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Blut - Skeleton Crew

Blut - Skeleton Crew

Titel: Blut - Skeleton Crew Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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Lachen.
    Kinder sind so anpassungsfähig, dass sie einen zu Tode erschrecken können. Billy war viel zu bleich, seine Augen waren vom Weinen in der Nacht immer noch angeschwollen, und sein Gesicht sah schrecklich verbraucht aus. In gewisser Weise sah es aus wie das Gesicht eines alten Mannes, als wären zu lange Emotionen mit zu viel Volt dahinter geflossen. Aber er lebte noch, und er konnte noch lachen … zumindest solange, bis ihm wieder einfiel, wo er war und was um uns herum vorging.
    Nach dem Herumrennen setzten wir uns zu Amanda und Hattie Turman und tranken Gatorade aus Pappbechern, und ich erzählte ihm, dass ich mit einigen anderen Leuten zum Drugstore gehen würde.
    »Ich will nicht, dass du weggehst«, sagte er sofort, und sein Gesicht umwölkte sich.
    »Mir wird nichts passieren, Big Bill. Und ich bringe dir einen Spiderman -Comic mit.«
    »Ich will aber, dass du hierbleibst! « Jetzt war sein Gesicht nicht nur umwölkt. Es kündete ein drohendes Gewitter an. Ich nahm seine Hand. Er zog sie weg. Ich nahm sie wieder.
    »Billy, früher oder später müssen wir hier heraus. Das verstehst du doch?«
    »Wenn der Nebel verschwindet …« Aber er sagte es ohne Überzeugung. Er trank sein Gatorade langsam und ohne Genuss.
    »Billy, der Nebel hält sich jetzt schon fast einen ganzen Tag.«
    »Ich will meine Mami.«
    »Nun, vielleicht ist das der erste Schritt, um zu ihr zurückzukommen.«
    Mrs. Turman sagte: »Machen Sie dem Jungen keine allzu großen Hoffnungen, David.«
    »Verdammt noch mal«, fuhr ich sie an. »Der Junge muss schließlich eine Hoffnung haben.«
    Sie blickte zu Boden. »Ja! Vermutlich haben Sie recht.«
    Billy nahm keine Notiz davon. »Daddy … Daddy, da draußen sind Dinge. Dinge. «
    »Ja, das wissen wir! Aber eine Menge von ihnen – nicht alle, aber eine Menge – scheinen erst nachts hervorzukommen.«
    »Sie werden warten«, sagte er. Er starrte mich mit riesigen Augen an. »Sie werden im Nebel warten … und wenn du nicht mehr hierher zurückkannst, werden sie kommen und dich auffressen. Wie in den Märchen.« Er umarmte und drückte mich panisch. »Daddy, bitte geh nicht!«
    Ich löste seine Arme so sanft wie möglich und sagte ihm, dass ich es tun müsse. »Aber ich komme zurück, Billy.«
    »In Ordnung«, sagte er heiser, aber er sah mich nicht mehr an. Er glaubte nicht, dass ich zurückkommen würde. Es stand in seinem Gesicht geschrieben, das nun nicht mehr zornig, sondern nur noch sorgenvoll und traurig aussah. Ich fragte mich wieder, ob meine Entscheidung richtig war, mein Leben zu riskieren. Dann sah ich zufällig zum Mittelgang hinüber und erblickte dort Mrs. Carmody. Sie hatte einen dritten Zuhörer gewonnen, einen Mann mit grauen Schläfen und gemeinen, blutunterlaufenen Augen. Seine abgespannte Miene und seine zitternden Hände verrieten nur allzu deutlich, dass er einen Kater hatte. Es war kein anderer als unser alter Freund Myron LaFleur. Der Bursche, der keine Skrupel gehabt hatte, einen Jungen hinauszuschicken, um die Arbeit eines Mannes zu verrichten.
    Dieses verrückte Weib. Diese Hexe.
    Ich küsste Billy und drückte ihn noch einmal an mich. Dann ging ich nach vorn, in Richtung Schaufenster – aber nicht durch den Mittelgang mit den Haushaltswaren. Ich wollte ihr nicht unter die Augen kommen.
    Unterwegs holte Amanda mich an. »War das wirklich nötig?«, fragte sie.
    »Ja, ich denke schon.«
    »Entschuldige bitte, wenn ich sage, dass es sich für mich anhört wie so eine verdammte Macho-Scheiße.« Auf ihren Wangen brannten hektische rote Flecken, und ihre Augen waren grüner denn je. Sie war sauer – nein, stinksauer.
    Ich nahm ihren Arm und berichtete ihr von meiner Unterredung mit Dan Miller. Das Rätsel der Autos und die Tatsache, dass niemand von der Apotheke zu uns herübergekommen war, machten auf sie keinen großen Eindruck. Dafür aber die Sache mit Mrs. Carmody.
    »Er könnte recht haben«, sagte sie.
    »Glaubst du das wirklich?«
    »Ich weiß nicht. Diese Frau hat etwas Giftiges an sich. Und wenn die Leute lange genug große Angst haben, werden sie sich jedem zuwenden, der ihnen Rettung verheißt.«
    »Aber ein Menschenopfer, Amanda?«
    »Die Azteken brachten auch Menschenopfer dar«, erwiderte sie ruhig. »Hör zu, David, du musst zurückkommen! Wenn irgendwas passiert … irgendwas  … musst du sofort umkehren. Nimm deine Beine in die Hand und renne, wenn es sein muss. Nicht für mich, was letzte Nacht vorgefallen ist, war schön, aber das

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