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Blut - Skeleton Crew

Blut - Skeleton Crew

Titel: Blut - Skeleton Crew Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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frei ist.«
    »Klar«, sagte Norm und ging aufgeregt davon.
    »Das ist doch verrückt«, sagte ich. »Sie lassen die Frau allein weggehen und dann …«
    »Mir ist nicht aufgefallen, dass Sie sich darum gerissen haben, sie zu begleiten«, entgegnete Jims Kumpel Myron. Eine hässliche ziegelfarbene Röte stieg ihm ins Gesicht.
    »… lassen Sie zu, dass dieser Junge sein Leben riskiert, und das für einen Generator, der nicht mal wichtig ist?«
    »Warum stopfen Sie diesem Scheißer nicht einfach das Maul?«, brüllte Norm.
    »Hören Sie, Mr. Drayton«, sagte Jim und lächelte mich kalt an. »Ich werd Ihnen mal was sagen. Wenn Sie noch mehr Weisheiten auf Lager haben, sollten Sie vorher lieber Ihre Zähne zählen. Ich hab’s satt, mir Ihren Scheiß anzuhören!«
    Ollie sah mich an. Seine Angst stand ihm ins Gesicht geschrieben. Ich zuckte die Achseln. Sie waren total übergeschnappt, das war alles. Sie hatten vorübergehend ihr Urteilsvermögen eingebüßt. Vorne im Supermarkt waren sie verwirrt und beunruhigt gewesen. Hier drin standen sie vor einem konkreten mechanischen Problem: einem verstopften Generator. Es war möglich, dieses Problem zu lösen. Es zu lösen, würde ihnen helfen, sich weniger verwirrt und hilflos zu fühlen. Deshalb wollten sie es lösen.
    Jim und sein Freund Myron erkannten, dass ich mich geschlagen gab, und begaben sich wieder in den Generatorverschlag. »Fertig, Norm?«, fragte Jim.
    Norm nickte, dann ging ihm auf, dass sie sein Nicken nicht hören konnten. »Ja«, rief er.
    »Norm«, sagte ich in einem allerletzten Versuch. »Seien Sie doch kein Narr!«
    »Es ist ein Fehler«, fügte Ollie hinzu.
    Er sah uns an, und plötzlich war es nicht mehr das Gesicht eines Achtzehnjährigen. Es war das Gesicht eines kleinen Jungen. Sein Adamsapfel hüpfte hektisch auf und ab, und ich sah, dass er vor Angst ganz grün war. Er öffnete den Mund und wollte etwas sagen – ich glaube, er wollte die Sache abblasen –, und in diesem Moment erwachte der Generator dröhnend zu neuem Leben, und sobald er gleichmäßig lief, drückte Norm auf den Knopf rechts neben der Tür, und sie bewegte sich auf ihren Doppelgleitschienen aus Stahl langsam nach oben. Die Notlampen waren angegangen, als der Generator eingeschaltet worden war. Jetzt wurden sie dunkler, weil der Motor Saft abzog.
    Die Schatten flohen und lösten sich auf. Das weiche, weiße Licht eines verhangenen Wintertags strömte langsam in den Lagerraum. Wieder fiel mir jener eigenartige beißende Geruch auf.
    Die Ladetür glitt fünfzig Zentimeter nach oben, dann einen Meter. Draußen konnte ich eine quadratische Betonplattform erkennen, deren Kanten mit einem gelben Streifen markiert waren. Das Gelb verblasste und verschwand nach knapp einem Meter. Der Nebel war unglaublich dicht.
    »Abstellen!«, rief Norm.
    Nebelschleier, so weiß und fein wie hauchdünne Spitze wirbelten herein. Die Luft war kalt. Es war den ganzen Vormittag auffallend kühl gewesen, besonders nach der schwülen Hitze der letzten drei Wochen, aber es war eine sommerliche Kühle gewesen. Dies war Kälte. Wie im März. Mich fröstelte. Und ich dachte an Steff.
    Der Generator verstummte. Jim kam heraus, als Norm sich gerade unter der Tür bückte. Er sah es. Ich sah es. Und Ollie ebenfalls.
    Ein Tentakel glitt über die Kante der betonierten Laderampe und schlang sich um Norms Wade. Mir klappte die Kinnlade herunter. Ollie stieß einen kurzen, kehligen Laut der Überraschung aus – uk! Der Umfang des Tentakels reichte von dreißig Zentimetern – so lang wie eine Ringelnatter – an der Stelle, wo es sich um Norms Wade schlang bis zu ein oder eineinhalb Metern, wo es im Nebel verschwand. Oben war es schiefergrau, darunter von einem fleischfarbenen Rosa. Und auf der Unterseite waren Saugnäpfe, die sich bewegten und zuckten wie Hunderte kleiner faltiger Münder.
    Norm schaute an sich herunter. Er sah, was ihn gepackt hatte. Seine Augen traten vor Entsetzen fast aus den Höhlen. »Befreit mich davon! He, so befreit mich doch davon! Um Himmels willen, befreit mich doch von diesem fürchterlichen Ding!«
    »O mein Gott!«, wimmerte Jim.
    Norm packte das untere Ende der Ladetür und schwang sich wieder herein. Das Tentakel schien zu schwellen wie ein Oberarm, wenn man ihn spannt. Norm wurde zurückgerissen  – sein Kopf prallte gegen die Wellblechtür. Das Tentakel schwoll stärker an, und Norms Beine und sein Unterleib wurden hinausgezogen. Sein Hemd blieb an der unteren Türkante

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