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Blut - Skeleton Crew

Blut - Skeleton Crew

Titel: Blut - Skeleton Crew Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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verschwinden, aber ich habe keine Lust, irgendwelchen aus einem zweitklassigen Horrorfilm entsprungenen Wesen als Mittagessen zu dienen. Wir könnten zu viert oder fünft die paar Schritte nach nebenan gehen und nachsehen, was im Drugstore los ist. Sozusagen als eine Art Versuchsballon.«

»Ist das alles?«
    »Nein, da wäre noch etwas.«
    »Was?«
    »Sie«, sagte Miller einfach und deutete mit dem Daumen in Richtung des Mittelgangs. »Dieses verrückte Weib. Diese Hexe.«
    Es war Mrs. Carmody, auf die er gedeutet hatte. Sie war nicht mehr allein. Zwei Frauen hatten sich ihr angeschlossen. Aus ihren grellen Kleidern schloss ich, dass es sich um Touristinnen handelte, die ihren Familien vielleicht gesagt hatten, sie wollten kurz in die Stadt und ein paar Sachen besorgen, und die sich nun vor Sorge um ihre Männer und Kinder verzehrten. Frauen, die begierig nach jedem Strohhalm griffen. Vielleicht sogar nach dem düsteren Trost einer Mrs. Carmody.
    Sie redete und gestikulierte mit strengem, grimmigem Gesicht. Die beiden Frauen hörten ihr begeistert zu.
    »Sie ist ein weiterer Grund, weshalb ich hier rauswill, Drayton. Bis heute Abend wird sie bestimmt schon sechs Leute um sich geschart haben. Wenn heute Nacht jene rosafarbenen Insekten und Vögel wiederkommen, wird sie morgen früh eine ganze Gemeinde um sich geschart haben. Sie wird den Leuten suggerieren, wer geopfert werden muss, um die Lage zu verbessern. Vielleicht ich, vielleicht Sie, oder dieser Hatlen. Oder Ihr Junge.«
    »Das ist doch idiotisch!«, sagte ich. Aber war es das? Der kalte Schauder, der mir den Rücken herunterlief, sagte: Nicht unbedingt. Mrs. Carmodys Mund war unaufhörlich in Bewegung. Die Augen der Touristinnen hingen an ihren runzeligen Lippen. War es idiotisch? Ich dachte an die staubigen ausgestopften Tiere, die aus ihrem Spiegelbach tranken. Mrs. Carmody verfügte über Autorität. Sogar die sonst so nüchterne Steffy erwähnte Mrs. Carmodys Namen nur mit Unbehagen.
    Dieses verrückte Weib, hatte Miller sie genannt. Diese Hexe!
    »Die Nerven der Menschen in diesem Supermarkt sind aufs Äußerste angespannt«, sagte Miller. Er deutete auf die rotlackierten Rahmen, die die Segmente des Schaufensters begrenzten – jene zersplitterten, verbogenen Rahmen. »Und ihr Gehirn ist vermutlich ähnlich lädiert wie diese Rahmen! Meines ist es jedenfalls! Ich habe die halbe Nacht nachgedacht. Irgendwann glaubte ich dann fast schon, dass ich im Irrenhaus von Danvers bin und in einer Zwangsjacke stecke und alles Mögliche über rosa Insekten und dinosaurierartige Vögel und Tentakel zusammenfantasiere, und dass das alles vorbeigehen wird, sobald mir der nette Krankenwärter eine Ladung Thorazin in den Arm spritzen wird.« Sein schmales Gesicht war bleich und angespannt. Er betrachtete Mrs. Carmody, dann wieder mich. »Ich sage Ihnen – es könnte so weit kommen. Je verstörter die Leute werden, desto vernünftiger und überzeugender wird sie manchen von ihnen vorkommen. Und ich möchte nicht mehr hier sein, wenn das passiert.«
    Mrs. Carmodys Lippen, die sich unaufhörlich bewegten. Ihre Zunge, die um ihre Zahnstummel herumtanzte. Sie sah wirklich wie eine Hexe aus. Man müsste ihr nur noch einen spitzen schwarzen Hut aufsetzen, dann wäre sie perfekt. Was erzählte sie ihren beiden Anhängerinnen in den grellen Sommerkleidern?
    Arrowhead-Projekt? Schwarzer Frühling? Greuelwesen aus dem Erdinneren. Menschenopfer? Scheiße.
    Und doch …
    »Also, was sagen Sie?«
    »Vorerst erkläre ich mich zu Folgendem bereit«, antwortete ich. »Wir werden versuchen, in die Apotheke zu gelangen. Sie, ich, Ollie, wenn er mitgehen will, und einen oder zwei andere. Anschließend werde ich weitersehen.« Sogar dieses Zugeständnis gab mir schon das Gefühl, auf einem schmalen Balken über eine abgrundtiefe Schlucht balancieren zu wollen. Ich würde Billy nicht helfen, wenn ich mich töten ließ. Andererseits konnte ich ihm auch nicht helfen, wenn ich auf meinem Hintern sitzenblieb. Sechs Meter bis zum Drugstore. Das konnte nicht so schlimm sein.
    »Wann?«, fragte er.
    »Geben Sie mir eine Stunde.«
    »Sicher.« sagte er.
     
     
    9. Die Expedition zur Apotheke
     
    Ich sagte Mrs. Turman, Amanda und Billy Bescheid. Ihm schien es an diesem Morgen besser zu gehen. Er hatte zum Frühstück zwei Krapfen gegessen und »Special K« dazu getrunken. Danach machte ich mit ihm eine Verfolgungsjagd die Gänge rauf und runter und brachte ihn sogar ein bisschen zum

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