anruf von meinem Vorgesetzten Jim Dohegan. Ob ich zu ihm raufkommen konnte? Um zehn Uhr morgens betrat ich picobello und in bester Stimmung sein Büro. Erst später fiel mir ein, dass Janey Morrison, seine Sekretärin, wie eine lebende Totenklage ausgesehen hatte.
Ich setzte mich und fragte Jim, was ich für ihn tun könne oder umgekehrt. Ich will nicht behaupten, dass ich nicht an Reg Thorpe gedacht hätte; diese Kurzgeschichte war ein toller Coup für Logan’s, und ich vermutete, dass Jim mir gratulieren wollte. Sie können sich also vorstellen, wie fassungslos ich war, als er zwei Vertragsentwürfe auf dem Schreibtisch zu mir herüberschob. Die Thorpe-Geschichte und eine Novelle von John Updike, die als Titelgeschichte der Februarausgabe geplant gewesen war. Beide trugen den Stempel: ABGELEHNT.
Ich sah die abgelehnten Vorverträge an. Ich sah Jimmy an. Ich verstand die Welt nicht mehr. Ich konnte mein Gehirn nicht dazu bringen, sich zu überlegen, was das zu bedeuten hatte. Es war völlig blockiert. Ich sah mich um und erblickte seine Kochplatte. Janey brachte sie ihm jeden Morgen, sobald sie zur Arbeit kam, und steckte den Stecker rein, damit er jederzeit frischen Kaffee hatte. Das war seit drei Jahren oder mehr Routine bei Logan’s. Aber an dem Morgen konnte ich nur denken: Wenn der Stecker von diesem Ding draußen wäre, könnte ich klar denken. Ich weiß genau, wenn der Stecker draußen wäre, würde ich es auf die Reihe kriegen:
Ich sagte: ›Was soll das, Jim?‹
›Tut mir leid, Henry‹, sagte er. ›Aber ich muss Ihnen sagen, dass Logans ab Januar 1970 keine Kurzgeschichten mehr veröffentlichen wird.‹«
Der Redakteur wollte sich eine neue Zigarette anzünden, aber seine Packung war leer. »Hat jemand eine Zigarette?«
Die Frau des Schriftstellers gab ihm eine Salem.
»Danke, Meg.«
Er zündete sie an, schüttelte das Streichholz aus und zog kräftig. Die Spitze glühte in der Dunkelheit.
»Nun, ich bin mir sicher, dass Jim mich für verrückt hielt«, sagte er. »Ich sagte: ›Entschuldigung‹, beugte mich vor und zog den Stecker der Kochplatte aus der Steckdose.
Er klappte den Mund auf und fragte: ›Was soll das, Henry?‹
›Es fällt mir schwer nachzudenken, wenn so was angeschlossen ist‹, sagte ich. ›Interferenz.‹ Und das schien tatsächlich zu stimmen, denn nachdem der Stecker raus war, konnte ich die Situation viel klarer sehen. ›Soll das heißen, dass ich gefeuert bin?‹, fragte ich ihn.
›Ich weiß nicht‹, sagte er. ›Das hängt von Sam und dem Vorstand ab. Ich weiß es einfach nicht, Henry.‹
Ich hätte eine Menge sagen können. Ich nehme an, Jimmy erwartete, ich würde inbrünstig um meinen Job betteln. Sie kennen die Redewendung: ›Er hängt völlig in der Luft?‹ … Ich würde sagen, dass man erst richtig versteht, was das bedeutet, wenn man der Leiter einer plötzlich nicht mehr existierenden Redaktion ist.
Aber ich flehte weder für mich noch für Kurzgeschichten in Logan’s. Ich flehte nur für Reg Thorpes Kurzgeschichte. Zuerst sagte ich, wir könnten sie vor dem Stichtag bringen – in der Dezemberausgabe.
Jimmy sagte: ›Kommen Sie, Henry, die Dezemberausgabe ist voll. Das wissen Sie. Und wir sprechen von zehntausend Worten.‹
›Neuntausendachthundert‹, sagte ich.
›Plus eine ganzseitige Illustration‹, sagte er. ›Vergessen Sie es.‹
›Nun, dann lassen wir die Illustration weg‹, sagte ich. ›Hören Sie, Jimmy, es ist eine großartige Geschichte, vielleicht die beste, die wir in den letzten fünf Jahren hatten.‹
Jimmy sagte: ›Ich habe sie gelesen, Henry. Ich weiß, dass es eine großartige Geschichte ist. Aber wir können sie nicht bringen. Nicht im Dezember. Es ist Weihnachten, um Gottes willen, und Sie wollen den Leuten eine Geschichte unter den Weihnachtsbaum legen, in der der Held seine Frau und Tochter umbringt? Sie müssen …‹ Er verstummte, aber ich sah, wie er zu seiner Kochplatte sah. Er hätte es auch laut sagen können.«
Der Schriftsteller nickte, ohne den Blick von
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