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Blut - Skeleton Crew

Blut - Skeleton Crew

Titel: Blut - Skeleton Crew Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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reglos dalag. Ich berührte es mit der Spitze des Besenstiels. Das Tentakelstück, etwa einen Meter lang, schloss sich sekundenlang wild um den Stiel, dann erschlaffte es und lag wieder bewegungslos zwischen dem Durcheinander aus Toilettenpapier, Hundefutter und Waschmittelkartons.
    Die einzigen Geräusche waren das Dröhnen des Generators und Ollies Schluchzen aus dem Generatorverschlag. Er saß dort auf einem Hocker und hatte sein Gesicht in den Händen vergraben.
    Dann nahm ich ein anderes Geräusch wahr. Das leise schabende, schlurfende Geräusch, das ich im Dunkeln gehört hatte. Nur war es jetzt um das Zehnfache verstärkt. Es war das Geräusch von Tentakeln, die über die Außenfläche der Ladetür glitten und nach einem Eingang suchten.
    Myron machte ein paar Schritte auf mich zu. »Hören Sie«, sagte er. »Sie müssen verstehen …«
    Ich schlug ihm eine Faust ins Gesicht. Er war zu überrascht, eine Abwehr auch nur zu versuchen. Meine Faust landete direkt unter der Nase und klatschte die Oberlippe gegen die Zähne. Blut floss ihm in den Mund.
    »Sie haben ihn umgebracht«, brüllte ich. »Haben Sie es sich genau angesehen? Haben Sie sich genau angesehen, was Sie getan haben?«
    Ich begann auf ihn einzuschlagen, wilde rechte und linke Haken, nicht so wie ich es am College im Boxkurs gelernt hatte, sondern einfach drauflos. Er wich zurück, konnte einige Fausthiebe abwehren, nahm die anderen aber in einer Art Erstarrung hin, die etwas von Resignation oder Buße an sich hatte. Das machte mich noch wütender. Ich schlug ihm die Nase blutig. Ich prügelte ihm ein Veilchen an einem Auge, das prachtvoll blau werden würde. Ich knallte ihm einen kräftigen aufs Kinn. Danach wurden seine Augen umwölkt und leer.
    »Aufhören, aufhören, aufhören«, sagte er immer wieder, aber dann schlug ich ihm in den Magen, die Luft blieb ihm weg, und er sagte nicht mehr »aufhören, aufhören«. Ich weiß nicht, wie lange ich weiter auf ihn eingedroschen hätte, wenn nicht plötzlich jemand meine Arme umklammert hätte. Ich riss mich los und wirbelte herum. Ich hoffte, dass es Jim sein möge. Ich wollte auch ihn zusammenschlagen.
    Aber es war nicht Jim. Es war Ollie, sein rundes Gesicht leichenblass, abgesehen von den dunklen Ringen um die Augen – Augen, die noch vom Weinen glänzten. »Nicht, David«, sagte er. »Schlagen Sie ihn nicht mehr. Das ändert auch nichts.«
    Jim stand mit bestürztem, ausdruckslosem Gesichtsausdruck auf der Seite. Ich kickte einen Karton mit irgendwas nach ihm. Dieser prallte an einem seiner Dingo-Stiefel ab.
    »Sie und Ihr Kumpel sind dumme Arschlöcher«, sagte ich.
    »Kommen Sie, David«, sagte Ollie unglücklich. »Hören Sie auf.«
    »Ihr zwei Arschlöcher habt diesen Jungen auf dem Gewissen.«
    Jim blickte auf seine Dingo-Stiefel. Myron saß auf dem Boden und hielt sich den Bierbauch. Ich atmete schwer. Das Blut rauschte mir in den Ohren, und ich zitterte am ganzen Körper. Ich setzte mich auf Kartons, ließ den Kopf zwischen die Knie sinken und umklammerte die Beine oberhalb der Knöchel. So saß ich eine Weile da, während mir das Haar ins Gesicht hing und wartete ab, ob ich in Ohnmacht fallen oder kotzen oder sonst was würde.
    Nach einer Weile ließ das Gefühl nach, und ich sah zu Ollie auf. Sein rosa Ring funkelte im Schein der Notlampen wie ein verhaltenes Feuer.
    »Okay«, sagte ich dumpf. »Wieder vorbei.«

»Gut«, sagte Ollie. »Wir müssen überlegen, was als Nächstes zu tun ist.«
    Der Lagerraum begann wieder nach den Abgasen zu stinken. »Stellen Sie den Generator ab. Das ist das Nächste.«
    »Ja, machen wir, dass wir hier rauskommen«, meinte Myron. Er sah mich flehend an. »Es tut mir leid wegen dem Jungen. Aber Sie müssen verstehen …«
    »Ich muss überhaupt nichts verstehen. Sie und Ihr Kumpel gehen jetzt in den Supermarkt zurück, aber Sie warten bei der Bierkühlung auf uns. Und erzählen Sie niemand etwas. Noch nicht.«
    Sie kamen meiner Aufforderung mit größter Bereitwilligkeit nach und stießen in der Tür zusammen. Ollie stellte den Generator ab, und gerade bevor die Lampen ausgingen, sah ich eine Decke von der Art, wie Möbelpacker sie zum Einwickeln zerbrechlicher Gegenstände verwenden, die über einen Stapel Pfandflaschen geworfen war. Ich nahm sie für Billy mit.
    Ollie kam schlurfend und stolpernd aus dem Generatorraum. Wie viele Männer mit Übergewicht, keuchte auch er etwas beim Atmen.
    »David?« Seine Stimme zitterte ein wenig. »Sind Sie noch

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