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Blut - Skeleton Crew

Blut - Skeleton Crew

Titel: Blut - Skeleton Crew Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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Aber ihre schwarzen Augen glänzten irre vor sich hin.
    »Das haben Sie sich selbst zuzuschreiben!«, rief eine Frau. »Ich hätte es auch getan.«
    »Sie kriegen euch«, sagte Mrs. Carmody und zeigte uns ihre blutige Handfläche. Ein schmaler Blutstrom rann in einer ihrer Falten vom Mund zum Kinn hinab. »Vielleicht nicht bei Tag. Aber heute Nacht. Heute Nacht, wenn es dunkel ist. Sie werden in der Nacht kommen und sich jemand andres holen. Sobald es Nacht wird, werden sie kommen. Ihr werdet sie kommen hören, kriechen und schlurfen. Und wenn sie kommen, werdet ihr Mutter Carmody anflehen, euch zu zeigen, was ihr tun sollt.«
    Der Mann in der roten Hose hob langsam wieder die Hand.
    »Schlagen Sie nur zu«, flüsterte sie und grinste ihn mit ihrem blutigen Grinsen an. Er zauderte. »Schlagen Sie mich, wenn Sie es wagen.« Er ließ die Hand sinken. Mrs. Carmody stolzierte davon. Dann fing Billy an zu weinen und drückte das Gesicht an mich wie das kleine Mädchen bei seinem Vater. »Ich will nach Hause«, wimmerte er. »Ich will zu Mami.«
    Ich tröstete ihn, so gut ich konnte. Was wahrscheinlich nicht allzu gut war.
     
    Schließlich wurde die Unterhaltung in weniger furchterregende und destruktive Bahnen gelenkt. Die Glasfenster, der offenkundig schwache Punkt des Supermarktes, wurden erwähnt. Mike Hatlen fragte, wie viele Eingänge es insgesamt gäbe, und Ollie und Brown zählten sie rasch auf – zwei weitere Ladetüren außer jener, die Norm geöffnet hatte. Die Haupteingangs- und -ausgangstüren. Das Fenster im Büro des Geschäftsführers (dickes verstärktes Glas, fest verschlossen).
    Über diese Dinge zu sprechen, hatte einen paradoxen Effekt. Die Gefahr wurde dadurch zwar realer, aber gleichzeitig fühlten wir uns besser. Sogar Billy spürte das. Er fragte, ob er sich einen Candy-Riegel holen dürfe. Ich erlaubte es ihm unter der Bedingung, dass er sich nicht in die Nähe des Schaufensters begeben würde.
    Als er außer Hörweite war, sagte ein Mann neben Mike Hatlen: »Okay, was sollen wir mit den Fenstern machen? Die alte Dame mag zwar verrückt wie eine Bettwanze sein, aber sie könnte recht haben, wenn sie sagt, dass nach Einbruch der Dunkelheit etwas herumstreichen könnte.«
    »Vielleicht wird sich der Nebel bis dahin verzogen haben«, meinte eine Frau.
    »Vielleicht«, sagte der Mann. »Vielleicht auch nicht.«
    »Haben Sie irgendwelche Ideen?«, fragte ich Bud und Ollie.
    »Hören Sie mir einen Augenblick zu«, sagte der Mann neben Hatlen. »Ich bin Dan Miller. Aus Lynn, Massachusetts. Sie kennen mich nicht, wieso auch, aber ich habe ein Haus am Highland Lake. Erst dieses Jahr gekauft. Wurde übers Ohr gehauen wäre zutreffender, aber ich wollte es unbedingt haben.« Einige Leute kicherten. »Wie dem auch sei, ich hab da vorn eine ganze Menge Dünger rumliegen sehen. Hauptsächlich Viertelzentnersäcke. Wir könnten sie stapeln wie Sandsäcke. Gucklöcher zum Rausschauen freilassen …«
    Zahlreiche Leute nickten und redeten aufgeregt durcheinander. Ich hätte mich beinahe zu Wort gemeldet, unterließ es dann aber doch. Miller hatte recht. Diese Säcke aufzustapeln konnte nichts schaden und vielleicht sogar etwas nützen. Aber ich hatte immer wieder jenen Tentakel vor Augen, der das Paket Hundefutter zusammengedrückt hatte. Ich dachte, dass einer der größeren Tentakel das Gleiche vermutlich mit einem Viertelzentnersack Rasendünger Marke Green Acres oder Vigoro tun könnte. Aber eine Predigt über dieses Thema würde niemand etwas nützen oder die Stimmung verbessern.
    Die Leute begannen sich zu zerstreuen, um sofort mit der Arbeit zu beginnen, und Miller schrie: »Halt! Halt! Lasst es uns ausdiskutieren, solange wir hier alle versammelt sind!«
    Sie kamen zurück, eine lockere Ansammlung von fünfzig oder sechzig Personen, die sich in der Ecke zwischen Bierkühlung, der Tür zum Lagerraum und dem linken Ende der Fleischtheke, wo Mr. McVey immer jene Sachen aufbaut, die niemand haben will – Kalbsbries, Schafshirn und Presskopf, versammelten. Billy bahnte sich mit der unbewussten Behendigkeit eines Fünfjährigen in einer Welt von Riesen einen Weg durch das Menschenknäuel und streckte mir einen Candy-Riegel hin. »Magst du das, Daddy?«
    »Danke.« Ich nahm ihn. Er war süß und gut.
    »Vermutlich ist es eine dumme Frage, aber wir sollten die Sachlage genau klären«, sagte Miller. »Hat jemand eine Feuerwaffe bei sich?«
    Ein kurzes Schweigen trat ein. Die Leute sahen einander an und

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