Blut - Skeleton Crew
rauche.
»Ich muss zurück zu meinem Jungen«, sagte ich. »Er wird bestimmt bald aufwachen.«
Miller nickte. »Diese rosa Insekten«, sagte er. »Sie sind alle verschwunden. Auch die Vögel. Hank Vannerman sagt, das letzte sei gegen vier ans Fenster geprallt. Offensichtlich ist … ihr Leben viel aktiver, wenn es dunkel ist.«
»Brent Norton dürften Sie damit nicht kommen«, meinte ich. »Und Norm auch nicht.«
Er nickte wieder und schwieg lange Zeit. Schließlich zündete er sich eine Zigarette an und sah mich sehr ernst an. »Wir können nicht hierbleiben, Drayton«, sagte er.
»Wir haben Essen. Viel zu trinken.«
»Mit den Vorräten hat das nichts zu tun, und das wissen Sie. Was tun wir, wenn eines der großen Biester da draußen beschließt hereinzukommen, anstatt nur nachts auf Beute zu warten? Sollen wir versuchen, es mit Besenstielen und Holzkohleanzündern zu vertreiben?«
Er hatte natürlich recht. Vielleicht schützte der Nebel uns in gewisser Weise. Verbarg uns. Aber auf Dauer würde er uns vielleicht nicht verbergen, und außerdem gab es auch noch ein anderes Problem. Wir waren jetzt seit ungefähr achtzehn Stunden im Supermarkt, und ich fühlte, dass mich allmählich eine Art Lethargie überkam, wie bei den vereinzelten Gelegenheiten, wo ich zu weit hinausgeschwommen war. Ich verspürte das Bedürfnis, auf Nummer sicher zu gehen, an Ort und Stelle zu bleiben, auf Billy aufzupassen (und vielleicht mitten in der Nacht Amanda Dumfries zu bumsen, flüsterte eine Stimme ) und einfach abzuwarten, ob der Nebel sich nicht auflösen würde.
Ich konnte sie auch auf anderen Gesichtern sehen, und ich begriff plötzlich, dass manche der hier versammelten Leute vermutlich unter gar keinen Umständen den Supermarkt verlassen würden. Allein schon der Gedanke, nach allem, was geschehen war, zur Tür hinauszugehen, würde sie lähmen.
Miller mochte mir diese Gedanken vom Gesicht abgelesen haben. Er sagte: »Es hielten sich etwa achtzig Personen hier auf, als dieser verdammte Nebel aufzog. Wenn man von dieser Zahl diesen Jungen Norm, Norton und die vier Leute abzieht, die mit ihm zusammen weggegangen sind, dazu noch Smalley, so bleiben dreiundsiebzig.«
Und wenn man die beiden Soldaten, die jetzt unter einem Berg Hundefutterbeuteln Marke Purina Puppy Chow ruhten, auch noch abzog, blieben einundsiebzig.
»Dann muss man die Leute abziehen, die geistig völlig weggetreten sind«, fuhr Miller fort. »Es dürften zehn oder zwölf sein. Sagen wir zehn. Damit bleiben etwa dreiundsechzig. Aber …« Er hob einen noch mit Puderzucker bestäubten Finger. »Von diesen dreiundsechzig werden mindestens zwanzig auf gar keinen Fall rausgehen. Man müsste sie schreiend und um sich schlagend rausschleppen.«
»Worauf wollen Sie hinaus?«
»Dass wir hier unbedingt rausmüssen. Und ich gehe. So gegen Mittag, nehme ich an. Ich beabsichtige, so viel Leute wie möglich mitzunehmen, alle, die dazu bereit sind. Ich hätte es gern, wenn Sie und Ihr Junge mitkämen.«
»Nach dem was Norton widerfahren ist?«
»Norton ist rausgegangen wie ein Lamm zur Schlachtbank. Das bedeutet nicht, dass ich mich ebenso verhalten muss oder die Leute, die mit mir kommen.«
»Was wollen Sie tun? Wir haben eine einzige Pistole?«
»Ein Glück, dass wir die haben. Aber wenn es uns gelänge, die Kreuzung zu überqueren, könnten wir vielleicht bis zum Sportgeschäft in der Main Street kommen. Dort gibt es Pistolen in Hülle und Fülle.«
»Das ist mir ein Wenn und Aber zu viel.«
»Drayton«, sagte er. »Das ist eine Wenn und Aber Situation.«
Das ging ihm sehr leicht über die Lippen, aber er musste auch nicht auf einen kleinen Jungen aufpassen.
»Lassen wir das im Augenblick, okay? Ich konnte letzte Nacht nicht gut schlafen, dafür habe ich über einige Dinge nachgedacht. Wollen Sie sie hören?«
»Na klar.«
Er stand auf und streckte sich. »Kommen Sie mit zum Fenster.«
Wir gingen durch die Ausgangskasse, die dem Brotregal am nächsten war und standen an einem der Gucklöcher. Der Mann, der dort Wache hielt, sagte: »Die Insekten sind verschwunden.«
Miller klopfte ihm auf den Rücken. »Holen Sie sich einen Kaffee, Mann. Ich werde solange aufpassen.«
»Okay. Danke.«
Er entfernte sich, und Miller und ich traten an das Guckloch. »So, nun sagen Sie mir, was Sie da draußen sehen«, forderte er mich auf.
Ich sah hinaus. Der Abfallkübel war in der Nacht umgeworfen worden, vermutlich von einem der Vogelwesen. Zerknülltes Papier,
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