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Blut - Skeleton Crew

Blut - Skeleton Crew

Titel: Blut - Skeleton Crew Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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Sie tun zu können?«
    Sie grinste wie ein Totenschädel über der kanariengelben Kleidung.
    »Ich sage euch, das ist das Ende. Das Ende von allem. Es ist der Jüngste Tag. Die Schrift an der Wand – nicht mit Feuer, sondern mit Nebel geschrieben. Die Erde hat sich aufgetan und ihre Greuel ausgespien!«
    »Kann sie niemand zum Schweigen bringen?«, schrie eines der beiden Mädchen. Es brach in Tränen aus. »Sie macht mir Angst!«
    »Hast du Angst, Schätzchen?«, fragte Mrs. Carmody und wandte sich ihr zu. »Nein, jetzt hast du noch keine Angst. Aber wenn diese widerlichen Kreaturen, die der Teufel auf die Erdoberfläche losgelassen hat, erst kommen, um dich zu holen …«
    »Das reicht, Mrs. Carmody«, sagte Ollie und packte sie am Arm. »Das reicht jetzt wirklich!«
    »Lassen Sie mich los! Das ist das Ende, das sage ich euch! Es ist der Tod! Der Tod!«
    »Es ist ein Haufen Scheiße«, sagte ein Mann mit Fischermütze und Brille angewidert.
    »Nein, Sir«, widersprach Myron. »Ich weiß, dass es sich anhört wie eine Drogenvision, aber es ist die reine Wahrheit. Ich habe es selbst gesehen.«
    »Ich auch«, sagte Jim.
    »Und ich«, rief Ollie. Es war ihm gelungen, Mrs. Carmody zum Schweigen zu bringen, zumindest vorerst. Aber sie stand in der Nähe, presste ihre Taschen an sich und grinste ihr irres Grinsen. Niemand wollte zu dicht neben ihr stehen. Sie flüsterten miteinander, die Bestätigungen gefielen ihnen nicht. Manche drehten sich um und warfen forschende, ängstliche Blicke auf das Schaufenster. Das freute mich.
    »Lügen!«, sagte Norton. »Sie unterstützen sich gegenseitig mit Ihren Lügen, weiter nichts!«
    »Was Sie da sagen ist völlig unglaubhaft«, sagte Brown.
    »Wir müssen nicht hier herumstehen und darüber diskutieren«, entgegnete ich. »Kommen Sie mit mir in den Lagerraum. Sehen und hören Sie selbst!«
    »Kunden ist der Zutritt zum Lagerraum nicht …«
    »Bud«, unterbrach Ollie ihn. »Gehen Sie mit ihm, und überzeugen Sie sich.«
    »Okay«, sagte Brown. »Mr. Drayton? Bringen wir diesen Blödsinn hinter uns.«
    Wir drängten uns durch die Doppeltüren in die Dunkelheit.
    Das Geräusch war unangenehm – vielleicht böse.
    Auch Brown, der ach so nüchterne Yankee, fühlte das; er umklammere meinen Arm mit der Hand, hielt einen Moment die Luft an und stieß sie laut keuchend wieder aus.
    Es war ein leises, flüsterndes Geräusch aus der Richtung der Ladetür – fast wie ein Streicheln. Ich tastete vorsichtig mit einem Fuß den Boden ab und stieß schließlich auf eine der Taschenlampen. Ich bückte mich, hob sie auf und schaltete sie ein. Browns Gesicht war verzerrt, und dabei hatte er sie nicht einmal gesehen – er hörte sie nur. Aber ich hatte sie gesehen und konnte mir lebhaft vorstellen, wie sie über die Edelstahloberfläche der Tür glitten und krochen – wie lebende Efeuranken.
    »Was sagen Sie nun? Völlig unglaubhaft?«
    Brown leckte sich die Lippen und betrachtete das Durcheinander von Schachteln und Paketen. »Haben die das gemacht?«
    »Zum Teil. Zum größten Teil. Kommen Sie hierher.«
    Er kam – widerwillig. Ich richtete die Taschenlampe auf das eingeschrumpfte, zusammengekrümmte Tentakelstück, das immer noch neben dem Besen lag. Brown beugte sich darüber.
    »Berühren Sie es nicht«, sagte ich. »Es könnte noch am Leben sein.«
    Er richtete sich rasch wieder auf. Ich hob den Besen an den Borsten auf und stieß den Tentakel an. Beim dritten oder vierten Stoß entrollte er sich langsam und enthüllte zwei ganze Saugnäpfe und das durchgeschnittene Segment eines dritten. Dann zog sich das Tentakelstück mit Muskelgeschwindigkeit wieder zusammen und lag regungslos da. Brown gab einen würgenden Laut des Ekels von sich.
    »Genug gesehen?«
    »Ja«, sagte er. »Machen wir, dass wir hier rauskommen.«
    Wir gingen im tanzenden Licht der Taschenlampe zur Tür und stießen sie auf. Alle Gesichter wandten sich uns zu, alle Unterhaltungen verstummten. Nortons Gesicht erinnerte an alten Käse. Mrs. Carmodys schwarze Augen funkelten. Ollie trank Bier; sein Gesicht war immer noch schweißüberströmt, obwohl es inzwischen ziemlich kühl im Supermarkt war. Die beiden Mädchen mit der Aufschrift CAMP WOODLANDS auf den Blusen drängten sich aneinander wie Fohlen bei einem Gewitter. Augen. So viele Augen. Ich könnte sie malen, dachte ich schaudernd. Keine Gesichter, nur Augen. Ich könnte sie malen, aber niemand würde sie für wirklichkeitsgetreu halten.
    Bud Brown

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